Türkei: Der Absturz der Lira wird zum Problem für Erdogan

Seite 2: Großprojekt Superflughafen

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Zu den besonderen ökonomischen Risiken gehören Großprojekte wie der neue 13 Milliarden Dollar teure, 28 Meilen lange Kanal vom Schwarzen Meer zum Marmarameer oder der neue Superflughafen in Istanbul, mit denen Erdogan sein Image aufmöbeln will. Es wird erwartet, dass das Flughafenprojekt fast 12 Milliarden US-Dollar kostet und mit sechs Landebahnen ein Gebiet so groß wie Manhattan umfasst.

Nach einem Jahrzehnt Bauzeit soll der Komplex 200 Millionen Menschen pro Jahr transportieren und damit zum größten Flughafen der Welt werden. Er ist inzwischen auch zum Symbol rücksichtsloser Umweltzerstörung und ungehemmter Korruption geworden, von den unzähligen tödlichen Arbeitsunfällen ganz zu schweigen.

Die Aufträge für den Flughafenbau - sein erster Teil soll im Oktober 2018 eröffnet werden - gingen an Baufirmen, die eng mit Erdogan verbunden sind. Die Regierung hat ihnen gegen etwaige Verluste Garantien gegeben. Wenn, wie viele Ökonomen erwarten, der Flughafen mehr kostet als er einbringt, wird die Öffentlichkeit die Rechnung zahlen müssen. So wie jetzt schon die Dorfbewohner die Rechnung zahlen, die von ihrem Land vertrieben wurden, um Platz für den neuen Flughafen zu schaffen.

"Erdogan achtet nur auf seine eigenen Leute", sagt Bora Daylar, ein Bauer, dessen Weideland durch das Projekt beschlagnahmt wurde und für das er nur eine geringe Entschädigung erhielt. Schon sein Großvater bewirtschaftete das Land mit dem Anbau von Erbsen und Wassermelonen, sein Enkel stellte dann auf die Aufzucht von Kühen um. Nun sitzt der arbeitslose Bora Daylar da und wartet auf den Abtransport seiner Kühe, die er verkaufen musste.

Eine Aussicht auf einen Job hat er kaum. "Ich kann mit Landwirtschaft kein mehr Geld verdienen", sagte Daylar. "Die Kosten sind sehr hoch. Die Landwirtschaft ist tot…Uns bleibt nichts übrig." Can Oz, der Inhaber des Buch- und Zeitschriftenverlags Can Publishing in Istanbul ist der Meinung, dass jetzt schon jeder in einer Krise sei. "Jeder, der auch nur den geringsten Intellekt und das geringste Wissen über die Wirtschaft besitzt, weiß das. Aber die Regierung versteckt es."

Die Gewinne von Can Publishing sind gesunken, da der Wertverlust der Lira das Unternehmen gezwungen hat, mehr Geld für Papier aus Finnland und Leim aus Deutschland zu bezahlen. Die Händler in Istanbuls "Großem Basar" beschweren sich über steigende Mieten, die sie in Dollar oder Euro bezahlen müssen, während die Verkäufe in Lira rückläufig sind. In der New York Times werden sie zitiert: "Die Türkische Lira ist wie Eis bei heißem Wetter. In der Sekunde, in der du es rausholst, fängt es an zu schmelzen."