US-Aufruf: Präsident Biden, stoppen Sie die Diplomatie-Blockade!
Fordert Kiew bald US-Bodentruppen für die Ukraine? Was wird Washington dann tun? Die Biden-Regierung muss endlich zu Sinnen kommen und ihre Diplomatie-Blockade aufgeben.
Für das Jahr 2023 steht zu befürchten, dass die US-Politik fortfährt, ihre militärischen Unternehmungen schleichend auszuweiten, während jegliche Art von diplomatischem Engagement gegenüber Russland ausbleibt.
Über den gesamten Kriegsverlauf hinweg hat die Biden-Regierung ihre Beteiligung langsam, stetig und sogar heimlich ausgeweitet. Forderungen aus Kiew nach immer mehr Waffen wurden von Präsident Biden durchgängig positiv beschieden.
Zudem hält der US-Kongress an seinem über Jahrzehnte verfolgten Kurs fest, sich nicht um seine verfassungsmäßige Verantwortung zu kümmern. Man hat sich stattdessen dafür entschieden, immer höhere Summen für die finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine abzusegnen.
Währenddessen ist der Appetit Kiews mit jedem Bissen größer geworden. Zuerst kamen die Javelin-Panzerabwehrraketen, die Präsident Donald Trump der Ukraine schickte. Dann folgte die russische Invasion und die Forderung nach M777 Haubitzen, Bradley-Kampffahrzeugen, Patriot-Raketen, HIMARS, NSAMS, M1-Abrams-Panzern und Langstrecken-GLSDBs.
Jetzt fordert Kiew die Lieferung von F-16-Kampfjets.
Werden wir bald erleben, dass US-amerikanische Bodentruppen gefordert werden? Wenn ja, werden wir dann in Washington den politischen Willen sehen, eine solche Forderung abzulehnen?
Weitgehend erfundener Russiagate-Skandal hat Diplomatie kriminalisiert
Wie dem auch sei, wir sollten im Hinterkopf behalten, dass die wahren Nutznießer von Washingtons Geldsegen die Führungskräfte in den Chefetagen von Northrop Grumman, Lockheed Martin, Raytheon, General Dynamics sowie jener Unternehmen sind, die Teil eines Netzwerks sind, gebildet aus dem, was wir als "Soft-Power-Profiteure" bezeichnen könnten.
Es bleibt jedoch ein alternativer Weg, den die Regierung Biden einschlagen könnte.
1947, zu Beginn des ersten Kalten Krieges, schrieb der Journalist und große Stratege Walter Lippmann: "Die Geschichte der Diplomatie ist die Geschichte der Beziehungen zwischen rivalisierenden Mächten, die sich politisch fremd gegenüberstehen und nicht auf Aufrufe reagieren, sich gemeinsamen Zielen zuzuwenden. Dennoch hat es Einigungen gegeben."
Die amerikanische Diplomatie war viel zu oft eine Übung darin, unsere Freunde zu erpressen (sollten sie es wagen, Washingtons Marschrichtung infrage zu stellen) oder die Regierungen unsere vermeintlichen Feinde (entweder verdeckt oder offen) zu stürzen.
Unter Biden und seinen unmittelbaren Vorgängern wurde Diplomatie abgewertet und an den Rand gedrängt. Dank der Auswirkungen des weitgehend erfundenen Russiagate-Skandals wurde sie sogar kriminalisiert.
Und obwohl es stimmt, dass die Verantwortung für den Krieg in der Ukraine letztlich beim russischen Präsidenten Wladimir Putin liegt, ist es schmerzlich, daran zu erinnern, dass Biden und seine Vorgänger zahlreiche Möglichkeiten hatten, die aktuelle Katastrophe zu vermeiden.
Doch wenn sich solche Gelegenheiten boten, beispielsweise zur Unterstützung des Minsker Friedensprozesses, hat Washington ausnahmslos Widerspruch eingelegt. Als die Russen im Dezember 2021 einen weitgehend vernünftigen Vertragsentwurf vorlegten, weigerte sich die Biden-Regierung, ihn auch nur in Erwägung zu ziehen.
Als Washington und seine Verbündeten nach Kriegsbeginn mit Friedensplänen konfrontiert wurden, ließen sie sich vom Geist Hermann Melvilles Romanfigur, dem Schreibgehilfen Bartleby, leiten und erklärten, dass sie es "lieber nicht tun" würden.
Zum jetzigen Zeitpunkt, da Russland eine neue Offensive gestartet hat, halten wir diplomatische Initiativen für die einzige moralische und realistische Politik, die Präsident Biden und seine Berater ergreifen sollten.
Wir hoffen, dass sie sie verfolgen.
Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit Globetrotter in Partnerschaft mit dem American Committee for U.S.-Russia Accord (ACURA). Übersetzung: David Goeßmann.
Katrina vanden Heuvel ist Präsidentin des American Committee for U.S.-Russia Accord (ACURA) sowie Redaktionsleiterin und Herausgeberin von The Nation. Sie schreibt eine wöchentliche Kolumne für die Washington Post und kommentiert häufig die US-amerikanische und internationale Politik für Democracy Now, PBS, ABC, MSNBC und CNN.
James W. Carden war während der Obama-Regierung als Berater des Sonderbeauftragten für zwischenstaatliche Angelegenheiten im Außenministerium tätig und schreibt für zahlreiche Publikationen. Er ist Mitglied des Vorstands von ACURA.