Turbulenter Vorwahlkampf in Griechenland
Seite 2: Vergewaltigung setzt laut Kalogirou körperliche Gewalt voraus
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- Vergewaltigung setzt laut Kalogirou körperliche Gewalt voraus
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Frauen, nicht nur aus der Syriza-Fraktion, nehmen es Kalogirou übel, dass gemäß seiner Reform eine Anklage wegen Vergewaltigung nur dann möglich ist, wenn dem Opfer körperliche Gewalt angedroht wird. Sie bemängeln gemeinsam mit zahlreichen Vertretern des männlichen Geschlechts, dass damit sämtliche weitere Formen der Gewalt strafrechtlich entkräftet werden.
Der Denkmalstreit
Gegen Kalogirou wettert in der Syriza-Fraktion auch der frühere Justizminister Stavros Kontonis. Dieser hat aber auch mit Kulturministerin Myrisini Zorba einen Streit. Denn Zorba soll versucht haben, ein Athener Denkmal an die Hauptstadt Nord-Mazedoniens zu schenken, um im Gegenzug von dort ein Denkmal Alexanders des Großen zu erhalten.
Das Athener Denkmal, eine einen Läufer darstellende Glasskulptur, steht vor dem Hilton Hotel, der hellenistische Herrscher und Feldherr sollte eventuell sogar vor den Propyläen des Zeus aufgestellt werden. Gegen das Vorhaben sind nicht nur die Bürger, auch der Bildhauer, Kostas Varotsos, selbst möchte sein Werk in Athen sehen.
Varotsos hatte von dem Vorhaben Zorbas erfahren, als diese ihn eigens dafür ins Ministerium einlud. Tage später möchte die Ministerin von dem Treffen jedoch nichts mehr wissen, und bestreitet es.
Polakis vs Papangelopoulos
Vize-Gesundheitsminister Pavlos Polakis nahm es Vize-Justizminister Dimitris Papangelopoulos übel, dass dieser seinen Fall bereits ins Parlament gebracht hat. Polakis hatte den Zentralbankchef Yannis Stournaras angerufen und diesem gegenüber ziemlich ruppig mitgeteilt, dass er mit der Prüfung von an ihn gegebene Konsumentenkredite über 100.000 Euro durch die marode, staatlich kontrollierte Attika Bank nicht einverstanden sei.
Polakis forderte Stournaras auf, doch umgehend die Kredite der politischen Gegner zu überprüfen. Im gegenteiligen Fall, so ließ er den Bankchef wissen, würde er so lange in dessen Büro campieren, bis seine Forderung erfüllt sei.
Das komplette Gespräch landete als Abschrift bei der regierungsnahen Zeitung Documento. Polakis bestätigte den kompletten Inhalt, bestritt jedoch eine unerlaubte Telefonaufzeichnung. Stattdessen berief sich der Minister auf sein exorbitantes Erinnerungsvermögen. Stournaras hingegen erstattete Anzeige, die gemäß der rechtlichen Vorschriften vom Staatsanwalt über das Vize-Justizministerium ans Parlament geleitet wurde.
Polakis wurmt, dass andere Fälle für den behördlichen Weg viel längere Zeit beanspruchen würden. Allerdings kann sich der Minister über die Justizreform Kalogirous freuen. Denn statt zehn Jahren Gefängnis droht ihm mit dieser nur eine Bewährungsstrafe von fünf Jahren.
Wer hat wen verpetzt?
Bei der Fraktionssitzung gab es zudem einen Streit zwischen der Abgeordneten Nina Kasimati und ihrem Parteikollegen Christos Karagiannidis. Karagiannidis hatte Kasimatis Stimmzettel beim ersten Wahlgang zur Verfassungsreform fotografiert und veröffentlicht - meint Kasimati. Sie wurde kompromittiert, weil sie nicht für alle Vorschläge ihrer eigenen Partei stimmte.
Karagiannidis gehörte zu den Abgeordneten, welche die Stimmzettel auswerteten und zählten. Bei diesem Streit schlichtete Parlamentspräsident Nikos Voutsis, der befand, dass statt Karagiannidis ein Abgeordneter der Opposition das fragliche Foto gemacht haben müsse. Ein bei YouTube abrufbares Video des Parlamentsfernsehens belegt dagegen Kasimatis Version.
Warum die Parlamentarier von Syriza sich nach vier Jahren nahezu komplett geschlossener Reihen nun gegenseitig bekämpfen hat einen Grund. In den Umfragen verliert die Regierungspartei massiv Zuspruch. Nun möchte sich jeder der einzelnen Abgeordneten gegenüber seinen Kollegen in ein besseres Licht setzen, um vielleicht doch noch eine weitere Legislaturperiode mit den üppigen Diäten zu gewinnen.
Die Aussicht, nach vier beruflich sicheren und lukrativen Jahren auf dem Arbeitsmarkt zu landen, den die Parlamentarier mit ihren Gesetzen selbst geprägt haben, wirkt offenbar abschreckend.