USA: Kampf um Frühwähler

Wahlbeginn in den US-Bundesstaaten. Blau: Briefwahl und Vor-Ort-Frühwahl. Lila: Nur Vor-Ort-Frühwahl. Grün: Frühwahl nur als Briefwahl. Grau: Wahl nur am 8. November. Karte: J. Winton. Lizenz: CC BY-SA 2.5

In Ohio und mehreren anderen Bundesstaaten können Bürger ihre Stimme bereits im September oder Oktober abgeben - neue Clinton-E-Mails aufgetaucht

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Die Präsidentschaftswahl in den USA endet am 8. November - beginnt aber in über 30 der insgesamt 50 Bundesstaaten bereits früher: In Minnesota und South Dakota können die Wähler ihre Stimme bereits in einem Monat abgeben, am 23. September. In Iowa und Ilinois wird ab Ende September gewählt und in Ohio und Arizona ab 12. Oktober.

Die Möglichkeiten zum entzerrten Wählen ohne Warteschlangen, die diese Bundesstaaten bieten, nehmen immer mehr Amerikaner wahr: Ihr Anteil stieg in den letzten drei Präsidentschaftswahlen von 20 über 29,7 auf 32 Prozent. 2016 erwartet der Meinungsforscher Neil Newhouse, dass er bis zu 40 Prozent erreichen könnte. Das liegt auch daran, dass vor allem Unterstützer der Demokratischen Partei versuchen, möglichst viele Anhänger zum Frühwählen zu bewegen: Unter dem Slogan Souls to the Polls transportiert man sogar Kirchgänger direkt nach dem Sonntagsgottesdienst mit Bussen zu den Wahlurnen.

Frühwähler haben für Clinton - aber auch für Trump - den potenziellen Vorteil, dass sie zwar noch ihre Meinung, aber nicht mehr ihre Entscheidung ändern können, wenn der von ihnen gewählte Kandidat im Zeitraum zwischen der Stimmabgabe und dem 8. November Negativschlagzeilen macht. Bei Clinton könnte das beispielsweise im Zusammenhang mit ihrer E-Mail-Affäre geschehen, wenn einige der etwa 32.000 gelöschten Nachrichten auftauchen, wie dies gestern mit 14.900 geschah.

Die Dokumente, deren Auswertung mindestens bis Ende September dauern wird, sollen unter anderem zeigen, dass der Kronprinz von Bahrain im Mai 2009 einen vorher abgelehnten Termin bei der damaligen US-Außenministerin erhielt, nachdem er eine größere Summe an ihre Familienstiftung spendete. Auch andere Spenden von Ölscheichtümern und Unternehmen sowie Clintons nicht veröffentlichten (aber sehr fürstlich bezahlten) Reden vor Banken bergen ein gewisses Skandalpotenzial.

Derzeit macht der Wahlkampf allerdings eher den Eindruck, als ob Clintons Gegner ihr Pulver bereits weitgehend verschossen haben, weil die Kandidatin mit eher schwach untermauerten Spekulationen über mögliche gesundheitliche Probleme attackiert wird, über die sich der Reality-TV-Arzt Drew Pinsky auf Breitbart öffentlich "besorgt" zeigt. Möglich ist jedoch auch, dass man sich Munition für die Fernsehdebatten aufspart, die am 26. September (also drei Tage nach dem Wahlbeginn in Minnesota und South Dakota), am 9. Oktober und am 19. Oktober stattfinden.

Entscheidungsstaat Ohio

Unter den Frühwahlstaaten kommt Ohio besondere Bedeutung zu: Der Bundesstaat zählt zu den "Swing States", den Bundesstaaten mit wechselnden Mehrheiten, die die Wahl entscheiden. Außerdem liegt er im "Rust Belt", dem Rostgürtel, in dem sich früher Amerikas Industrie konzentrierte und der nach der Verlagerung von Produktionskapazitäten nach Asien und Mexiko unter Arbeitslosigkeit, Armut und Abwanderung leidet. Dass es der Arbeiterschaft in diesen Rust-Belt-Bundesstaaten heute vielfach schlechter geht als in den 1980er Jahren, liegt unter anderem an Freihandelsabkommen wie NAFTA: Sie sorgten dafür, dass Zölle für Importe aus dem Ausland fielen und dass US-Unternehmen ihre Produktion in großem Maßstab ins Ausland verlagern konnten.

Um diese Arbeiterschaft wirbt Trump offensiv indem er beispielsweise twittert: "Clinton betrog die Leute, die für Bernie stimmten. [Ihr Vizepräsidentschaftskandidat Tim] Kaine unterstützt [das Freihandelsabkommen] TPP und war für den Irakkrieg, die Wall Street hat ihn in der Tasche". Oder: "Es ist traurig, mit anzusehen, wie Bernie Sanders seine Revolution aufgibt. Wir heißen alle Wähler willkommen, die unser manipuliertes System reparieren und unsere Jobs zurückholen wollen". Und konkreter: "Während Bernie seinen Kampf für das Volk völlig aufgegeben hat, heißen wir alle Wähler willkommen, die eine bessere Zukunft für unsere Arbeiter wollen" [Hervorhebung TP] (vgl. Swing States neu gemischt).

Trotzdem führt in einer neuen Umfrage für Ohio nicht Trump, sondern Clinton - mit 43 zu 39 Prozent bei einer Fehlertoleranz von 4,9 Punkten. Dass das so ist, liegt auch daran, dass zehn Prozent der Wähler angeben, für den libertären Kandidaten Gary Johnson stimmen zu wollen, während die Grüne Jill Stein nur auf ein Prozent Umfrageanteil kommt.

Frühwähler haben für die Kandidaten aber noch einen weiteren Vorteil: Sie können dort über Nachwahlbefragungen besser als über Telefonumfragen ermitteln, ob sie in einzelnen Bundesstaaten uneinholbar vorne oder zurück liegen, und im Bedarfsfall Wahlkampfressourcen umschichten. Das machte der amtierende Präsident Barack Obama, als er vor vier Jahren 2012 Mittel und Wahlkämpfer aus Iowa und Nevada abzog und in anderen Staaten einsetzte, wo er nicht so deutlich führte.

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