USA: Chemikaliensicherheit für das 21. Jahrhundert

Seite 3: Folgen für Chemikalien auf dem Markt in 35 Jahren erwartet

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Der Kongress hatte die EPA angewiesen, innerhalb einer Gruppe von vorausgewählten 90 Verbindungen mit der Risikobewertung von zehn Stoffen zu beginnen und die Anzahl in den nächsten Jahren zu erhöhen. Ende November 2016 hat die EPA eine Liste der ersten zehn zu bewertenden Stoffe veröffentlicht:

  • 1,4-Dioxan
  • 1-Bromopropan
  • Asbest
  • Tetrachlorkohlenstoff
  • Zyklische aliphatische Bromide (z.B. HBCD (Hexabromcyclododecan))
  • Methylenchlorid
  • N-Methylpyrrolidon
  • Pigment Violet 29
  • Tetrachloroethylen
  • Trichloroethylen

Mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Liste im Federal Register verbleiben drei Jahre, um die Risikobewertung abzuschließen. Wird ein unverhältnismäßiges Risiko festgestellt, hat die EPA zwei weitere Jahre zur Schadensminimierung.

Die Aufgabe der Risikobewertung der kommerziell genutzten Zehntausenden von Chemikalien ist gewaltig und kann lange dauern. Begrenzungen und Verbote lassen sich erst Jahre nach Vollendung der Bewertungen durchsetzen. Es wird schätzungsweise 35 Jahre dauern, bis das neue Gesetz umfassende Folgen für die heute am Markt befindlichen Chemikalien haben wird.

Pigment Violet 29, Perylen-Pigment und Küpenfarbstoff. Bild: Bernd Schröder

EPA bereitet schnelle Aktionen an ausgewählten PBT-Stoffen vor

Das neue Gesetz fordert von der EPA auch ein zügiges Handeln gegenüber vermuteten PBT-Stoffen – Verbindungen, die persistent in der Umwelt sind, außerdem bioakkumulierend und toxisch. Die vollständige Risikobewertung soll hierbei übersprungen, stattdessen gleich eine Expositionsminderung auf den Weg gebracht werden - "in praktikablem Ausmaß". Dazu wurden im Oktober 2016 die ersten fünf Substanzen ausgewählt:

  • DecaBDE
  • Hexachlorbuta-1,3-dien
  • Pentachlorthiophenol
  • Tris(4-isopropylphenyl)phosphat
  • 2,4,6-Tri-tert-butylphenol

Im Sommer 2019 wird mit einem Plan für das Risikomanagement der ausgewählten Substanzen gerechnet, der innerhalb von 18 Monaten umgesetzt werden soll.

"Devastatingly unique": Iso E Super

Zwei strukturell einander ähnliche Riechstoff-Bestandteile, die ebenfalls als mögliche PBT-Substanzen in Betracht kommen, wurden von dieser "Schnellbehandlung" ausgeklammert. Ein Hersteller hat von der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und anstelle des Schnellverfahrens der EPA eine vollständige Risikobewertung verlangt – die kann dauern. Beobachter sehen hier die Industrie bei der Ausnutzung einer Lücke im neuen Gesetz. Der Fakt, dass der Antragssteller die Hälfte der Kosten der Bewertung der Substanz beisteuern muss, mache deutlich, dass man dort auch weiterhin an ihrer Nutzung festhalten will.

Iso E Super. Bild: Bernd Schröder

Bei einer der beiden Substanzen handelt es sich um Iso E Super, das auch unter anderen Handelsnamen bekannt ist. 1975 von International Flavors and Fragrances patentiert, wird Iso E Super als Riechstoff unter anderem in Parfümen, Seifen, Shampoos und Deodorants eingesetzt. Für aquatische Organismen ist es toxisch.

Weil die Verbindung im Verdacht steht, PBT-Stoff, krebserregend, mutagen, die Fortpflanzung nachteilig beeinflussend und endokrin aktiv sein zu können, wurde sie bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA im fortlaufenden Aktionsplan der EU (CoRAP) zur Bewertung aufgenommen.

In zahlreichen Parfümblogs stehen naturgemäß vor allem olfaktorische Merkmale im Vordergrund des Interesses: von leichten Sandel- und Zedernholznoten ist die Rede, und je nach Connaisseur irgendwo zwischen samtartig und Leichenschauhausluft angesiedelt, bietet der Geruch von Iso E Super gleich eine ganze Palette an Sinneseindrücken, bis hin zu dem der spektakulären Nicht-Existenz überhaupt irgendeiner Duftnote. Über die Wirkung als Pheromon streiten die Experten noch. Die Substanz ist mittlerweile in vielen Parfüms zu finden – auf die Spitze getrieben in "Molecule 01", dessen Riechstoffanteil ausschließlich aus Iso E Super besteht.