US-Soldaten wurden in Syrien angeblich von "moderaten Rebellen" bedroht
USA und Russland scheinen sich nicht einigen zu können, US-Sondereinheiten kooperieren mit türkischen Soldaten, werden aber von mit der Türkei kooperierenden Rebellen abgelehnt
Wie schon zu erwarten, wird die Waffenruhe in Syrien nicht eingehalten. Zu viele der der vielen bewaffneten Gruppen hatten bereits erklärt, sich an diesem nicht beteiligen zu wollen. Auf diese haben offenbar weder Russland noch die USA Einfluss. Bei Damaskus wird heftig gekämpft, syrische Regierungstruppen und oppositionelle Milizen werfen sich gegenseitig den Waffenstillstandsbruch vor. Die Hilfslieferungen konnten noch nicht nach Aleppo gelangen und stehen noch an der syrisch-türkischen Grenze.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums hat das Pentagon die Lokalisierungsdaten der mit den USA kooperierenden Oppositionsgruppen übermittelt. Das russische Verteidigungsministeriums weist darauf hin, dass die Amerikaner nach den Dokumenten nicht zwischen der sogenannten moderaten Opposition und Jahbat al-Nusra unterscheiden würden. Während der vereinbarten Waffenruhe wollten sich Amerikaner und Russen auf die genau eingegrenzte Gebiete verständigen, die möglicherweise auch gemeinsam bombardiert werden können, weil sie von al-Nusra und anderen islamistischen Milizen wie dem IS kontrolliert würden. Fraglich ist, in wieweit sich andere islamistische Gruppen wie Ahrar al-Sham oder auch angeblich moderate Teile der FSA von als-Nusra abgrenzen. Teile der Opposition versuchen hingegen, al-Nusra-Kämpfer als "ganz normale Syrer" darzustellen (Syrien: Erste märchenhafte Effekte der US-russischen Abmachung). Die Vielzahl der Gruppen und deren Geflecht ist wohl kaum zu überschauen und schon gar nicht strikt in Gut und Böse aufzuteilen.
Russland wirft der "moderaten Opposition" vor, dass sie die Waffenruhe nur ausnütze, um sich neu aufzustellen. Aber das werden alle beteiligten Parteien so machen. Nach Russland wurden Stellungen der syrischen Truppen und der mit ihnen verbundenen Milizen in Aleppo, Latakia, Damaskus oder Hama angegriffen. Vorgeworfen wird der "moderaten Opposition", die von den USA unterstützt werde, dass sie im Gegensatz zu syrischen Truppen ihre Waffen von der Verbindungsstraße nach Aleppo, der Castello-Straßen, nicht abgezogen hätten. Andere bezichtigen die syrischen Truppen, die Straße für die Hilfslieferungen nicht freizumachen.
Nach dem russischen Offizier Sergei Kapitsyn seien die syrischen Truppen gezwungen gewesen, wieder schwere Waffen in die demilitarisierte Zone entlang der Castello-Straßen zu bringen, um zu verhindern, dass sie von den Rebellen eingenommen wird. Von außen lässt sich nicht beurteilen, welche Seite die Hilfslieferungen blockiert. Russland habe dem Pentagon Beweise übermittelt, heißt es, dass die von den USA unterstützten Rebellen den Waffenstillstand gebrochen hätten, aber keine Antwort erhalten. Gleichzeitig zeigt sich Russland bereit, den Waffenstillstand um 3 Tage zu verlängern, setzt aber darauf, dass das Pentagon, so der russische Generalleutnant Viktor Poznikhir, "drastische Maßnahmen ergreift, um die von ihm kontrollierten Milizen zur strikten Einhaltung des Waffenstillstands zu bringen". Angeblich sollen nun russische Bodentruppen Stellungen an der strategisch wichtigen Straße bezogen haben.
Kompliziert wird die Lage auch durch die türkischen Soldaten und die mit diesen kooperierenden Rebellen, die die Türkei als gemäßigte Opposition der FSA bezeichnet, zu der aber auch islamistische Gruppen und von diesen übergelaufene Kämpfer gehören sollen. Nach der Annäherung zwischen der Türkei und Russland, die allerdings über die Frage, welche Rebellen Terroristen sind, keine Einigung erzielt haben, haben auch die USA wieder den Anschluss an die Türkei gesucht und deren Invasion in Syrien unterstützt, obgleich die türkischen Truppen und ihre verbündeten Milizen die mit den USA kooperierenden kurdischen Milizen der YPG bzw. der SDF angreifen.
Gestern berichtete das Wall Street Journal, dass in Nordsyrien an der türkischen Grenze 40 Soldaten von US-Spezialeinheiten mit türkischen Soldaten und Rebellen gemeinsam gegen den IS kämpfen würden. Bislang haben die bis zu 300 in Syrien eingesetzten US-Soldaten die kurdischen Milizen unterstützt. Ziel der gemeinsamen Mission scheint die Stadt Dabiq zu sein, ein symbolischer Ort für den apokalyptisch orientierten IS. Dabiq heißt auch das an die internationale Öffentlichkeit orientierte Magain des IS. Jetzt seien die US-Soldaten, die wie sonst auch "beraten und unterstützen" sollen, in Jarablus und Al-Rai.
Nach Berichten könnten die US-Truppen bei dieser Mission aber in Schwierigkeiten gekommen sein. Angeblich mussten sie aus der Stadt al-Rai fliehen, in die sie mit den türkischen Soldaten vorgedrungen waren. Die mit den Türken verbundenen Rebellen der FSA hätten aber dann gedroht, wie sich auch aus einem Video erkennen lässt, die Amerikaner, die als "Schweine", "Kreuzzügler" oder "Ungläubige" beschimpft wurden, zu "schlachten", weil sie Syrien besetzen wollen. Ein anderer erklärt, man sei nicht bereit, mit den Amerikanern zu kämpfen. In dem Video hört man die aufgebrachten Kämpfer und sieht in einem anderen Video, dass angeblich US-Soldaten in Fahrzeugen, begleitet von türkischen Panzern, schnell al-Rai verlassen. Kämpfer von Ahrar Al-Sharqiya und von anderen Rebellen verkündeten, sie hätten die Kooperation mit der türkischen Operation Euphrates Shield beendet, weil die USA mit der YPG verbunden sei.
Belegt wird mit dem Video, dass US-Soldaten die türkische Armee bei der Operation "Euphrates Shield" unterstützen, die möglicherweise gegen den IS kämpft, vor allem gegen die kurdischen Milizen. Gut möglich, dass nun US-Soldaten zwischen den von der Türkei unterstützten Rebellen und den Kurden geraten, was auch heißen könnte, dass das Band zwischen dem türkischen Militär und den Rebellen durch die Kooperation mit den USA bricht, während US-Soldaten womöglich in Kämpfe mit ihren früheren Verbündeten geraten könnten.