US-Sanktionen gegen Belarus, Kredit aus Moskau
Wegen erzwungener Fluglandung in Minsk: Washington verhängt Strafmaßnahmen gegen Staatsbetriebe, weitere gegen "Schlüsselfiguren" vorbereitet. Finanzspritze kommt aus Russland
Nach der erzwungenen Landung der RyanAir-Passagiermaschine in Minsk und der Festnahme des mitgereisten oppositionellen Bloggers Roman Protasewitsch haben auch die USA neue Sanktionen gegen Belarus verhängt. In der kommenden Wochen träten Strafmaßnahmen gegen neun Staatsbetriebe wieder in Kraft, kündigte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, an.
In Absprache mit der EU und weiteren Partnern würden gezielte Sanktionen gegen "Schlüsselfiguren des Regimes" vorbereitet. Das US-Außenministerium sprach zudem eine Reisewarnung für die ehemalige Sowjetrepublik aus.
Die EU hatte sich bereits am Montag auf neue Sanktionen geeinigt. Sie stellte Belarus zudem ein drei Milliarden Euro starkes Unterstützungspaket in Aussicht. Es soll aber erst aktiviert werden, wenn das Land einen "demokratischen Übergang" eingeleitet hatte. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte dem WDR, der nächste Schritt sei eine "Liste von den Verantwortlichen, die diese Piraterie organisiert haben". Außerdem werde an Wirtschaftssanktionen gearbeitet.
Russland will unterdessen Belarus bis Ende Juni mit einem Kredit in Höhe von 500 Millionen US-Dollar unterstützen. Dies sei bei einem mehr als fünfstündigen Treffen des belarussischen Staatsschefs Alexander Lukaschenko mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi vereinbart worden, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Samstag laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Ria Novosti. Es handele sich um die zweite Tranche eines Kredits, der noch vor der international kritisierten Zwangslandung des Passagierflugzeugs am vergangenen Sonntag in Minsk beschlossen worden sei, hieß es.
Details könnten nicht offengelegt werden, heißt es
Roman Protassewitsch sitzt seither in Haft, ebenso seine Freundin Sofia Sapega, die Russin ist und von Angehörigen, die russische Medien zitierten, als eher unpolitische Person beschrieben wird. Ihr Schicksal sei Russland "nicht egal", sagte Peskow am Samstag. Zugleich betonte er, dass die 23-Jährige zwar russische Staatsbürgerin sei, aber eine Aufenthaltsgenehmigung in Belarus habe.
"Aus unserer Sicht erfordert die Situation eine durchdachte und konstruktive Auseinandersetzung, ohne vorschnelle Schlussfolgerungen", so Peskow. Er sprach von einer "Kaskade vorschneller Emotionen" in europäischen Hauptstädten und zog in Zweifel, dass den Verantwortlichen daran gelegen sei, die Umstände "wirklich zu klären". Lukaschenko habe Putin zwar ausführlich darüber informiert, "was mit dem Ryanair-Flugzeug passiert" sei, so Peskow. Details der Dokumente, die Lukaschenko dem russischen Präsidenten zur Verfügung gestellt habe, könnten allerdings nicht offengelegt werden, stellte der Kreml-Sprecher klar.
Von dem inhaftierten Protasewitsch kursiert ein Video, in dem er versichert, bei guter Gesundheit zu sein - außerdem gibt er zu, an der Organisation von Protesten gegen die Lukaschenko-Führung in Minsk im vergangenen Jahr beteiligt gewesen zu sein. Seine Eltern erheben den Vorwurf, dieses Geständnis könne nur durch Folter zustande gekommen sein. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht dafür Indizien.
In russischsprachigen Medien wurde unterdessen der Vorwurf laut, Protasewitsch habe in der Vergangenheit Kämpfe prowestlicher Nationalisten im ostukrainischen Donbass-Gebiet nicht nur - wie er selbst sagt - als Journalist begleitet, sondern daran teilgenommen. Allerdings wird die Beweislage dafür unterschiedlich bewertet.
Für Amnesty International würde es eine Rolle spielen, wenn sich dieser Verdacht erhärten ließe, denn die Organisation setzt sich vorzugsweise für gewaltlose politische Gefangene ein. Das bedeutet aber nicht, dass sie jegliches Engagement von diesem Status abhängig macht: Dem in Russland inhaftierten "Kreml-Kritiker" Alexej Nawalny wurde er kürzlich bereits aberkannt, weil er sich nicht von früheren Hasskommentaren distanzieren wollte, allerdings fordert Amnesty weiterhin seine Freilassung.
Auch von Sofia Sapega erschien vor wenigen Tagen in einem regierungsnahen belorussischen Kanal ein Video. Darin bestätigte sie, Herausgeberin des Social Media Channels "Black Book of Belarus", einem Tochterprojekt ihres Lebensgefährten zu sein. Allerdings stellt sich nach russischen Medienberichten die Frage, ob sie mehr oder weniger nur ihren Namen dafür hergegeben hat.
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