USA: Trump will Diktator für einen Tag sein
- USA: Trump will Diktator für einen Tag sein
- Abtreibung und Kulturkampf: Warum sich Trump klüger positioniert als die Demokraten
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Präsidentschaftswahl 2024: Kandidat Donald Trump in der Rolle des Svengali – viel Dämonie, aber was hat Zugkraft bei den Wählern? Der Kulturkampf innerhalb der Supermacht.
In weniger als einem Jahr steht die US-Bevölkerung an der Wahlurne. Was sich noch in jüngster Vergangenheit als eine zeremonielle Bestätigung der aktuellen Regierung abzeichnete, ist nun ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Joe Biden und Donald Trump.
Einige Umfragen sehen den Präsidenten sogar hinter seinem mutmaßlichen Herausforderer zurückfallen. Der Hauptgrund für den aktuellen Umfrage-Trend ist vermutlich der Krieg im Gaza.
Während die Republikaner aus dem aktuellen Diskurs um Antisemitismus politisches Kapital schlagen, scheinen es die Demokraten bislang nicht verstanden zu haben, Kulturkampfthemen für den Wahlkampf zu nutzen.
Stattdessen ist die Parteispitze der Demokraten allem Anschein nach weiter krampfhaft bemüht, die Biden-Regierung als "kleineres" Übel im Vergleich zu einer möglichen Trump-Herrschaft darzustellen.
Gleichzeitig versäumen es die Liberalen Themen voranzutreiben, welche die Kandidaten der Republikaner ernsthaft in Bredouille bringen könnten. Stattdessen versucht man der Bevölkerung, – trotz Inflation – , Bidens Wirtschaftspolitik schmackhaft zu machen oder Trump als potenziellen Diktator zu verkaufen.
Strippenzieher und Diktator für einen Tag
Trump, nimmt die ihm zugeschrieben Rolle des politischen Svengali gerne an. In einem virtuellen "Townhousemeeting", reagierte der Ex-Präsident unlängst auf die Warnungen einiger Demokraten, er wolle sich zum Alleinherrscher aufschwingen.
Gegenüber Fox-News- Host, Sean Hannity, erklärte Trump, er würde im Falle seiner Wahl zum Präsidenten nicht als Diktator herrschen, mit Ausnahme seines "ersten Tages" im Amt. Diesen Spruch bestätigte er dann bei einer Veranstaltung am vergangenen Wochenende.
Die US-Medien geben sich schockiert. Doch gilt das auch für die Bevölkerung?
Zugegeben, die von den US-Medien geschürte Angst, eine Wiederwahl Trumps würde das Ende der US-amerikanischen Demokratie bedeuten, ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Immerhin ist der Ex-Präsident derzeit Gegenstand einiger Gerichtsverfahren.
Darunter auch ein Prozess, der sich mit seiner Rolle in den Ereignissen um den "Sturm auf das Kapitol" (siehe Der Anschlag auf das Kapitol am 6. Januar: Ermittlungen und Nachwirkungen) befasst, und mit Trumps Versuchen, den Wahlsieg Joe Bidens für ungültig zu erklären.
Der Sturm aufs Kapitol liegt lange zurück
Doch der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar liegt nun fast drei Jahre zurück. Seither gab es einen unpopulären Rückzug und Frieden in Afghanistan und zwei neue Kriege, damit hat der Skandal für die US-amerikanische Öffentlichkeit an Relevanz verloren.
Das gilt zwar primär für diejenigen, auf der rechten Seite des politischen Spektrums stehen. Das ist aber auch im größeren Bild zu sehen und nicht verwunderlich in einer politischen Landschaft, die sich aus zwei parallel verlaufenden Realitäten, einer liberalen und einer konservativen, zusammenzusetzt.
Der allgemeine Eindruck ist, dass die US-amerikanische Gesellschaft insgesamt nicht mehr das gleiche Entsetzen über Trumps "Putsch-Versuch" wie noch vor drei Jahren empfindet.
Israels Krieg im Gaza: Vorteil für die Republikaner
Längst dreht sich der politische Tagesdiskurs fast ausschließlich um den Krieg im Gazastreifen, und die Republikaner wissen die prekäre Situation der aktuellen Regierung und der Demokraten in diesem Thema für sich auszunutzen.
Dies haben auch die Anhörungen einiger College-Oberhäupter vor dem Kongress gezeigt, in denen es um die aktuellen Proteste an den US-Campi in Bezug auf den Gaza-Krieg geht.
Laut New York Times boten die Zunahme antisemitischer Äußerungen und die zaghaften Reaktionen einiger akademischer Führungskräfte den Republikanern eine lang ersehnte Gelegenheit, das politische Drehbuch zu twisten und Liberale und ihre Institutionen als hasserfüllt und intolerant darzustellen.
"Was ich hier beschreibe, ist eine große Gefahr, die mit der Zustimmung zur rassistischen Ideologie der radikalen Linken einhergeht", sagte die Abgeordnete aus North Carolina, Virginia Foxx, bei der Anhörung und fügte kurz darauf hinzu: "Institutioneller Antisemitismus und Hass gehören zu den giftigen Früchten der Kulturen ihrer Institutionen."
Die Kritik der republikanischen Abgeordneten war umso wirksamer, als sich viele Demokraten ihrer Aussage anschlossen. Auch Sprecher des Weißen Hauses ließ es sich nicht nehmen, die drei vorgeladenen akademischen Führungspersonen für ihr "Krisenmanegement" anzuprangern.
Die Republikaner haben eine Schwachstelle der Demokratischen Partei erkannt: Der unbeholfene Umgang der Biden-Regierung mit dem Gaza-Krieg wie auch ihre Loyalität gegenüber der israelischen Regierung ist mit der politischen Einstellung eines Großteils ihrer Wählerschaft nicht mehr vereinbar.
Diese Diskrepanz könnte den Demokraten im nächsten Wahlgang einige Stimmen kosten.
Die Fehlannahme der Demokraten
Andererseits könnten die Demokraten mit gleichen Waffen zurückschlagen, indem sie ihrerseits ein allgemein unbeliebtes Credo der Republikaner thematisieren: die absolut rückständige Haltung der Republikanischen Partei zum Thema Abtreibung.
Stattdessen setzt man bei den Liberalen weiterhin auf die Angst der US-Bevölkerung vor einer Trump-Diktatur und Joe Biden.
Dem unterliegt, wie es sich aufdrängt, eine Fehlannahme: Die Demokraten glauben immer noch, die Wählerschaft setze genauso in die politischen Institutionen wie die Regierung der Demokraten. Für Biden und Co. ist es unvorstellbar, dass es der Bevölkerung weitgehend egal sein könne, wie sehr die Spielregeln auf dem politischen Schlachtfeld von den Republikanern verbogen und gebrochen werden.
Die Menschen in den USA jedoch sind aber weder vom kommenden Ende der US-Demokratie noch von Joe Bidens Regierungsstil ernsthaft überzeugt. Deswegen fühlt sich die aktuelle Regierung auch ständig ungerecht behandelt, und das in erster Linie von den eigenen Wählerinnen und Wählern.
So heißt es seitens der Regierenden zum Beispiel, die Bevölkerung schätze Bidens Verdienste um die US-Wirtschaft nicht genügend, oder man müsse seine Erfolge einfach besser kommunizieren.
Es will den Demokraten einfach nicht in den Kopf, dass eine Gefährdung der für sie als heilig verehrten US-demokratischen Institutionen durch Trump kaum die politisch Ermüdeten mobilisieren wird. Und das, obwohl genau deren Stimmen für einen Sieg über die Republikaner benötigt würden.