USA: Bürgerkrieg 2.0

Seite 2: Der weiße Suprematismus: Ein Elitenprojekt der Nordstaaten

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Der weiße Suprematismus war zudem eindeutig ein Elitenprojekt der Nordstaaten. Eugenische und rassistische Vorstellungen wurden als seriöse "Wissenschaft" an den Ivy League-Universitäten, jenen führenden privaten Universitäten wie Yale, Harvard oder Columbia behandelt, geforscht und gelehrt.

Die US-Bundesregierung initiierte gemeinsam mit den "philanthropischen" Stiftungen Rockefeller, Carnegie oder Harriman sowie mit den Elite-Universitäten ein Rassenaufartungsprogramm (Race Betterment Program), das 1914 vorlag. Demzufolge sollten bis zum Jahre 1985 45 Millionen "minderwertige" (inferior) Menschen daran gehindert werden, sich fortzupflanzen - durch Sterilisation oder lebenslange Internierung in Lagern.

Es waren auch nicht in erster Linie wirrköpfige, isolierte Südstaatler, die Homophobie, Weiße Suprematie oder Judenhass predigten. Es waren vielmehr die mächtigsten Wissenschaftsfunktionäre aus den prosperierenden US-Nordstaaten wie z.B. Murray Butler, der langjährige Präsident der New Yorker Columbia Universität, die Mussolini priesen und nur auserwählte weiße Männer für befähigt hielten, die Geschicke des Landes zu führen.

"Aufnordung"

Dem Rassisten und Umweltschützer Madison Grant "verdanken" wir den Begriff des Nordisizing, in Deutschland übernommen als "Aufnordung": Es genüge nicht, ein Gebiet zu erobern. Man müsse auch dessen indigene Bevölkerung auslöschen und an seine Stelle reinrassige "Nordics" züchten, zur Genesung der weißen Rasse. Sein Kollege Lothrop Stoddard prägte den Begriff des "Underman", des Untermenschen. Der Autobauer Henry Ford schließlich sah im "Internationalen Juden" eine Art bakterielle Infektion, die den Körper der weißen Gesellschaften zu infizieren versuchte.

Und das waren keine Auswüchse, die sich spätestens nach der Niederschlagung des Hitler-Faschismus auch in den USA verbeten hätten. US-Senatoren kritisierten, dass in den Nürnberger Prozessen "eine bestimmte Rasse" schon wieder Rache an den Weißen üben wolle. Die Geringschätzung der Afroamerikaner wiederum manifestierte sich in den infamen Tuskegee-Experimenten.

Über vier Jahrzehnte wurden in einer Kohortenstudie die Folgen der Syphilis erforscht. Die 700 Testpersonen waren ausschließlich Afroamerikaner. Um diese Studie nicht vorzeitig abbrechen zu müssen, wurde den Probanden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mitgeteilt, dass nunmehr Penicillin ihre Syphilis heilen könnte. Die Testpersonen verstarben elend an der Syphilis.

Ein Problem der gesamten Gesellschaft

Um einer ehrlichen Auseinandersetzung mit den Übeln: Rassismus, Homophobie und Sexismus näher zu kommen, stände es den USA gut an, ehrlich einzugestehen, dass die oben genannten Übel ein Problem der gesamten Gesellschaft der USA darstellen, die man nicht auf eine relativ wehrlose Verlierergruppe wie "die Südstaaten" projizieren darf.

Zum anderen gehört zu einer ehrlichen Bewältigungskultur, dass man umstrittene Denkmäler auch für kommende Generationen erhält. Und unbequeme Fragen, die sich aus der Betrachtung dieser Denkmäler ergeben, nicht durch deren Nichtvorhandensein sozusagen im Voraus vermeidet.

Wie das geht, zeigt sich am Kyffhäuser-Monument an der Grenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt. Ein widerwärtiges Dokument germanischen Größenwahns, ausgebrütet vom Lobbyverein der Rüstungsindustrie im deutschen Kaiserreich, dem Alldeutschen Verband. Unten schläft Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Sein Bart ist schon durch den Tisch gewachsen. Und darüber, sozusagen als Erfüllung des Mythos, dass der deutsche Kaiser erstarkt wieder aufersteht, steht Kaiser Wilhelm I. auf einem Berg von unterworfenen Völkern.

Das Monument wurde nicht abgerissen. Vielmehr wurde schon zu DDR-Zeiten im Foyer eine Ausstellung über die Opfer des alldeutschen Herrenwahns installiert. In genau diesem Sinn spricht sich auch der amerikanische Philosophieprofessor Gary Shapiro für eine Erhaltung der Südstaatenmonumente aus.

Indes besteht wenig Hoffnung auf eine heilende Selbsterkenntnis der US-Gesellschaft. Die USA ist zerfallen in egoistische Gruppen, es gibt kein einigendes Band. Den ratlosen Eliten bietet sich in einer solchen Situation eine Schnelltherapie gegen galoppierende Desintegration an: Die Ausrufung eines Krieges könnte die verfeindeten Gruppen wieder um ihren Präsidenten scharen.

* Zitiert nach Gerd Raeithel, Geschichte der Nordamerikanischen Kultur. Band2: Vom Bürgerkrieg bis zum New Deal 1860-1930. Weinheim 1988. S.6.

Hermann Ploppa ist der Autor des Buches "Hitlers amerikanische Lehrer - Die Eliten der USA als Geburtshelfer des Nationalsozialismus" Marburg 2016