US-Regierung genehmigt Export von Nukleartechniken an Saudi-Arabien
Es geht um einen großen Deal, den Trump schon lange anstrebte. Die Frage ist, ob das saudische Regime ein Atomwaffenprogramm installieren will
Bundesregierung und französische Regierung streiten über Regeln zu Waffenlieferungen, speziell nach Saudi-Arabien. Dorthin können auch Waffensysteme derzeit nicht exportiert werden, die nur einige deutsche Teile enthalten. Gedroht wird damit, dass andere europäische Länder, die die Augen auch vor eigenen Regeln gerne zudrücken, wenn es ums Geschäft geht, nur noch Waffensysteme "German free" herstellen und vertreiben, was die deutsche Rüstungsindustrie und Deutschlands Status als derzeit viertgrößter Waffenexporteur gefährdet (Frankreich will freie Bahn von Deutschland). Frankreich hat bereits Deutschland überholt. Vor allem die SPD hält an den Beschränkungen fest, scheint aber schon geschäfts- und rüstungsindustrierealistisch zu überlegen, Ausnahmen zuzulasssen, während deutsche Firmen bei Beibehaltung dann wohl eher die Produktion ins Ausland verlegen.
Von den westlichen Werten, die so gerne verteidigt werden, ist auch beim großen transatlantischen Bruder nichts mehr zu bemerken. Mit seiner strikt pro-israelischen und anti-iranischen Politik unterstützt die Trump-Regierung bedingungslos das mörderische und kriegsführende Regime der islamistischen Monarchen in Saudi-Arabien, während man anderswo wie im Iran oder in Venezuela, gerade wie man es braucht, angeblich die Freiheit verteidigt.
Zwar ist man in Riad überkreuz mit Washington, was die amerikanische völkerrechtswidrige Anerkennung der annektierten Golanhöhen angeht - Trumps Wahlgeschenk an Netanjahu und gleichzeitig ein Schachzug, der die Sanktionen gegen Russland wegen der Kriem aushebelt -, das dürfte aber die geopolitischen, militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen nicht beeinträchtigen. Nicht nur Trump, auch die saudischen Monarchen, die Opposition nicht dulden und von Demokratie und Menschenrechten nichts halten, sind schließlich jenseits aller ideologischen Unterschiede Dealmaker.
Dabei geht es nicht nur um amerikanische Waffen, die Saudi-Arabien u.a. wie Kampfflugzeuge oder Raketen auch gegen die Huthi im Jemen einsetzt, sondern es wird am nächsten großen Deal gearbeitet. Saudi-Arabien will, angeblich um für die Post-Öl-Zeit gewappnet zu sein, Atomkraftwerke und Nukleartechnik im großen Stil bauen und im Land nach Uran-Vorkommen suchen. 2011 wurde beschlossen, gleich 16 Atomkraftwerke in den nächsten 20 Jahren zu bauen, beginnen wollte man 2016. Gespräche wurden mit Toshiba/Westinghouse und EDF geführt, später auch mit Russland, Südkorea, China und Japan. Aber begonnen mit einem Bau wurde noch nicht.
Offenbar will die Trump-Regierung nun die Chance nutzen, um amerikanische Technik in Saudi-Arabien an den Mann zu bringen. Gestern wurde bekannt und bestätigt, dass Energieminister Rick Perry sechs geheime Genehmigungen des Typs Part 810 s für Unternehmen erteilt hat, um nach Zustandekommen eines Vertrags Saudi-Arabien Nukleartechnik und Beratung zu verkaufen. Mit den Genehmigungen können für den Deal bereits Vorkehrungen getroffen, aber noch keine Teile exportiert werden.
Das Energieministerium bestätigt die Meldung, sagt aber, es seien 37 810-Genehmigungen für nicht geheim klassifizierte Nukleartechniken für 16 Länder, darunter sieben für Exporte nach Saudi-Arabien. Betont wird, dass die aus den USA eingeführten Techniken nur für friedliche Zwecke verwendet dürfen. Das Problem ist allerdings, dass nicht offengelegt wird, um welche Techniken es sich handelt, und der Verdacht ist, dass Verträge geschlossen werden, bevor über Anreicherung und Wiederaufbereitung gesprochen wird.
Jetzt will Saudi-Arabien zwar kleiner anfangen und erst einmal zwei AKW bauen, aber der Verdacht liegt nahe, dass Saudi-Arabien zur eigenen Sicherheit und auch mit Blick auf den Iran und vor allem Israel, das über Atomwaffen verfügt, ebenfalls zumindest die Grundlagen für ein mögliches Atomwaffenprogramm schaffen will. Im Februar war von demokratischen Abgeordneten, die Waffenverkäufe an Saudi-Arabien einschränken wollen, gewarnt worden, dass die US-Regierung unter Umgehung von Gesetzen und vom Kongress einen Nukleardeal mit Saudi-Arabien anstreben würden.
Interessantes Detail: Mit IP3, International, die die Geschäfte zwischen der US-Nuklearindustrie und Saudi-Arabien einfädeln will, soll Trumps früherer Sicherheitsberater Michael Flynn verbunden sein. In dem Kongressbericht, auf den sich die Abgeordneten stützten, war die Rede von dem Unternehmen IP3, das schon zu Beginn von Trumps Präsidentschaft für das Weiße Haus einen "Middle East Marshall Plan" ausgearbeitet habe, der den Bau von Dutzenden von AKW in der Region vorsah. Flynn soll dabei seine Hände im Spiel gehabt haben.
Angeblich sah man vor, nicht nur gesetzliche Vorgaben zu umgehen, sondern auch IP3 zu ermöglichen, Atomkraftwerke zu bauen, ohne sich dabei auf zivile Zwecke beschränken zu müssen. Mit im Boot mit IP3 und dem saudischen Atomprogramm saßen auch Ex-General Jack Keane, Ex-Admiral Michael Hewitt und Ex-Sicherheitsberater Robert "Bud" McFarlane. Keane ist Mitgründer der Firma, Trump hatte überlegt, ihn als Verteidigungsminister zu nominieren.
Sie sprachen in einem Brief von Absprachen zwischen Trump und Mohammed bin Salman. Da kann man dann erahnen, welche Netzwerke zwischen dem US-Militär, politischen Kreisen und wirtschaftlichen Interessen bestehen. Gut möglich, dass bei dem Schulterschluss von Trump mit Saudi-Arabien im Mai 2017 nicht nur der Waffendeal, sondern auch der Atomdeal in Aussicht stand (Gipfeltreffen in Saudi-Arabien: Trump in der "Welt der Guten").
Im Februar 2019 waren Chefs von amerikanischen Nuklearfirmen bei Donald Trump.
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