USA: Elfjähriger soll seine Großmutter aus "Bockigkeit" erschossen haben

Bild: torange.biz/CC BY-SA-4.0

Nach der Tat soll er sich selbst getötet haben. Die Geschichte schreckte deswegen auf, weil die Gewalt nicht von außen durch Ausländer geschah, wie im Wahlkampf propagiert, sondern weil das Böse wieder einmal mitten in der Gesellschaft aufbrach

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Es ist eine Nachricht, die sich schnell in allen amerikanischen und internationalen Medien verbreitete. Schließlich ist innerfamiliäre Gewalt höher als die gerade in den USA von Trump - oder in Deutschland von der AfD - beschworene Gewalt durch illegale Einwanderer. Aber das lässt sich politisch im Wahlkampf kaum ausschlachten, ohne potentielle Wähler abzuschrecken.

Aber Medien sehen dennoch offenbar, dass die Meldung Aufmerksamkeit erzeugt - und vermutlich Angst verbreitet. Müssen jetzt Großeltern und Eltern vor ihren Enkeln oder Kindern Angst haben, wenn sie diese zu etwas auffordern, was sie nicht machen wollen? Ist man zu aufdringlich, kommen die Kinder, holen sich die Schusswaffen, die man im Haus hat, um Eindringlinge abzuwehren, und töten. Gleichwohl spiegelt das Ereignis den Gewaltpegel, der im Land herrscht. Überall kann die Gewalt ausbrechen, noch dazu in einer Gesellschaft, die in Schusswaffen schwimmt.

In dem Fall hat eine 65-jährige Großmutter in einem Ort bei Phoenix, Arizona, offenbar ihren Enkel am vergangenen Samstag damit belästigt, dass sie ihn mehrmals aufgefordert hatte aufzuräumen. Das ging dem Jungen offenbar gegen den Strich - die Polizei schreibt, er sei "bockig" gewesen - , so dass er sich um 17 Uhr eine Schusswaffe, die seinem Großvater gehört und an die er problemlos herankam, nahm und die Großmutter von hinten erschoss, als sie vor dem Fernsehgerät saß. Das klingt weniger nach einer verzweifelten Tat, der Junge scheint nicht die Beherrschung verloren zu haben und ausgerastet zu sein, er holte sich erst einmal die Schusswaffe und exekutierte seine Großmutter cool.

Ganz allein aus Wut kann man sich die Tat wohl auch nicht erklären, denn nach dem tödlichen Schuss auf seine Oma richtete der Junge die Schusswaffe gegen sich und tötete sich selbst. Ob er das tat, um einer Bestrafung zu entgehen oder weil er sich schämte oder ob es sich von vorneherein aus Frust oder Verzweiflung um einen erweiterten Selbstmord handelte, wie das bei vielen der jungen Amokläufer der Fall ist, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Nach der Polizei habe es keine Hinweise vor der Tat gegeben, dass der Junge sich selbst oder anderen Schaden zufügen wollte. Nachbarn sagten, es sei eine "nette Familie" gewesen, man lebe in einer ruhigen Gegend.

Sein Großvater saß neben seiner Frau im Fernsehzimmer, hat zunächst angeblich versucht, dem Enkel nachzulaufen, sich dann aber um seine Frau gekümmert und schließlich den Schuss gehört und seinen Enkel umfallen sehen. Oder ist das nur eine Geschichte, mit der er verdecken will, dass er seinen Enkel dann selbst tötete? Oder hat gar der Großvater seine Frau und seinen Enkel getötet?

Das Böse kommt von innen

Es ist also, wie üblich, eine Tragödie, die unerwartet und unerklärlich geschieht und plötzlich das Böse im Alltag offenbart. Ganz das Gegenteil also von dem Bild, das Donald Trump und andere Rechte von den Bedrohungen malen, die stets von außen, von den Ausländern, den "Invasoren", kommen, während die heile Gesellschaft im Inneren geschützt werden muss (Trump übertrumpft sich mit apokalyptischen Beschwörungen). Während die Gewalt und das Verbrechen den Ausländern und illegalen Einwanderern mehr oder weniger als deren Wesenseigenschaft von Trump und Co. attestiert, wird die Gewalt von innen, zuletzt der Paketbombenversender oder der Massenmörder, der in einer Synagoge in Pittsburgh jüdische Gläubige erschoss, einzelnen Verrückten zugeschrieben (Pittsburgh-Attentäter: "Alle Juden müssen sterben").

Darüber muss die Gesellschaft dann ebenso wenig nachdenken wie über die leichte Verfügbarkeit von Schusswaffen. Trump hatte zur Tat in Pittsburgh erklärt, es habe halt eine bewaffnete Wache gefehlt. Dann wären weniger Menschen oder nur der Täter gestorben. Bei einem Elfjährigen lässt sich so nicht argumentieren - oder müsste sich nach Trumps Logik jedes Familienmitglied auch bewaffnen, um sich bei einem Angriff eines anderen zur Wehr setzen zu können?

In Arizona ist Selbstmord die häufigste Todesursache bei den 10-14-Jährigen. In den USA leben Millionen von Kindern in Haushalten, in denen sich mindestens eine geladene und entsicherte Schusswaffe befindet. Man muss ja schnell reagieren können. Die meisten Kinder wissen, wo sich die Schusswaffen befinden. Es kommt häufig zu unbeabsichtigten Schussverletzungen oder Tötungen durch Minderjährige, aber oft werden die Schusswaffen auch zum Begehen von Selbstmord oder für Gewalttaten wie Amokläufen gebraucht. In Arizona wird gesetzlich nicht verlangt, dass Schusswaffen sicher aufbewahrt werden müssen. Erziehungsberechtigte sind nur dann mit verantwortlich, wenn sie wissen, dass der Minderjährige ohne Begleitung eines Erwachsenen eine Schusswaffe trägt oder besitzt.

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