US-Justizminister fordert auch von der EU präventive Maßnahmen gegen Syrienreisende

Syrien und Irak hätten sich "Brutstätten" von Terroristen auch aus den USA und der EU verwandelt, Eric Holder drängt Europa zu mehr Kooperation und Informationsaustausch

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Bei einem Besuch in Norwegen hat der US-Justizminister Eric Holder die EU-Länder am vergangenen Dienstag vor der wachsenden Gefahr von aus Syrien oder dem Irak zurückkehrenden Salafisten gewarnt. Zunächst hat der große Verbundenheit der beiden Länder mit ihren Werten betont und Norwegen geschmeichelt, weil es das "Versprechen von Gleichheit und Gerechtigkeit" weltweit durch seine Entwicklungspolitik ausbaue, durch sein Vorbild führe, aber sich auch global engagiere wie beispielsweise bei der Mithilfe zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen.

US-Justizminister Eric Holder auf einem auf der Facebook-Seite des Ministeriums veröffentlichten mit Heiligenschein.

Norwegen wisse ebenso wie die USA, dass sich offene und demokratische Gesellschaften gegen Hass, Extremismus und Intoleranz, die auch in Terror münden, verteidigen müssen. Mit Hinweis auf den Terroranschlag von Breivik versuchte er, Norwegen und die USA, die 9/11 erlebt haben, auf eine Ebene zu stellen: Beide Länder müssten "innovativ und aggressiv bei der Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus in allen seinen Formen" sein. Was er genauer unter gewalttätigem Extremismus versteht, ließ er wohl bewusst offen, er sprach natürlich auch nur von Werten, nicht aber von ökonomischen und geopolitischen Interessen, die im Clash der Kulturen keine Rolle spielen sollen.

Im Hinblick auf den Druck, den die US-Regierung auf die EU hinsichtlich von Sanktionen gegen Russland, Verstärkung der Nato-Präsenz, Erhöhung der Verteidigungsetats und stärkerem militärischen Engagement sowie die massive Überwachung und Ausspionierung der europäischen Menschen und Regierungen, klingt es zynisch, wenn er sagt, man habe die USA und die Verbündeten verteidigt und die Bemühungen um Bürgerrechte und Toleranz verstärkt. Letzteres würden die Terroristen am stärksten fürchten. Aber nun gebe es eine neue "globale Krise", die eine "globale Lösung" verlange. Syrien habe sich in eine "Brutstätte für Terroristen" verwandelt. Man könne sich nicht einfach zurücklehnen - was die USA allerdings auch getan haben - und zulassen, "dass das Land zu einer Trainingsstätte wird, aus dem unsere Bürger zurückkehren und Anschläge ausführen."

Holder stellte zwar Syrien in den Mittelpunkt, verwies aber auch auf den Irak und andere Länder, wo "gewalttätige Extremisten" heute kämpfen und "morgen versuchen könnten, in unseren Ländern Terroranschläge auszuführen". In Syrien würden sich gegenwärtig 23.000 "gewalttätige Extremisten" aufhalten, darunter 7.000 ausländische Kämpfer und Dutzende von Amerikanern, deren Zahl wachse. Die USA und die USA sollten ein gemeinsames Interesse an der Entwicklung von Strategien haben, die Einreise von USA-und EU-Bürgern nach Syrien zu verhindern. Und hier verbindet sich für Holder die Forderung nach gemeinsamen Handeln nach Vorstellungen der USA:

Weil unsere Bürger frei und ohne Visa von den USA nach Norwegen und in andere europäische Länder und umgekehrt reisen können, ist das Problem der Rückkehr der Kämpfer aus Syrien in eines unserer Länder ein Problem für alle unsere Länder.

Man müsse alle Mittel der Überwachung und der Strafverfolgung nicht erst bei der Rückkehr, sondern - ein schon aus Bush-Zeiten bekannter Ansatz - schon präventiv nutzen:

Wenn wir warten, das Bürger unserer Länder nach Syrien oder in den Irak reisen, sich dort radikalisieren und dann heimkehren, kann es zu spät sein, unsere nationale Sicherheit angemessen zu schützen.

Wichtig sei es daher, Programme im Land zu starten, um zu verhindern, dass Menschen Terroristen werden, aber auch schon die Vorbereitung und Unterstützung von Terrorismus unter Strafe zu stellen. Es müssten "investigative Mittel und Techniken" der Strafverfolgung eingesetzt werden, "die leistungsstark sind und die individuellen Rechte und die Herrschaft des Rechts schützen". Von ersterem haben die USA allerdings viel Gebrauch gemacht und letzteres im eigenen Land und im Ausland bislang vernachlässigt, um es vorsichtig zu sagen. Empfohlen werden vom Justizminister hier vor allem "undercover operations", um Leute aufzuspüren, die nach Syrien reisen. Das FBI habe dies bereits erfolgreich gemacht und natürlich dafür gesorgt, dass sie nicht in eine Falle gelockt werden, was freilich durchaus üblich ist, noch ihnen der Schutz ihrer Rechte verweigert wird.

So wurden etwa in Texas zwei 23-jährige Männer verhaftet, die angeblich nach Syrien reisen wollten. Die Anklage lautet, einer habe versucht, "Terroristen materielle Unterstützung zu gewähren", was meint, dass er in Syrien zum Kämpfen reisen wollten. Dem anderen wird der Versuch vorgeworfen, Menschen für den Kampf in Syrien zu rekrutieren. Die beiden Männer müssen mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren rechnen.

Druck auf schnelle Umsetzung eines USA-EU-Datenaustauschabkommens

Als dritte Maßnahme forderte Holder eine noch engere Kooperation der Strafverfolgungsbehörden, die Ermöglichung der Auslieferung und besseren Informationsaustausch. Er nannte die Flugpassagierdaten, mit denen man verhindern könne, dass Menschen nach Syrien reisen können, und diejenigen verfolgen könne, die zurückreisen. Schön ist, dass hier noch einmal den Schutz der Privatsphäre betont. Man verhandele gerade mit der EU über ein "Umbrella"-Datenaustauschgesetz, "das die schon vorhandenen starken Schutzmaßnahmen stärken", aber offensichtlich vor allem dazu dienen soll, dass der Datenschutz den Austausch von Informationen der Strafverfolgung nicht verringert, weil dies entscheidend für die Sicherheit der Bürger sei.

Um die Verhandlungen zu beschleunigen, habe er ein "historische Verpflichtung der USA" angekündigt, hier den Datenschutz über US-Bürger hinaus zu erweitern. Das Abkommen müsse unbedingt schnellstmöglich abgeschlossen werden, drängte er wohl auch im Blick auf die immer neuen Skandale der US-Geheimdienste in Deutschland. Man dürfe nicht mehr zögern: "Es ist höchste Zeit für Länder, die seit langem gemeinsame Ansichten über Datenschutz haben, zusammen zu handeln."