Tucker Carlson, Fox News und der taumelnde Trumpismus
Seite 2: Fox ohne Carlson: Nicht mehr als ein nasses Papiertuch
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Selbst die Werbe- und Image-Kalamitäten konnten Carlson bis heute nichts anhaben. So verlor seine Sendung im Dezember 2018 mindestens 26 seiner Werbekunden, nachdem er gesagt hatte, die Einwanderung mache die Vereinigten Staaten "schmutziger".
Ferner war Carlson weiter erfolgreich und Quotenkönig im politischen US-Fernsehland. Im vergangenen Jahr führte er mit durchschnittlich 3,32 Millionen Zuschauern die Moderatorenrangliste an, wie die Washington Post berichtet. Er hatte auch die meisten Zuschauer in der begehrten Altersgruppe der 25- bis 54-Jährigen.
Der Rauswurf von Carlson muss also tiefer motiviert sein – auch wenn juristische und wirtschaftliche Gründe den Ausschlag gegeben haben mögen. Eine Ahnung davon gibt das Interview mit Donald Trump, das der Konkurrenzsender von Fox News, Newsmax, mit ihm führte, unmittelbar, nachdem Carlson gefeuert worden war.
Trump wurde gefragt, was er von der Kündigung Carlsons bei Fox halte. Er antwortete: "Ich bin schockiert. Ich bin überrascht. Ich finde, Tucker war großartig. Er war, besonders im letzten Jahr oder so, großartig für mich." Trump bot dem ehemaligen Moderator seine Unterstützung an.
Anstatt Fox News zu verunglimpfen und zum ewigen Gegner zu erklären, wie in ähnlichen Situationen sonst üblich, agierte der ansonsten aggressiv austeilende Trump erstaunlich handzahm und vorsichtig. Das Trump-Ego wirkte, wie schon im Gerichtssaal im anhängigen Strafprozess, angeschlagen und kraftlos.
Das hat auch damit zu tun, dass das republikanische Lager und die MAGA-Bewegung ("Make America Great Again") zunehmend in eine Identitätskrise zu geraten drohen – und daher verunsichert wirken. Denn der Trumpismus – die vulgär reklamierte Macht der Lautstarken, das Sperrfeuer an Lügen-Wahrheiten und die Aushöhlung des Rechts im permanenten Soft-Coup – funktionieren ohne Macht bzw. Machtperspektive nicht wirklich, zumindest nicht außerhalb der Trump-Blasen.
In den letzten beiden Jahren haben nun verlorene Wahlen, Klagewellen, politischer Verrat und bröckelnde Publizität unablässig wie Biber am Stamm des Glaubens genagt, dass der quasi-faschistische Führer das Land und seine weiße niedergedrückte Anhängerschaft in eine glorreiche Zukunft geleiten werde, im Schlepptau die Republikaner und die Business-Elite. Mit dem schwindenden Glauben daran beginnt auch die Kraft des Trumpismus – das Charisma des Politmachers, der institutionelle Beschränkungen handstreichartig beiseite räumt sowie Angst und Schrecken verbreitet – zu wanken.
Die Aufstiege von Trump und Carlson verliefen in der Vergangenheit nicht nur parallel, sondern miteinander verzahnt. Dass beide jetzt taumeln – Trump sieht sich einer Reihe von Klagen gegenüber, ist nicht mehr das Wahl-Zugpferd und verliert an Rückhalt bei Republikanern und Teilen der Unternehmer-Klasse – zeigt, dass innerhalb der republikanischen Partei und ihrem Umfeld Spaltungen, machtpolitische und ideologische, die Herde auseinandertreiben.
Im Klartext: Murdochs Entscheidung gegen Tucker Carlson ist letztlich auch eine gegen Trump gewesen.
Das heißt nicht, dass der Trumpismus seinem Ende entgegengeht. Der Nährboden, aus dem er seine Erfolge ziehen konnte, ist bis heute fruchtbar. Die Demokraten bieten den Frustrierten ja weiter keine wirklichen politischen Alternativen an, lediglich Brosamen.
Trotzdem: Im Moment wirken die Rechte und Ultra-Rechte in den USA nach der Trump-Niederlage und dem Staatscoup-Desaster orientierungslos. Das könnte eine Chance für progressive Politik sein.
Wie Angelo Carusone, Präsident von Media Matters for America, in Bezug auf Tucker Carlson sagt. Er sei wahrscheinlich rausgeschmissen worden, weil er für den Sender "toxisch" geworden sei, obwohl Fox News sich stark auf ihn und seine Millionen von Zuschauern verlassen habe.
"Fox News ohne Tucker ist im Grunde ein nasses Papiertuch: leicht zerreißbar und nutzlos", so Carusone. "Sie werden versuchen, schnell wieder Fuß zu fassen. Das sollte man verhindern."