Türkei: Grüne Linkspartei gegen Erdogans "Ein-Mann-Regime"

YSP-Versammlung anlässlich des Wahlantritts. Foto: ANF

Wegen akuter Verbotsgefahr tritt die prokurdische HDP nicht zu den Wahlen am 14. Mai an. Sie unterstützt stattdessen die Partei der Grünen Linken (YSP). Trotz ähnlicher Logos keine Fake-Gründung.

Die Demokratische Partei der Völker (HDP) tritt aufgrund ihres akut drohenden Verbots bei den türkischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 14. Mai nicht an. Stattdessen unterstützt die HDP nun die Yesil Sol Parti (YSP, deutsch: Grüne Linkspartei). Das hatte der inhaftierte HDP-Politiker Selahattin Demirtas bereits Mitte März angedeutet.

In einem Tweet teilte der frühere Ko-Chef der prokurdischen HDP das Logo der YSP und schrieb dazu: "Hallo Freunde, wie geht es euch? Bitte druckt euch dieses Bild in Farbe aus und klebt es an die Kühlschranktür und eure Zimmertüren zu Hause. Es soll niemanden geben, der nicht weiß, was es bedeutet. Es wird noch gebraucht werden. Los Freunde, gemeinsam."

Die YSP existiert bereits seit mehr als zehn Jahren, ist also keine neue Tarn- oder Nachfolgeorganisation der HDP, obwohl sie sich die Logos der Parteien ähneln – in beiden ist ein stilisierter Baum zu erkennen. Erklärtes Ziel der Zusammenarbeit ist nun, dem "Ein-Mann-Regime" Recep Tayyip Erdogans und der ihn stützenden islamistisch-ultranationalistischen Koalition aus AKP und MHP im Nato-Land Türkei ein Ende zu setzen.

"Kampf für eine demokratische Republik"

Die Unterdrückten, die Demokrat:innen, die Revolutionär:innen, die Alevit:innen, die Kurd:innen, die Frauen und die Jugend dieses Landes stehen vor einer historischen Chance, dieses unterdrückerische, sicherheitspolitische Ein-Mann-Regime loszuwerden und einen Schritt in Richtung einer demokratischen Republik zu machen.


Aus der Erklärung der YSP vom Montag, dem 27. März. Übersetzung: ANF

Laut einem Bericht der kurdischen Nachrichtenagentur ANF bewarben sich 2.783 Personen bei der YSP um eine Kandidatur für die Wahlen zur Großen Nationalversammlung, davon 1.147 Frauen. Die Kandidatenliste wird am 10. April dem türkischen Wahlausschuss vorgelegt.

"Unsere Hauptaufgabe für die Zukunft besteht darin, den Kampf für eine demokratische Republik zu verstärken, indem wir die sozialen Segmente, für die wir sprechen, erweitern und die Kräfte der Demokratie, mit denen wir Seite an Seite stehen, vergrößern", erklärte die YSP am Montag nach einer Sitzung ihres Parteirats. Zu diesem Zweck wolle sie so stark wie möglich ins Parlament einzuziehen und "die parlamentarische Plattform zur Stimme der sozialen Kämpfe zu machen".

Das Ausmaß der Zerstörung durch die Erdbebenkatastrophe vom 6. Februar mit Zehntausenden Toten sei kein Schicksal, sondern das Ergebnis einer Regierungspolitik, die sich von Profitgier treiben lasse, hält die YSP fest.

Als langfristiges Ziel nennt sie "ein ökologisches Leben, in dem die kurdische Frage demokratisch gelöst wird, in dem Frauen nicht der Gewalt ausgesetzt sind, in dem junge Menschen eine Zukunft haben, in dem Völker und Überzeugungen frei leben können, in dem die Ausbeutung der Arbeit ein Ende hat".

Die Vorsitzenden der YSP, der Arbeiterpartei der Türkei (TIP) und der Partei der Arbeit (EMEP) hatten am Freitag ein Protokoll zur Bildung des Bündnisses für Arbeit und Freiheit unterzeichnet und dem Hohen Wahlausschuss übergeben.

Die vom Verbotsverfahren betroffene HDP hatte bei den Parlamentswahlen 2018 landesweit 11,7 Prozent erreicht, war aber in zahlreichen Kommunen der Gebiete, die überwiegend von Kurdinnen und Kurden bewohnt sind, seit mehreren Jahren die stärkste Kraft.

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