Türkische Regierung gefährdet Feuerpause
Seite 2: Will die Türkei die Feuerpause verhindern?
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Die türkische Regierung, die lieber salafistische bewaffnete Organisationen unterstützt und die säkularen und linken syrischen Kurden der PYD und YPG als Terroristen behandelt und bekämpft sehen will, setzt deswegen die Nato weiter unter Druck und gefährdet letztlich das sowieso nur sehr prekäre Konstrukt einer vorübergehenden Feuerpause. Der türkische Außenminister Davutoğlu machte am Donnerstag deutlich, dass das Abkommen die Türkei nicht bindet, "wenn eine Konfliktpartei eine Bedrohung für die Türkei ist."
Der türkische Präsident Erdogan forderte gestern, dass "die PYD und YPG wie der Islamische Staat vom Abkommen zur Feuerpause ausgenommen" werden müssen. Die Syrisch-Demokratischen Streitkräfte (SFD), die vor allem aus YPG-Kämpfern bestehen, haben gestern erklärt, dass sie das Abkommen zur Feuerpause einhalten werden.
Wiederholt haben Vertreter der US-Regierung die Türkei aufgefordert, den Beschuss der YPG auf syrischem Boden von der Grenze aus zu beenden. Die Türkei weigert sich bislang stur. Die beiden Organisationen, die von Russland und den USA im Kampf gegen den IS unterstützt werden, seien Abkömmlinge der als Terrororganisation gelisteten PKK: "Muss diese Organisation erst einmal eine Bombe woanders als in Ankara explodieren lassen, um als ein Zweig von PKK erkannt zu werden?", fragte er rhetorisch.
Zu dem Anschlag von Ankara hat sich eine schon lange von der PKK abgespaltene kurdische Terrororganisation namens TAK bekannt. Die türkischen Behörden, die den Attentäter zuerst als Syrer bezeichneten, der direkt mit der YPG zusammenhängt, haben dann die Geschichte umgeschrieben, um den aus der Türkei stammenden Kurden nun direkt mit der PKK im Nordirak zu verbinden.
Die türkische AKP-Regierung steht dabei unter Druck von noch weiter rechts. So wird ihr in einem Editorial der rechtsnationalen Zeitung Daily Sabah vorgeworfen, nicht scharf genug gegen Kriminalität vorzugehen. Gefordert wird ein Verbot der Partei HDP, die vornehmlich kurdische Interessen vertritt und sich nicht von PYD/YPG distanziert: "Die türkischen Behörden müssen die HDP verbieten, ein institutioneller Terrorunterstützer, sie müssen verhindern, dass Steuergelder zum Töten türkischer Bürger verwendet werden, und sie müssen Menschen, die erwiesenermaßen schuldig sind, aus dem Parlament werfen."
Derweil beklagt sich der türkische Vizeregierungschef Tuğrul Türkeş über Jean Asselborn, den Außenminister von Luxemburg, der sagte, die Nato dürfe sich nicht in einen militärischen Konflikt wegen der Spannungen zwischen der Türkei und Russland ziehen lassen, die nach dem Abschuss der russischen Maschine eingetreten seien. Die Beistandsklausel gelte nur, wenn ein Mitgliedsstaat angegriffen werde. Zu Luxemburg sagte das Regierungsmitglied: "Sie sind ein winziges Land in der Mitte Europa, Sie haben nicht einmal ein Militär. Sie können keine militärischen Angelegenheiten verstehen", um dann zu jammern: "60 Jahre lang hat sich die Nato über ihre Stärke auf dem Rücken der türkischen Soldaten und der türkischen Streitkräfte gerühmt."
Die US-Regierung windet sich derweil im Hinblick auf die Türkei. So erklärte der Sprecher des Weißen Hauses am Mittwoch auf die Frage, wie man auf die Forderung von Erdogan reagiere, dass die YPG vom Abkommen ausgenommen werde: "That is not what the government of Turkey committed to in the context of the cessation of hostilities. So our expectation is that the understanding has been reached." Auch auf die Frage, ob eine Feuerpause überhaupt erreicht werden könne, sagte er ausweichend, dass nach der Erwartung des Weißen Hauses die eingegangenen Verpflichtungen auch eingehalten werden. Von Deutschland hört man nichts, da sich die Merkel-Regierung hier mehr oder weniger dem Goodwill der türkischen Regierung anheimgegeben hat, obgleich in der Türkei wenig geschieht, den Flüchtlingsstrom zu begrenzen.
Dass die USA derart an den syrischen Kurden der YPG und der SDF festhalten liegt nicht nur daran, dass man sie nicht ganz an die Russen verlieren will und sie wichtig sind für eine politische Lösung, sondern vor allem daran, dass sie auf dem Boden der wirksamste Verbündete gegen den IS sind. Angeblich wurde die Stadt Shadadi von den den Kurden der SFD, also nicht von den Peshmerga, die auch die Deutschen unterstützen, eingenommen. Damit wäre die wichtigste Straßenverbindung für den IS zwischen Raqqa und Mosul blockier und so ein wichtiger Erfolg errungen