US-Botschafter verärgert deutsche Politiker
Richard Grenell kritisiert die Haushaltspolitik der Bundesregierung. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht von Grenzen der Toleranz
Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, stellt sich gerne heraus. Er will kein dezenter Diplomat sein, der nur im Hintergrund agiert, seinem Verhalten nach will er politisch vor allem auffallen und Recht haben. Ganz ähnlich wie seinem Vorgesetzten im Weißen Haus sind ihm Gepflogenheiten in politischen Beziehungen nicht so wichtig wie die Interessen seines Landes. Ähnlich wie Trump ist er unverblümt.
Grenell hat von Anfang an für Verstörungen auf der Atlantikbrücke gesorgt. Schon vor Antritt seines Postens kündigte er an, dass er genau mit den europäischen Politikern reden will, mit denen die Regierung in Berlin ihre Schwierigkeiten hat (US-Botschafter unterstützt Europas Rechte). Niemand musste unbedingt erfahren, dass er besonders mit konservativen "Rockstar"-Politikern (gemeint ist der Österreicher Kurz) reden will, aber Grenell musste es unbedingt sagen.
Nachdem er sich nun mehrfach über die deutsche Energiepolitik mit Russland geäußert hat und dabei auch zu Drohungen griff, gab der US-Botschafter nun eine Wertung zum deutschen Verteidigungshaushalt ab. Dass er sich Sorgen macht, weil die "Nato-Quote" nicht erfüllt wird, ist das eine, das andere ist das Wort "inakzeptabel".
Dass die Bundesregierung es auch nur in Erwägung zieht, ihre ohnehin schon inakzeptablen Beiträge zur militärischen Einsatzbereitschaft auch noch zu reduzieren, ist ein beunruhigendes Signal Deutschlands an seine 28 Nato-Verbündeten.
Richard Grenell
Das Problem ist weniger die Diskussion über den Anteil, den Deutschland für Verteidigungsausgaben bereitstellen will. Das Problem ist, dass Grenell meint, er müsse Bewertungen abgeben.
Dass der Verteidigungsetat in den kommenden vier Jahren trotz eines steigenden Bundeshaushalts "auch in absoluten Zahlen sinken wird", macht auch manchen Sorge, der sich über den Zustand der Bundeswehr ärgert, wie den Kommentaren im Fachblog "Augen Geradeaus" zu entnehmen ist.
Grenell kann aber darauf bauen, dass er Wirkung erzielt. So schaltete sich auch die Kanzlerin ein und betonte, dass die sogenannte Nato-Quote im kommenden Jahr weiter steigen solle - nämlich auf 1,37 Prozent. Außerdem sei die mittelfristige Finanzplanung nicht der Maßstab. Entscheidend, so zitiert der Spiegel Merkel, seien "die realen Ausgaben für das jeweilige Jahr". Diese würden erfahrungsgemäß immer nach oben korrigiert werden.
Man müsse auch fragen, welcher Anteil des militärischen Etats der Nato zur Verfügung gestellt werde. Historisch gesehen sei der Anspruch der Vereinigten Staaten als Großmacht ein anderer als der Deutschlands.
Kanzlerin Merkel laut SpOn
Die Regierungschefin fühlte sich laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin von Grenells Äußerungen dazu aufgefordert, "etwas zurechtzurücken". Richard Grenell bekommt viel Aufmerksamkeit.
Die Reaktionen aus der deutschen Politik auf Grenells Äußerung waren weniger diplomatisch und auf politische Inhalte bezogen als die der Kanzlerin. Am deutlichsten war der FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der gar von Außenminister Heiko Maas (SPD) verlangte, "Richard Grenell unverzüglich zur Persona non grata zu erklären" und auszuweisen.
"Wer sich als US-Diplomat wie ein Hochkommissar einer Besatzungsmacht aufführt, der muss lernen, dass unsere Toleranz auch Grenzen kennt", wird Kubicki von AP zitiert. Dass sich der US-Botschafter erneut in politische Fragen der souveränen Bundesrepublik einmische, sei "nicht mehr zu tolerieren". Ganz offensichtlich hat Grenell einen Nerv getroffen.
Deutschland dürfe sich "dieses unbotmäßige Gebaren aus Gründen der Selbstachtung nicht gefallen lassen", sagt Kubicki. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, bezeichnete Grenell als "diplomatischen Totalausfall".