USA: China ist das neue Russland

Chinesische Anzeigen im Des Moines Register

Präsident Trump wirf Peking Wahlkampfeinmischung vor, weil in US-Zeitungen ganzseitige Werbeanzeigen gegen seine Handelspolitik geschaltet werden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am Dienstag hatte US-Präsident Donald Trump dem persönlich anwesenden chinesischen Außenminister in seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat vorgeworfen, sich in die am 6. November bevorstehenden amerikanischen Halbzeitwahlen einzumischen - und zwar zu seinen Lasten. "Die Chinesen", so Trump dazu wörtlich, "wollen nicht, dass wir [die Republikaner] gewinnen, weil ich der erste Präsident bin, der China jemals in Sachen Handel herausgefordert hat."1

Als Beleg für den Vorwurf einer chinesischen Wahlkampfeinmischung twitterte Trump gestern ganzseitige Anzeigen aus US-Zeitungen wie dem Des Moines Register aus Iowa, in denen China Daily die Handelspolitik des US-Präsidenten kritisiert. Wegen der im Vergleich zu Supermarktwerbung eher nüchternen Gestaltung dieser Anzeigen wirft er ihren Auftraggebern vor, "Propaganda" als "Nachrichten" verkleidet zu habe. Trumps Sicherheitsberater John Bolton hatte bereits am 12. September von einer "Beobachtung" chinesischer Aktivitäten zum Wahlkampf gesprochen, worauf hin manche US-Medien von "Cyberangriffen" ausgingen.

Der chinesische Außenminister Wang Yi wies Trumps Vorwürfe gestern als "unberechtigt" zurück. "China", so Yi, habe "das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Länder immer befolgt" und werde sich auch in Zukunft "nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen".

Auch deutsche Politiker mischten sich in US-Wahlkampf ein

Offene Werbeaktivitäten ausländischer Akteure sind in den USA kein Novum. Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 machte der deutsche SPD-Politiker Ralf Stegner beispielsweise in Cleveland Haustürwahlkampf für Hillary Clinton. Anstatt von Einmischungsvorwürfen erzeugte er damit allerdings eher Spott - vor allem in seiner Heimat, wo sein Image als Antipathieträger jüngst dafür sorgte, dass sich die CSU-Politikerin Dorothe Bär öffentlich für seine Ankündigung bedankte, SPD-Wahlkampf in Bayern zu machen. Als etwas dezentere (aber vielleicht wirksamere) Einmischung als die Stegners kann man die Großspende sehen, die das SPD-geführte deutsche Umweltministerium damals der Clinton Foundation zukommen ließ.

Dass Trumps Vorwurf einer chinesischen Wahlkampfeinmischung in den USA auf ein relativ großes Medienecho stößt, liegt auch daran, dass die Demokraten und viele Mainstream-Medien in den letzten beiden Jahren entsprechende Vorwürfe gegen Russland exzessiv gegen Trump einsetzten. Das Aufmerksamkeitskatapult, das sie damit errichteten, kann der Präsident nun für sich selbst nutzen, wenn er verlautbart, er werde "eine chinesische Einmischung in den US-Wahlkampf ebenso wenig zulassen wie eine russische".

Spionageaffäre

Der Grund, dass die Chinesen gerade in Zeitungen aus Agrarregionen wie Iowa werben, dürfte sein, dass hier Wähler wohnen, für die Trumps Handelspoker das größte Risiko darstellt: Farmer, die von chinesischen Gegenzöllen am stärksten betroffen sind, weil 14 der insgesamt 22 Milliarden Dollar, die sie im letzten Jahr mit Soja machten, aus China kamen. Diesem Unmut will die Trump-Administration kurzfristig mit staatlichen Finanzhilfen (vgl. Fleisch- und Käseberge wachsen in den USA wegen Handelskrieg) und mittelfristig mit mehr Soja-Exporten nach Europa abhelfen (vgl. Juncker erkauft vorläufigen US-Verzicht auf Autozölle). Langfristig verspricht Trump den Farmern, sie würden "ein Vermögen machen", wenn die Auseinandersetzung vorbei sind.

Außer durch die Wahlkampfeinmischungsvorwürfe und den Handelsstreit wurde das Verhältnis zwischen den USA und China in den letzten Tagen durch neue Spionagevorwürfe belastet: Am Dienstag verhaftete die Polizei in Chicago den 2013 eingereisten 27-jährigen chinesischen Staatsangehörigen Ji C., der beschuldigt wird, im Auftrag des chinesischen Geheimdienstes versucht zu haben, chinesischstämmige Ingenieure und Wissenschaftler anzuwerben, die im Rüstungsbereich tätig sind. Dazu schickte er Berichte in seine Heimat, für die ihm nun bis zu zehn Jahre Haft drohen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.