Preisdeckel auf Erdöl: Wird sich Russland dem Westen unterwerfen?

Mit einer Obergrenze bei den Ölpreisen sollen Russlands Einnahmen minimiert werden. Die G-7- Staaten werben dafür. Warum es ihnen schwerfallen dürfte, sich durchzusetzen.

Der sogenannte Westen will Russland in die Knie zwingen. Damit das Land nicht mehr von den Einnahmen aus dem Verkauf von Energieträgern profitieren kann, soll ein Preisdeckel eingeführt werden. Die G-7-Staaten hatten zuletzt beschlossen, eine Obergrenze für den Preis von russischem Öl festsetzen zu wollen.

Dieses Vorhaben lebt davon, dass viele Länder mitziehen. Die Bundesregierung wirbt nun dafür, dass sich andere Länder der Europäischen Union an dem Einkaufskartell beteiligen.

"Ich fordere alle Mitglieder der Europäischen Union dazu auf, die Idee einer Ölpreisobergrenze zu unterstützen", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Freitag am Rande eines informellen Treffens mit seinen EU-Kollegen in Prag.

Es sei effektiver, wenn mehr EU-Mitgliedsstaaten die Idee unterstützten, so Lindner. Ziel sei es, höhere Einnahmen für Russland zu vermeiden und das Preisniveau für die europäischen Volkswirtschaften abzusichern.

Preisdeckel soll russische Einnahmen verringern

Hinter dem Vorhaben steht Hoffnung, Russland würde weiterhin Erdgas und -öl exportieren, auch wenn es nur noch einen minimalen Gewinn erzielen würde. Auf diesem Weg sollen einerseits die Einnahmen des russischen Staates beschnitten werden. Andererseits soll das weltweite Angebot an Energieträgern nicht verknappt werden, wie es bei einem Embargo der Fall wäre.

Doch die russische Regierung hat bereits auf die Ankündigung reagiert und erklärt: Länder, die einen Preisdeckel einführen, werden nicht mehr beliefert.

Ob Russland die Lieferungen wirklich einstellen wird, ist Gegenstand von Diskussionen. Im US-Magazin The National Interest heißt es, die herkömmliche Meinung gehe davon aus, dass Russland sich dennoch an die neuen Regeln halten werde. Denn reduzierte Gewinne seien immer noch besser als gar keine.

Diese Ansicht könnte aber genauso gut aus Wunschdenken bestehen, wird in dem Artikel weiter herausgearbeitet. Um das Ziel zu erreichen, müssten große Käufer von russischem Erdöl mitziehen: China und Indien. Das ist aber unwahrscheinlich.

Laut CNBC reagierte Indien verhalten auf den Vorschlag. Man erwäge der von den USA vorgeschlagenen Preisobergrenze für russisches Rohöl nur dann zu unterstützen, wenn Lieferungen aus Venezuela und dem Iran gesichert seien.

Erdölminister Hardeep Singh Puri gab sich demnach sehr zurückhaltend. Wann wolle erst sehen, wie der Vorschlag umgesetzt werden solle, welche Länder sich beteiligen und welche Auswirkungen der Preisdeckel auf die Energiemärkte habe. Man könne keine Situation akzeptieren, in der die Preise wegen eingeschränkter Lieferungen steigen.

Dem "Westen" fehlen die Verbündeten, um sich durchsetzen zu können

Das wäre allerdings der Fall, sollte Russland seine Lieferungen im Gegenzug tatsächlich einstellen.

Russland ist bislang einer der größten Förderer und Exporteure von Erdöl. Es liefert ungefähr fünf Prozent des weltweiten Ölverbrauchs und etwa zehn Prozent der raffinierten Ölprodukte.

Die Welt hat nicht genug freie Förderkapazitäten, um die russischen zu ersetzen, schrieb Sergej Vakulenko vom "Carnegie Endowment for International Peace" bereits im Juli. Auch die Länder des Persischen Golfs könnten sie nicht ersetzen.

Damit gleicht der Preisdeckel auf Erdöl einer Wette, ob Russland sich das westliche Vorgehen einfach bieten lässt. Sollte die russische Regierung den Export stoppen, wäre ein Preisanstieg die Folge und ein "Zermürbungskrieg zwischen Moskau und dem Westen", heißt es in The National Interest.

Nach Meinung von Vakulenko könnte die westlichen Länder auch nicht auf die Hilfe der OPEC zählen, ihre Mitgliedsländer.

Paradoxerweise könnte Russland hier von den OPEC-Ländern Unterstützung erhalten. Für sie besteht die Gefahr, dass ein entstehendes Käuferkartell den gesamten Ölmarkt und seine Preise manipulieren könnte. Gelingt es dem Kartell, Russland zu zwingen, sich seinen Regeln zu unterwerfen, könnten die arabischen Länder die nächsten sein.

Sergej Vakulenko (08.09.2022)

Wenn Russland dem Druck widerstehe und seine Lieferungen einschränke, könnte das demnach Indien und China dazu bewegen, separate Abkommen mit Russland zu unterzeichnen und anzubieten, Öllieferungen zu versichern.

In diesem Fall müssten die G-7-Staaten überlegen, ob sie Sanktionen gegen ihre größten Handelspartner verhängen wollen, so Vakulenko. Einen Wirtschaftskrieg an mehreren Fronten führen, könnte auch für die sieben Industriestaaten schwierig werden.

Diesen Effekt könnte Russland auch hervorrufen, wenn es sich seinerseits entschließen könnte, eine Preisuntergrenze als Antwort festzulegen. Dann müsste die russische Regierung nur darauf warten, bis ein Land aus dem Käuferkartell ausschert.

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