US-Regierung zieht Unterschrift unter das Statut von Rom zurück
Am Montag soll der bereits angekündigte Schritt erfolgen, mit dem die US-Regierung wieder einmal demonstriert, an verpflichtenden internationalen Abkommen und einem globalen Rechtssystem nicht interessiert zu sein
Anfang April hatten mehr als 60 Staaten das Statur von Rom ratifiziert. Damit konnte begonnen werden, den Internationalen Gerichtshof einzurichten. Zwar hatte Clinton noch kurz vor dem Ende seiner Amtszeit das Statut unterschrieben, aber seinem Nachfolger bereits geraten, es nicht dem Senat vorzulegen. Die Bush-Regierung, allen internationalen Abkommen abhold, hatte bereits angekündigt, selbst die kaum zu etwas verpflichtende Unterschrift zurückzuziehen (Startschuss für den Internationalen Strafgerichtshof). Jetzt gab die Regierung bekannt, am Montag erstmals in der Geschichte der UN die Unterschrift unter ein internationales Abkommen formal annullieren zu wollen.
Zu dem Schritt ist lediglich ein formeller Brief an den UN-Generalsekretär Kofi Annan notwendig, in dem die US-Regierung versichert, dass sie den Vertrag nicht unterzeichnen werde, und verlangt, von den allen damit verbundenen Verpflichtungen befreit zu werden. Die US-Regierung fürchtet eine "Politisierung der Justiz" und hat Sorge, dass amerikanische Soldaten, Staatsangestellte oder Politiker im Ausland willkürlich angeklagt und vor den Gerichtshof gestellt werden könnten. Aufgrund der von den USA vorgebrachten Einwände wurden bereits viele Sicherheitsmaßnahmen für den ICC eingebaut, die im Grunde verhindern, dass jemals ein US-Soldat angeklagt und verurteilt werden könnte. Gleichwohl wurde Ende des letzten Jahres bereits im Senat der American Servicemembers' Protection Act (ASPA) verabschiedet, der die Zusammenarbeit der USA mit dem ICC verbieten und eine Beteiligung der USA an friedenssichernden Einsätzen der UN so lange verhindern will, bis die amerikanischen Soldaten von der Strafverfolgung durch den ICC ausgenommen wurden. Militärische Hilfe kann nach dem Gesetz, das noch den Kongress passieren muss, an die nicht in der Nato befindlichen Staaten eingestellt werden. Und dem Präsidenten wird die Möglichkeit eingeräumt, US-Regierungsangestellte und Verbündete auch mit militärischer Gewalt zu befreien, wenn sie vor den ICC gebracht werden.
Mit dem ICC gibt es erstmals eine permanente Instanz, die Menschen bestrafen kann, die sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen in Form von schweren Verletzungen der Genfer Konventionen oder anderen schweren Verstößen gegen Abkommen für bewaffnete Konflikte und "Verbrechen der Aggression", die allerdings erst später näher definiert werden sollen). Mit dem Rücktritt der USA aus dem Vertrag fügen sie der Durchsetzung einer globalen Gerechtigkeit, die ja auch hinter dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus stehen sollte, sowie der Glaubwürdigkeit der US-Politik einen großen Schaden zu (Der Ständige Internationale Strafgerichtshof wird kommen). Das Land stellt sich damit in eine Reihe mit einigen der Schurkenstaaten, wie sie von der US-Regierung genannt werden. Auch China, Irak, Libyen, Jemen, Katar und Israel hatten 1998 das Statut von Rom abgelehnt, Clinton hatte es, wie gesagt, erst im Dezember 2000 unterschrieben.
Die US-Regierung will jetzt aber mit dem beispiellosen Rückzug der Unterschrift nicht nur jede Anerkennung des ICC vermeiden, sondern sie wird auch noch, wie die New York Times berichtet, von einem weiteren Abkommen zurücktreten, das 1969 angenommen worden und 1980 in Kraft getreten ist. Die Vienna Convention on the Law of Treaties regelt die Verbindlichkeit von internationalen Abkommen und verpflichtet nach Artikel 18 die Staaten, die dem Wiener Abkommen wie die USA beigetreten sind, den Zielen und Zwecken der Abkommen nicht zu schaden, die sie unterschrieben haben, auch wenn sie nicht ratifiziert wurden.
Das ist zwar eine notwendige Konsequenz nach dem Rückzug aus dem Statut von Rom, aber wäre auch noch einmal ein Signal für die Entschlossenheit der US-Regierung, als Supermacht souverän und völkerrechtlich ungebunden agieren zu wollen und nur dann Abkommen einzugehen, wenn dies den eigenen Interessen dient.