USA: Warnung vor einem drohenden Cyberangriff von der Schwere wie 9/11
Ein Bericht von Regierungsberatern zum Schutz der Nationalen Infrastruktur mahnt dringendes Handeln an, ein Teil der Berater trat wegen ausbleibender Maßnahmen Trumps zurück
Um die Cybersicherheit sieht es in den USA nicht gut aus - sagen zumindest Regierungsberater. Zu dem Schluss kam letzte Woche der National Infrastructure Advisory Council (NIAC), ein Beratergremium des Heimatschutzministeriums, das neben dem Cyberkommando für den Schutz der kritischen Infrastruktur zuständig ist. Man befinde sich, was die Cybersicherheit betrifft, wie in einer Situation vor 9/11, die Zeit werde knapp, den Cyberschutz zu verstärken, heißt es in dem letzten Dienstag vorgelegten Bericht mit dem Titel "Securing Cyber Assets".
Wenn Regierung und Industrie nicht ihre Bemühungen drastisch erhöhen würden, die kritische Infrastruktur wie das Finanzsystem oder die Stromnetze zu schützen, riskiere man ein "enges und flottierendes Zeitfenster vor einem Cyberangriff einer Schwere wie 9/11". Wichtig sei die Schaffung von separaten und hoch geschützten Kommunikationsnetzwerken, die nur von kritischen Steuerungs- und Kontrollsysteme benutzt werden dürfen. Die Angriffe seien "zunehmend gefährlicher und gezielter".
Auch das Weitergeben von Bedrohungsinformationen zwischen Regierung und Unternehmen müsse schnell verbessert werden. U.a. sollen Cyberbedrohungsinformationen von den Geheimdiensten schnell deklassifiziert werden, ein Pilotprogramm für die Verbreitung von Informationen von Maschine zu Maschine sei notwendig oder es müssten Sicherheitsüberprüfungen für Unternehmensmitarbeiter, die für Cybersicherheit zuständig sind, beschleunigt werden, damit diese als geheim eingestufte Informationen einsehen können.
Die meisten Empfehlungen seien nicht neu, so die Autoren des Berichts, aber sowohl die Privatwirtschaft als auch die Regierung hätten bislang viel zu wenig umgesetzt. Gefordert wird, dass bestimmte Behörden, Organisationen und Einzelpersonen unter Aufsicht des Nationalen Sicherheitsberaters H.R. McMaster verantwortlich dafür sein sollen, die Empfehlungen umzusetzen. Abgelehnt wurde der Vorschlag von Rob Joyce, des Cybersicherheitsberaters des Weißen Hauses, doch statt McMaster den Heimatschutzberater Tom Bossert zu nehmen, der mehr von Cybersicherheit verstünde. Die NIAC-Mitglieder wollten die Verantwortung nicht so weit unten angesiedelt sehen und beharrten auf McMaster, da ein Cyberangriff auf die kritische Infrastruktur eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit sei.
"Die moralische Infrastruktur unserer Nation ist die Grundlage, auf der unsere materielle Infrastruktur errichtet wird"
Dabei muss man wissen, dass nach dem Rücktritt einiger Unternehmenschefs aus Beratergremien des Weißen Hauses in Folge der Haltung von Donald Trump zu den Rechtsextremen dieser schnell die Gremien von sich aus auflöste, um Schlimmeres zu verhindern (Donald Trump allein Zuhaus?). Ein solcher Exodus ereignete sich auch im NIAC vergangenen Montag, als 8 der 28 Mitglieder austraten. Dieses Mal ging es nicht um das Verhältnis von Trump zu rechter und rassistischer Gewalt, sondern um die "unzureichende Aufmerksamkeit" für die Cybersicherheit und die mögliche Gefährdung der Infrastruktur. Der Austritt erfolgte vor der Vorlage des Berichts, den am Dienstag nur noch die verbliebenen Mitglieder billigten und veröffentlichten.
Der Rückzug verdankt sich auch Absatzbewegungen von Trump, um nicht selbst beschädigt zu werden, und vermutlich politischen Gründen. Mindestens drei der Zurückgetretenen waren zuvor im Weißen Haus unter Obama tätig gewesen, beispielsweise DJ Pattil, der Chefdatenwissenschaftler war.
In einem gemeinsamen Brief zum Rücktritt wiesen sie auch auf die fehlende Verurteilung der "Intoleranz und Gewalt der Hassgruppen" durch Trump hin: "Die moralische Infrastruktur unserer Nation ist die Grundlage, auf der unsere materielle Infrastruktur errichtet wird." Das tut etwas scheinheilig so, als wären erst seit Trump moralische Verfehlungen begangen worden.
Kritisiert wird auch der Rückzug vom Pariser Klimaabkommen und anderer Aktionen, die die Infrastruktur durch den Klimawandel gefährden können. Vor allem aber geht es um die mangelnden Schutzmaßnehmen vor den "wachsenden Bedrohungen der Cybersicherheit unserer kritischen Systeme, von denen alle Amerikaner abhängen, aber auch von den Systemen, die unseren demokratischen Wahlprozess unterstützen". Die Wahlcomputer waren noch von der Obama-Regierung zur kritischen Infrastruktur erklärt worden. Die Kritik an mangelnden Bemühungen zum Schutz der Infrastruktur gibt es freilich nicht erst seit Trump, auch unter George W. Bush oder Barack Obama ist man hier nicht wirklich weitergekommen.
Donald Trump sieht gemäß seinem Weltbild als Baumogul vor allem die materielle Infrastruktur, die erneuert oder neu gebaut werden muss: Straßen, Brücken, Kraftwerke oder die Mauer zu Mexiko (Trumps Welt: Pipelines, Mauern, Straßen und andere Bauprojekte). Pläne für den Schutz und den Ausbau der digitalen Infrastruktur fehlen dem vorwiegend auf die traditionelle Industrie ausgerichteten Präsidenten. Das mag auch damit zu tun haben, dass die Bindung der digitalen Konzerne mit den Demokraten seit jeher größer ist und diese global orientiert sind sowie (neo)liberale Prinzipien vertreten, was der Ansicht von Trump und seiner rechtsnationalistisch ausgerichteten Unterstützer widerspricht.