US-Militär baut Präsenz in Anbar aus
Das Pentagon betont, mit der Truppenverdoppelung im Irak würde sich nichts an der Mission ändern. Das unterschlägt ein paar Schwierigkeiten
Es ist schon auffällig, wie sehr Pentagonsprecher John Kirby in den Medienberichten zur US-Truppenauftstockung im Irak mit der Beteuerung wiedergegeben wird, dass sich die amerikanischen Militärs nicht an Kampfhandlungen beteiligen werden. Der Grund dafür liegt auf der Hand, die Regierung achtet in der Außendarstellung tunlichst darauf, jeden Anschein von "Boots on the ground" zur vermeiden, die im nächsten irakischen Schlamassel versumpfen könnten.
Mission creep heißt das amerikanische Schlagwort für eine Operation, die sich entgegen der öffentlichen Ankündigung de facto über kleine, "schleichende" Schritte zu einer neuen und wenig kontrollierbaren Dimension der Verwicklung im Kriegstheater führt. Selbstverständlich blitzt das Schlagwort auf, wenn es um die Anweisung Obamas geht, die Zahl der amerikanischen Soldaten im Irak von 1.500 auf 3.000 zu erhöhen. Und selbstverständlich wird es sogleich dementiert: Von "Mission Creep" könne hier keine Rede sein, wird Kirby zitiert, da die Mission sich nicht verändert habe.
Das ist allerdings eine Äußerung, die optimistisch über Wichtiges hinwegtäuscht: Die Mission wird sich nämlich durch die zusätzlichen Militärs verändern. Auch wenn Kirby darauf verweist, dass die zusätzlichen Militärs nicht an Kampfeinsätzen teilnehmen, sondern nur "ausbilden und beraten", und verstehen läßt, dass sie nicht einmal Luftunterstützung anforden würden:
Their US mentors will not accompany them on battlefield missions off base, and Kirby denied that any will call in airstrikes on behalf of Iraqi units.
Was dabei aber heruntergespielt wird, ist, dass ein größerer Anteil der Nachschubkräfte, 630 Militärs, sich um den Aufbau und die personelle Besetzung neuer Operationszentren sorgen sollen, eins davon in Anbar, jener sunnitischen Provinz, in welcher der IS unter unterschiedlichen früheren Namen seit zehn Jahren operiert und sich eine Basis geschaffen hat. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass US-amerikanische Militärs zu einem Prestigeziel für die Dschihadisten werden und es für die US-Militärführung im Fall des Falles schwer wird, sich vor weiteren Verstrickungen zu verwahren. Man denke nur daran, was die Ermorderung der vier Blackwater-Angestellten und die Zurschaustellung der Leichen 2004 in Falludscha, ebenfalls in Anbar, auslöste.
Man handle auf Bitten der irakischen Regierung heißt es von Seiten des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Man hofft darauf, Fehler wieder gut zu machen, die unter der vorherigen irakischen Regierung mit Ministerpräsident Maliki begangen wurden, gemeint ist die Entfremdung von sunnitischen Stämmen und das Schüren von Animositäten, von denen der IS profitiert habe.
Jetzt komme es darauf an, die Stämme in Anbar wieder auf die Seite der irakischen Regierung zu ziehen; man sei in "ständigem Kontakt", wird ein US-Regierungsvertreter wiedergegeben, allerdings sei mit Bagdad noch nicht abgesprochen, inwiefern man die Stämme mit Waffen unterstützen dürfe. Das ist nicht die einzige Schwierigkeit (vgl. Irak/USA: Die schwierige Suche nach verbündeten Stämmen).