USA: Trump kämpft mit Fake-Polizisten und echtem Justizsystem
- USA: Trump kämpft mit Fake-Polizisten und echtem Justizsystem
- Die Reaktion des schärfsten Konkurrenten, DeSantis
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Deep-Fake-Bilder, die Trumps Verhaftung zeigen, sind der jüngste Coup in einem politischen Suspense-Stück, das auf unruhige Zeiten in den USA deutet. Gegen Trump wird wegen Betrugs ermittelt. Der Ex-Präsident sieht sich als politisch Verfolgter.
Es sind spektakuläre Bilder einer Verhaftung, in ihrer Art völlig neu in der politischen Öffentlichkeit. Es ist keine Überraschung, dass sie den früheren US-Präsidenten zur Hauptfigur haben. Schon immer ging es in der Trump-Saga über Macht und Tricks um die fließenden, manchmal schwer zu erkennenden Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fake.
Mithilfe von Deep-Fake wurden Fotos von Trump angefertigt und auf Twitter eingespielt, die seine Verhaftung auf eine hollywoodeske Weise zeigen. Zu sehen ist ein wütender Trump, der von Polizisten gejagt und weggeschleppt wird.
Wer das Bildmaterial hergestellt hat, ist noch nicht heraus. Unübersehbar ist, dass die Bilderserie genau zur gegenwärtigen Politstory passt, wie sie Trump der US-amerikanischen Öffentlichkeit präsentiert.
Der Ex-Präsident, der ein Comeback versucht, steht wieder einmal unter immensen rechtlichen wie auch politischen Druck. Der kommt von seinem inoffiziellen Konkurrenten in den Vorwahlen der Republikaner zur Präsidentschaftswahl 2024, Gouverneur Ron DeSantis und durch den Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, den Demokraten Alvin L. Bragg.
Doch Trump wäre nicht er selbst, wenn er nicht einen Weg suchen würde, seine rechtlichen Schwierigkeiten zu seinem politischen Vorteil zu nutzen. Die Inspiration für dieses politische Manöver kommt ausgerechnet von den Clintons, also den erklärten Erzfeinden Trumps.
Ermittlungen wegen Betrugs
Es ist schon geraume Zeit bekannt, dass die Bezirksstaatsanwaltschaft von Manhattan, gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump wegen Buchhaltungsbetrugs im Zusammenhang mit seiner Schweigegeldzahlung in Höhe von 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels ermittelt.
Das Problem ist, dass die Zahlung zwar von Trump-Anwalt Michael D. Cohen getätigt wurde, das Geld aber von der Trump Organization stammt, die den wahren Zweck der Zahlung lange Zeit verschwieg.
Sollte ein Gericht feststellen, dass in diesem Falle der Tatbestand des Buchhaltungsbetrugs erfüllt ist, könnte Trump theoretisch eine Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren drohen. Die Verjährungsfrist für die Anklage wurde aufgrund von Trumps Zeit außerhalb des Landes und der Covid-Pandemie verlängert.
Dass es unter all den Skandalen ausgerechnet seine Affäre mit einer Pornodarstellerin sein soll, der Trump am Ende die Freiheit oder die politische Karriere kosten könnte, mutet burlesk an, hatten sich doch die Medien und damit auch die US-amerikanische Öffentlichkeit auf eine Vielzahl ganz anderer mutmaßlicher Vergehen Trumps fokussiert.
Der Präsidentschaftskandidat selbst scheint die Bedrohung durch den Justizapparat dieses Mal sehr ernst zu nehmen.
Angesichts einer wahrscheinlichen Anklage durch eine Grand Jury in Manhattan, deren Zeitpunkt jedoch unklar ist, versuchte Donald J. Trump seine Anhänger auf seine Seite zu ziehen, indem er erklärte, dass er am Dienstag dieser Woche verhaftet werden würde und zu Protesten aufrief.
Auf seiner Website Truth Social veröffentlichte Trump am Samstag eine Stellungnahme, die mit folgendem Aufruf an seine Anhängerschaft endete:
Der bei weitem führende Präsidentschaftskandidat der Republikaner und ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird am Dienstag nächster Woche verhaftet. Protestiert. Erobert unsere Nation zurück!
In der Erklärung behauptet Trump weiterhin auch, die Klage gegen ihn "auf einem alten und völlig entlarvten Märchen beruhen würde. Die Staatsanwaltschaft von Manhattan lehnte bisher eine Stellungnahme ab.
Trump als "politisches Opfer"
Während Liberale in dem Aufruf eine Drohung an den ermittelnden Staatsanwalt und einen Aufruf zu einer Wiederholung der Proteste und des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar witterten, stellten sich führende Republikaner, darunter der Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy, hinter Trump unter der Behauptung, die Ermittlungen seien politisch motiviert.
McCarthy, der in den letzten Jahren ein wechselhaftes Verhältnis zum ehemaligen Präsidenten hatte, erklärte in einem Tweet, dass er die republikanischen Ausschussvorsitzenden im Kongress anweisen werde, "sofort zu untersuchen, ob hier Bundesmittel verwendet werden, um sich so mit politisch motivierten Strafverfolgungen in Wahlen einmischen, mit dem Ziel, die Demokratie zu untergraben".
Das Trump-Wahlkampf-Team bereitet laut New York Times einen politischen Angriff gegen den Ankläger, den Demokratischen Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg aus Manhattan vor.
Die Medienkampagne soll darauf abzielen, die Anklage als Teil einer koordinierten Offensive der Demokratischen Partei gegen ihren politischen Erzfeind darzustellen. Angeblich werden sogar extra weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, deren einzige Aufgabe es sein soll, politische Angriffe gegen die Staatsanwälte durchzuführen.
Ziel der Kampagne ist es, Trump als politisch Verfolgten zu stilisieren. Zum Beispiel planen Trumps politische Strategen eine Spende des Milliardärs George Soros, an ein politisches Aktionskomitee zur landesweiten Schlagzeile zu machen. Besagtes Aktionskomitee zählt angeblich zu den direkten Unterstützern des Bezirksstaatsanwalts und Trump-Anklägers Alvin L. Bragg.
Das Narrativ, welches hier vermittelt werden soll, ist ein altgedientes, jedoch machtvolles, mit Trump im Zentrum als Opfer einer Verschwörung der Liberalen Eliten. Und da Soros in diesem Kontext von Rechten oft genug als "jüdischer Globalist" gezeichnet wird, wird die Medienkampagne mit antisemitischen Unterton ablaufen.
Die Blaupause: Clinton, 1998
Die Blaupause für die Taktik lieferte Hillary Clinton im Jahre 1998 während eines TV-Interviews. In Reaktion auf das laufende Amtsenthebungsverfahren gegen ihren Mann Bill Clinton erklärte die damalige First Lady, der Präsident sei das Opfer eines "politisch motivierten" Staatsanwalts, der mit einer "weitreichenden rechten Verschwörung" verbündet sei.
Beinahe wäre die Strategie der Clintons auch erfolgreich gewesen, jedoch erwies sich die Beweislast gegen den Demokratischen Präsidenten dank eines befleckten Kleides alsbald als erdrückend. In Trumps Fall ist kaum mit so eindeutigen physischen Beweisen zu rechnen. Außerdem müsste erst einmal neu bewiesen werden, ob die obersten Riegen der Politik heutzutage überhaupt noch rechtlich belangt werden können.
Weiterhin weisen Kommentare seines Anwalts Joe Tacopina daraufhin, dass Verschwörungsnarrativ könnte eventuell nicht nur im Kampf um Donald Trumps Freiheit, sondern auch im politischen Ringen um die Republikanische Präsidentschaftskandidatur von politischem Nutzen sein.
Obwohl Ron DeSantis seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2024 immer noch nicht bekannt gegeben hat, ist er in Meinungsumfragen unter Republikanern über die Präsidentschaftsvorwahlen 2024 Trumps nächster Konkurrent. Seine Erfolgschancen hängen jedoch von einer Wählerkoalition ab, die sowohl aus Anhängern wie aus auch Kritikern Trumps besteht.
Trump-Loyalisten erkannten sofort ihre Chance, diese empfindliche Allianz zu stören und stellten das tagelange Schweigen des Gouverneurs von Florida in dieser Angelegenheit als Verrat dar. Ziel der Übung ist es gewesen, die Basis der Republikanischen Wählerschaft gegen den Trump-Herausforderer aufzubringen.
Es wäre für DeSantis als Gouverneur von Trumps Heimat-Bundestaates auch immer schwieriger geworden, eine neutrale Position gegenüber den Schwierigkeiten seines politischen Widersachers noch länger aufrechtzuerhalten.
Denn immerhin könnte sich Ron DeSantis, angesichts seines Amtes, auch verpflichtet sehen, die Bemühungen der Staatsanwaltschaft New Yorks zu unterstützen - was besonders heikel wäre, wenn sich Trump weigert, Aufforderungen Folge zu leisten.