US-Verteidigungsministerium kauft Satellitenbilder von Afghanistan

Möglicherweise will man durch die Exklusivrechte an den Ikonos-Bildern verhindern, dass Medien Bilder von Bombenschäden verbreiten können

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Offenbar kauft das amerikanische Verteidigungsministerium Bilder des von der Firma Space Imaging seit 1999 betriebenen Satelliten Ikonos auf, die dieser von Afganistan bzw. vom militärischen Operationsgebiet von "Enduring Freedom" macht. Im Prinzip könnte Ikonos Bilder in Echtzeit liefern.

Das US-Militär zeigt nur Bilder von geglückten Bombardierungen ohne menschliche Opfer

Nach Auskunft von Space Imaging wurde am 7. Oktober, dem Beginn der Bombenangriffe auf Afghanistan, ein Vertrag mit dem Pentagon über die exklusiven Rechte an den Satellitenbildern geschlossen. Der Preis, den das Unternehmen dafür verlangt, wurde nicht bekannt gegeben, aber er soll mehrere Millionen Dollar betragen. Während Space Imaging so die Bilder nicht mehr an andere Interessierte verkaufen kann, verhindert das US-Militär damit, dass unerwünschte Bilder, die Ikonos vom Kampfegebiet macht, an die Öffentlichkeit gelangen können.

Die Bilder des Satelliten haben eine Auflösung von bis zu einem Meter. Welche Auflösung die Bilder der militärischen Satelliten erreichen können, ist nicht bekannt. Steven Aftergood von der Federation of American Scientists (FAS) vermutet, dass die Bilder eine Auflösung von bis zu 10 cm haben können. Mindestens sechs Spionagesatelliten der USA können Bilder von Afghanistan liefern, erst am 12. Oktober wurde vom National Reconnaissance Office ein neuer Spionagesatellit in die Umlaufbahn gebracht. Am 5. Oktober sowie am 9. September waren bereits neue militärische Satelliten gestartet worden.

Ob der Kauf der Satellitenbilder die Informationen der militärischen Satelliten ergänzen soll, darf bezweifelt werden. Aftergood meint allerdings, die Ikonos könnte gewissermaßen als Sicherheitssatelliten fungieren und Bilder mit geringerer Auflösung liefern, die auch für den Überblick nötig seien. Dadurch könnten die anderen Satelliten entlastet werden.

Eher steht zu vermuten, dass das US-Verteidigungsministerium kontrollieren will, welche Bilder an die Öffentlichkeit gelangen. Medien könnten beispielsweise hoch aufgelöste Bilder kaufen, die durch die US-Bomben bewirkten Schäden zeigen. Jetzt hat das US-Militär dafür ein Monopol. Mit einer Auflösung von einem Meter ließen sich auch noch getötete Menschen erkennen.

Amerikanische Satellitenbetreiber müssen ein Logfile aller Bilder machen, die aufgenommen wurden, eine Liste der Kunden führen und die Kameras ausschalten, wenn dies für die nationale Sicherheit erforderlich ist. Für Anbieter von Satellitenbildern in anderen Staaten gilt diese Vorschrift natürlich nicht. Da das US-Militär nicht auf das Mittel des Verbots rekurriert ist, sondern das Problem mit Geld zu lösen sucht, dürfte vermutlich der Grund dafür auch nicht einzig darin liegen, dass das Taliban-Regime darüber Kenntnisse über militärische Stellungen oder Ziele erhalten könnte, es sei denn, die Maßnahme soll bereits im Vorgriff die Manöver einer möglichen Bodenoffensive schützen.

Viel wahrscheinlicher ist. dass das US-Militär eben die Kontrolle über die genauen Satelitenbilder behalten will und so nur diejeneigen den Medien und der Öffentlichkeit präsentieren kann, die erwünscht sind. Auch wenn das Militär bereits mehrmals den Tod von Zivilisten und den Beschuss von zivilen Gebäuden einräumen musste, könnten Medien mit den Satellitenbildern schnell noch nach weiterer Opfer oder Schädigungen suchen. Überdies, so John Pike von Global Security gegenüber dem Guardian, hätte es möglich sein können, wenn ein Verbot ergangen wäre, dass Nachrichtenmedien eine Klage gegen die Regierung wegen Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit eingereicht hätten. Der taktisch bessere Weg ist sicherlich der Erwerb der exklusiven Rechte, also ein ganz wirtschaftlicher Vorgang.

Der Guardian jedenfalls behauptet, dass der Vertrag mit Space Imaging am letzten Donnerstag rückwirkend an dem 7. Oktober abgeschlossen wurde, nachdem Berichte über das angeblich von US-Bomben zerstörte Dorf Karam in der Nähe von Dschalabad bekannt wurden (Kopfgeld für US-Soldaten - Bin Ladins Netzwerk nach Bush zerschlagen). Hier sollen über 200 Menschen getötet worden sein. Das Taliban-Regime hatte in einer Propaganda-Offensive westliche Journalisten eingeladen, die Zerstörungen zu besichtigen. Ob die Schäden tatsächlich durch US-Bomben hervorgerufen wurden, wollte und konnte keiner der Journalisten bestätigen.

Morgen soll der Start eines weiteren Satelliten, dessen Kamera hochauflösende Bilder machen kann, stattfinden. QuickBird von DigitalGlobe setzt mit einer Aufklösung von einem halben Meter neue Maßstäbe für kommerzielle Satellitenbilder. Schon im Vorfeld hatte Chuck Herring von DigitalGlobe gesagt, dass die US-Regierung die kommerziellen Bilder in Ergänzung zu denen der militärischen Satelliten benutzen werde. Hingegen ist der Start des Satelliten OrbView-4 der Firma OrbImage am 21. September missglückt. Die Kamera dieses Satelliten hätte SW-Bilder mit einer Auflösung von einem Meter und Farbbilder mit einer Auflösung von vier Metern geliefert.