US-Regierung erzürnt: Ölallianz OPEC+ drosselt Produktion deutlich
Benzin und Diesel drohen wieder teurer zu werden. Gegen den Willen der USA fahren 23 Länder ihre Ölförderung zurück. Im Weißen Haus herrscht laut Medienbericht Panikstimmung.
Am Mittwoch haben sich die Energieminister in Wien getroffen, die dem Ölkartell OPEC+ angehören. Sie haben sich darauf geeinigt, ihre Ölproduktion zu drosseln; ab November sollen zwei Millionen Barrel pro Tag (bpd) weniger gefördert werden.
Nach eigenen Angaben versuchen die Länder mit diesem Schritt, den weltweiten Ölpreis zu stabilisieren. In den letzten drei Monaten war dieser von 120 US-Dollar pro Barrel auf etwa 90 US-Dollar gefallen. Hintergrund dieses Absturzes war unter anderem die Furcht vor einer globalen Rezession. Aber auch die steigenden Zinsen in den USA und der starke Dollar spielten eine Rolle.
Experten gingen davon aus, dass von der Tagung ein deutliches Marktsignal ausgehen werde. Die Kürzung dürfte aber faktisch geringer ausfallen, als der Beschluss vermuten lässt. Einige Förderländer produzieren bereits weniger, als die vereinbarten Quoten zulassen.
Angola, Nigeria und Russland gehören zu diesen Ländern, sagte Carsten Fritsch, Experte bei der Commerzbank, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Insofern wird die tatsächliche Kürzung geringer sein, als auf dem Papier steht."
OPEC+ kürzt, erreicht aber eigene Quoten nicht
Laut Internationaler Energieagentur lag im August die Fördermenge des Kartells rund 3,4 Millionen bpd unter dem vereinbarten Niveau. "Das liegt auch an fehlenden Investitionen in die Ölförder-Infrastruktur zum Beispiel in Nigeria und Angola sowie den westlichen Sanktionen gegen Russland", so Fritsch.
Für Russland kommt erschwerend hinzu, dass es ab Dezember neue Abnehmer für sein Rohöl finden muss. Dann tritt das EU-weite Embargo für die Einfuhr von russischem Rohöl in Kraft. Bislang werden noch täglich rund zwei Millionen Barrel aus Russland importiert.
Bei Rystad Energy, eine auf Energie spezialisierte Beratungsfirma, geht man allerdings davon aus, dass es zu realen Produktionskürzungen kommen wird. "Wir glauben, dass neue Produktionsziele hauptsächlich von den Kernländern des Nahen Ostens getragen werden, angeführt von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait", sagte Jorge Leon, Analyst bei Rystad Energy, laut Reuters.
Nach der Konferenz in Wien erklärte der saudische Energieminister Abdulaziz bin Salman, die tatsächlichen Kürzungen würden 1,0 bis 1,1 Millionen bpd betragen.
Das Ergebnis dieser Entscheidung dürfte spätestens im November auch an der Tankstelle zu spüren sein. Auch die Inflation dürfte durch die steigenden Energiepreise weiter angetrieben werden.
Panik im Weißen Haus
Damit ist eine Entwicklung in Gang gesetzt worden, die US-Präsident Joe Biden unbedingt verhindern wollte. In etwa fünf Wochen sind Zwischenwahlen in den USA und steigende Benzinpreise kommen bei den Wählern nicht gut an.
Der Sender CNN hatte am Dienstag berichtet, dass Panik im Weißen Haus besteht. Eine Kürzung der Fördermenge soll in der US-Administration als "totale Katastrophe" bezeichnet worden sein. Es wurde auch gewarnt, dass die Entscheidung als "feindseliger Akt" gewertet werden könne.
Entsprechend unzufrieden zeigte sich Biden am Mittwoch. Die Entscheidung der OPEC+ sein kurzsichtig, erklärte er. Er warf der saudischen Regierung auch vor, mit Russland gemeinsame Sache gemacht zu haben, um die Preise in die Höhe zu treiben.
Riad wies die Kritik zurück. In der Erklärung hieß es, der Westen sei oft von einer "Arroganz des Wohlstands" getrieben, wenn er die OPEC+ kritisiere. Man habe proaktiv handeln müssen, so Abdulaziz bin Salman, da die Zentralbanken auf der ganzen Welt dazu übergegangen seien, die steigende Inflation "verspätet" mit höheren Zinssätzen zu bekämpfen.
Aus der Luft gegriffen ist dieses Argument nicht. Auch die UBS-Bank hatte laut Nachrichtenagentur AFP angegeben, eine Kürzung um mindestens 500.000 bpd seien erforderlich, um den Preisverfall zu stoppen.
Mit der Entscheidung des Kartells dürfte Biden zwei wichtige Ziele verfehlen: Die Energiepreise im eigenen Land niedrig halten und Russland einen Teil seiner Öleinnahmen zu entziehen. Der US-Präsident reiste in diesem Jahr ob dieser Ziele nach Riad, konnte sich aber keine festen Kooperationszusagen im Energiebereich sichern.
Die OPEC-Länder hatten allerdings auch kein großes Interesse, den Wünschen Washingtons zu folgen. Denn mit Argwohn blicken sie auch auf die von den G-7-Staaten geplanten Preisobergrenze für Erdöl aus Russland. Sollte sich Russland dem Westen in der Frage beugen müssen, könnte anderen Länder dasselbe wirtschaftliche Schicksal drohen.
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