USA: Aber sowas von "zurück"
Transatlantische Euphorie: US-Präsident Biden bei "Special Edition" der Münchner Sicherheitskonferenz für rüstungs- und militärfreundliche Rede gelobt
Als "Oase der Ehrlichkeit" bezeichnete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in seinem Grußwort am Freitagnachmittag die Münchner Sicherheitskonferenz, auf der "immer wieder Klartext geredet" werde. Er selbst sei seit seiner frühesten Jugend "transatlantisch geprägt", sagte Söder zu Beginn der digitalen "Special Edition" der Konferenz, die zu einem späteren Zeitpunkt dieses Jahres als Präsenzveranstaltung nachgeholt werden soll. Sowohl Söder als auch Konferenzchef Wolfgang Ischinger waren merklich stolz auf die Teilnahme von US-Präsident Joe Biden an der Veranstaltung, da bisher kein amtierender US-Präsident zur alljährlichen Münchner Sicherheitskonferenz angereist war, seit sie 1963 unter dem Namen Wehrkundetagung erstmals stattgefunden hatte.
Vor Biden kamen allerdings UN-Generalsekretär António Guterres, der US-Unternehmer Bill Gates und der Chef der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhamon Ghebreyesus zu Wort. Alle drei sprachen von Herausforderungen, die nicht militärisch zu lösen sind - was im Kontrast zu den Interessen wichtiger Sponsoren der Konferenz steht, denn hierzu gehören Rüstungskonzerne wie Rheinmetall, Raytheon und Lockheed Martin.
Zivile Herausforderungen
Guterres sprach sich erneut für eine globale Waffenruhe zugunsten der gemeinsamen Bekämpfung der Covid-19-Pandemie aus und warnte die Industriestaaten vor neuen Virusmutationen, die auch zu ihnen kommen könnten, wenn die Bevölkerungen armer Länder nicht bald Zugang zu Impfstoffen bekämen. Außerdem forderte der UN-Generalsekretär ein Verbot für "tödliche autonome Waffen". Solche stellt beispielsweise Rheinmetall her und wirbt offen damit, dass Soldaten durch künstliche Intelligenz und Robotik auch "dreckige" Aufgaben abgenommen werden.
Partner der Münchner Sicherheitskonferenz ist neben der Bundesregierung unter anderem die Bill & Melinda Gates Foundation. Deren Ko-Vorsitzender warnte in seiner Ansprache sowohl vor gefährlichen Infektionskrankheiten und Pandemien - die allerdings durch Impfungen beendet werden könnten - als auch vor den Auswirkungen des menschengemachten Klimawandel, die nicht so einfach zu beseitigen seien.
WHO-Chef Ghebreyesus beschwor den Zusammenhalt der Weltgemeinschaft in Zeiten der aktuellen Pandemie: "Das Virus ist ein gemeinsamer Feind und es breitet sich aus, wenn wir nicht zusammenarbeiten", betonte er.
US-Truppen bleiben
Biden zeigte sich von all dem weitgehend unbeeindruckt. In in seiner Rede erklärte er nach einem herzhaften "America is back", er begrüße es, dass Europa jetzt "mehr in seine militärischen Fähigkeiten" investiere. "Sie, unsere Bündnispartner sind zusammen mit uns in den Kampf gezogen", sagte Biden mit Blick auf den "Krieg gegen den Terror", der nach den Anschlägen von New York am 11. September 2001 der damalige US-Präsident George W. Bush ausgerufen hatte. Den damals begonnenen Nato-Krieg in Afghanistan wolle er "zu Ende bringen"; den Abzug von US-Truppen aus Deutschland werde er aufhalten, denn die USA seien "fest entschlossen", sich gemeinsam mit Europa zu engagieren.
Bereits Anfang Februar hatte Biden klargestellt, dass der von seinem Amtsvorgänger Donald Trump angekündigte Abzug von 12.000 US-Soldaten aus Deutschland vorerst nicht stattfinde - bis zum Abschluss einer gründlichen Überprüfung des Vorhabens.
In Sachen Außen- und Geopolitik scheint es demnach keine entscheidende Rolle zu spielen, dass Trump wie Bush auf dem Ticket der Republikaner ins weiße Haus eingezogen war und Biden auf dem Ticket der Demokraten. Und wie Trumps "America first" bezog sich Bidens "America ist back" - "Amerika ist zurück" - natürlich auch nur auf die USA.
Nach dem frisch gebackenen US-Präsidenten sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und versicherte: "Deutschland steht für ein neues Kapitel der transatlantischen Partnerschaft bereit." Sie bot der Biden-Administration mehr Engagement - auch militärisch - an und bekannte sich klar zu dem Nato-Ziel, dass die Mitgliedsstaaten bis 2024 ihre Rüstungsausgaben auf jeweils zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts erhöhen sollen. Eine gemeinsame transatlantische Strategie sei erforderlich, weil Russland immer wieder Mitgliedsstaaten der EU in "hybride Auseinandersetzungen" verwickle, betonte Merkel. Nötig sei auch eine "gemeinsame Agenda gegenüber China": Das 1,4-Milliarden-Einwohner-Land sei einerseits "systemischer Wettbewerber", werde aber auch zur gemeinsamen Lösung globaler Probleme gebraucht, so die Kanzlerin.
Einen Dialog mit Russland bezeichnete anschließend Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron als "unerlässlich, damit wir in Frieden leben können". Andere Töne schlug EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) an, die mit Blick auf die Biden-Rede zunächst betonte, die USA seien wirklich zurück. Es gehe nun darum, wieder "Schulter an Schulter" zu agieren, zumal Russland immer widersprüchlicher werde und gegen internationale Regeln verstoße.
Nato verspricht emissionsarme Kriegsführung
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gebrauchte in seiner Ansprache mehrfach das Wort "Resilienz" - gemeint ist die Anpassungsfähigkeit an krisenhafte Verhältnisse - und betonte, das Militärbündnis wolle auch zum Klimaschutz beitragen, indem es die Emissionen seiner Streitkräfte reduziere. Lacher gab es dafür nicht im Aufnahmestudio, wo Ischinger und ARD-Auslandskorrespondentin Natalie Amiri bluternst durch die Veranstaltung führten, aber möglicherweise bei einigen Zuschauern, die sie live auf den Portalen des Bayerischen Rundfunks oder beim Sender Phoenix verfolgten.
Großbritanniens Premier Boris Johnson wurde als letzter Redner zugeschaltet, was aber seine gute Laune nicht zu dämpfen schien: "Amerika ist uneingeschränkt zurück als der Anführer der freien Welt", sagte er. "Das ist eine fantastische Sache!"
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