US-Friedensgespräche mit Taliban geplatzt

Idyllisch: Camp David. Foto: U.S. Navy

Trump hatte Führer der Islamisten und den afghanischen Präsidenten nach Camp David eingeladen, sagte aber nach einem erneuten Anschlag in Kabul ab

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Camp David ist ein Feriensitz von US-Präsidenten, dessen Name seit einem Treffen von Jimmy Carter mit dem damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Anwar as-Sadat und dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin ein Symbol für einen lange für unerreichbar gehaltenen Friedensschluss unter amerikanischer Vermittlung steht.

An diesen symbolträchtigen Ort hatte US-Präsident Donald Trump nach eigenen Angaben ohne vorherige Information der Öffentlichkeit für heute "die wichtigsten Führer der Taliban" und den afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani eingeladen. Aber nach einem Anschlag in der Nähe der amerikanischen Botschaft in Kabul, bei dem neben zehn afghanischen Zivilisten und einem rumänischen auch ein amerikanischer Soldat ums Leben kam, sagte er beiden ab.

Darüber hinaus beendete er auch die in der katarischen Hauptstadt Doha mit den Taliban geführten Gespräche über einen Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan. Auf Twitter begründete Trump sein Vorgehen damit, dass die Taliban seiner Meinung nach versuchten, mit dem Anschlag "ihre Verhandlungsposition zu stärken". Mit dem Ansetzen dieses "falschen Hebels" hätten sie sich jedoch getäuscht und würden jetzt schwächer dastehen als vorher. Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid meinte dazu heute, er wisse nichts von einem Treffen in Camp David und warte für eine Stellungnahme auf Anweisungen seiner Vorgesetzten.

Trumps weitere Ausführungen deuten auf die Möglichkeit hin, dass es Taliban gegeben haben könnte, die eine direkte Verantwortung für den Anschlag von sich wiesen. Aber "wenn sie", so Trump, "während dieser sehr wichtigen Friedensgespräche keinem Waffenstillstand zustimmen können und sogar zwölf unschuldige Menschen töten, dann haben sie wahrscheinlich ohnehin nicht die Macht, ein sinnvolles Abkommen auszuhandeln".

US-Chefunterhändler Khalilzad hatte bereits von "grundsätzlicher" Einigung in Doha gesprochen

Letzte Woche hatte Zalmay Khalilzad, der amerikanische Chefunterhändler in Doha, noch einen bald bevorstehenden erfolgreichen Abschluss der Friedensgespräche dort in Aussicht gestellt. Es gebe, so der geborene Paschtune am 2. September, bereits eine "grundsätzliche" Einigung, der nur noch der amerikanische Präsident zustimmen müsse. Was diese Einigung beinhaltet hätte, sagte Khalilzad nicht. Beobachter gingen anhand vorher geäußerter Forderungen davon aus, dass der Kern der Vereinbarung ein Versprechen der Taliban sein würde, keine international aktiven Terroristen mehr zu beherbergen.

Die paschtunischen Islamisten hatten nämlich Ende der 1990er und Anfang der Nullerjahre dem Saudi Osama bin Laden Unterschlupf gewährt, als dessen al-Qaida Attacken auf das World Trade Center und das Pentagon plante. Nach diesen Anschlägen, die sich am Mittwoch zum 18. Mal jähren, beendeten die Amerikaner die Herrschaft der Taliban in Kabul, konnten sie aber militärisch bis jetzt nicht dauerhaft besiegen.

Ein weiterer möglicher Bestandteil, über den spekuliert wurde, waren Gespräche zwischen der afghanischen Staatsführung und den Taliban. Solche Gespräche lehnten die Taliban-Führer bislang ab, weil sie Ghani und andere afghanische Politiker als bloße Marionetten der Amerikaner schmähten. Das dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass Trump nach eigenen Angaben die Taliban-Führer und den afghanischen Staatspräsidenten nicht gemeinsam, sondern "getrennt" nach Camp David eingeladen hatte. Ob die Taliban von Ghanis gleichzeitiger Einladung wussten, ist bislang unklar. Falls dies nicht der Fall war, könnte das zum Platzen des Treffens beigetragen haben.

Auswirkungen auf den geplanten Truppenabzug?

Trumps heute Nacht auf Twitter gestellte Frage "wie viele Jahrzehnte" die Taliban "noch gewillt sein werden, zu kämpfen", legt den Schluss nahe, dass der US-Präsident seine Soldaten möglicherweise länger als zuletzt in Aussicht gestellt am Hindukusch lassen wird. Im Sommer hatte der US-Präsident verlautbart, er habe die schon einmal bei sechzehntausend Mann gelegene Truppenstärke bereits herabgesetzt und wollte auch die verbleibenden Soldaten abziehen, aber Afghanistan sei leider immer noch ein "Labor" beziehungsweise ein "Harvard für Terroristen". Und die würden seine Generäle lieber dort als in den USA bekämpfen. Trotzdem strebe er weiter einen Abzug aus Afghanistan an. Langfristig gesehen müsse dort eine Präsenz des Auslandsgeheimdiensts reichen, um der Bedrohung zu begegnen (vgl. Trump: Afghanistan ist immer noch ein "Harvard für Terroristen").

Währenddessen verstärkten die Taliban ihre militärisch-terroristischen Anstrengungen (vgl. Verhandlungen in Doha, Anschläge in Afghanistan) und veröffentlichten über ihre Propagandastelle Al-Emara ein Video, in dem sie die Anschläge vom 11. September 2001 als "heftige Ohrfeige in das dunkle Gesicht" der Amerikaner rechtfertigten, für die nicht sie, sondern deren Außenpolitik verantwortlich gewesen sei.

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