USA: Wie mit angeblichen russischen Hacks und Beeinflussungsoperationen Wahlkampf gemacht wird
Zuletzt führte die Behauptung eines demokratischen Senators, Russen hätten sich in Florida in Datenbanken der Wählerregistrierung gehackt, für Streit, man habe "Null Information" dazu, so die republikanisch geführte Regierung Floridas
Vor den Midterm-Wahlen versuchen Politiker und Geheimdienste in den USA wieder die Karte auszuspielen, dass Russland diese zu stören sucht. Es vollzieht dabei auch oder vor allem ein innenpolitischer Kampf zwischen dem Weißen Haus und Politikern sowie Behörden, die eine politische Annäherung an Russland verhindern wollen. Zuletzt hat der demokratische Senator Bill Nelson (Florida), der sich auch der Wiederwahl stellen muss und gegen den jetzigen republikanischen Gouverneur Rick Perry antritt, gegenüber der Tampa Bay Times am Mittwoch behauptet, Russen hätten sich in einige der Wahlregistrierungscomputer Floridas eingehackt: "Sie sind bereits in einigen Counties eingedrungen und können sich nach Belieben bewegen." Das sei bereits einen Tag zuvor in Tallahassee geschehen, Näheres könne er aber nicht sagen, weil das unter Geheimhaltung stünde. Er verwies dabei auf den Vorsitzenden und Vizevorsitzenden des Geheimdienstausschusses, die ihn und Rubio gebeten hätten, den "Kontrolleuren der Wahl in Florida wissen zu lassen, dass die Russen in ihren Daten sind".
Nach Umfragen liegen Perry und Nelson nahe beieinander, zuletzt hat Perry mehr Stimmen als Nelson erhalten. Vermutlich hat die Auseinandersetzung zwischen den Senatoren und den Behörden Floridas auch mit dem Wahlkampf zu tun. Es wird Angst vor den Russen und Zweifel am Wahlergebnis geschürt.
Für Nelson ist es sicher, dass sich nicht nur Russland oder der Kreml, sondern auch Putin in die letzten Wahlen eingemischt haben, um so Donald Trump politisch zuzusetzen: "Die Weigerung des Präsidenten anzuerkennen, dass Putin in unsere Wahlen eingegriffen hat, sollte uns alle alarmieren", schrieb er nach dem Treffen von Trump mit Putin. "Die Unwilligkeit des Präsidenten, gegen ihn vorzugehen und unsere Nation zu verteidigen, ist inakzeptabel und beunruhigend."
Am 2. Juli hat er bereits mit dem republikanischen Senator Marco Rubio einen Brief an alle Wahlleiter der 67 Counties geschickt und darin gefordert, dass sie die Unterstützung des Heimatschutzministeriums zur Sicherung der Wahlen annehmen sollen. Hier schrieben sie, Russland habe 2016 die "Wahlinfrastruktur" angegriffen. Geheimdienste hätten bestätigt, dass Russland sich darauf vorbereitet hätten, "das Vertrauen in unseren Wahlprozess zu unterminieren", und dass "mit der russischen Regierung verbundene Cyberakteure" vereinzelt in Datenbanken der Wählerregistrierung eingedrungen seien. Die Counties dürften nicht alleine mit "einer feindlichen ausländischen Regierung" konfrontiert sein.
Rubio, Mitglied im Geheimdiensteausschuss, warnt schon seit dem Frühjahr, dass Florida als Swing-State besonders gefährdet sei. Für ausländische Akteure sei Florida ein Leuchtfeuer. Die Gefahr bestünde weniger darin, dass Wahlstimmen verfälscht, sondern dass Daten in der Wählerregistration manipuliert werden, indem beispielsweise am Wahltag die Wahlbezirke verändert werden und manche deswegen ihre Stimmen nicht abgeben können. An dieser Stelle zu manipulieren, also die Wahlbezirke zugunsten der eigenen Partei zuzuschneiden (gerrymandering) oder bei der Registration Steine in den Weg zu legen, um bestimmte Bevölkerungsgruppen auszuschließen, ist allerdings üblich, dazu braucht es keine ausländischen Mächte, die nun auch für das schon lange bestehende Misstrauen am Wahlverfahren herhalten müssen (Mit der Manipulation von Wahlbezirken lassen sich Wahlen gewinnen, Viele Amerikaner misstrauen dem Wahlsystem - und dem ganzen politischen System) .
Floridas Regierung und Heimatschutzministerium weisen die Behauptung zurück
Nelsons Behauptung, dass Russen bereits in Wahlregistrierungscomputer eingedrungen seien, wird jedoch von Floridas Innenministerium bestritten. Man habe "Null Information", die die Behauptung unterstützen würden, teilte die Sprecherin Sara Revell mit: "Überdies hat das Ministerium keine Informationen vom Heimatschutzministerium, dem FBI oder der Strafverfolgungsbehörde von Florida erhalten, die Senator Nelsons Äußerung bestätigen, und wir haben keine Beweise, um die Behauptungen zu unterstützen. Wenn Senator Nelson spezifische Informationen über Gefährdungen unserer Wahlen hat, sollte er diese den Wahlleitern mitteilen."
Nelson bleibt allerdings bei seiner Behauptung, während man auch im Heimatschutzministerium erklärt, man habe "keinen neuen Beeinträchtigungen der Wahlinfrastruktur durch russische Akteure" festgestellt. 2016 hätten "Cyberakteure der russischen Regierung" versucht, im Rahmen einer "vielgestaltigen Operation gegen die US-Wahlen" in die Wahlinfrastruktur einzudringen, aber man bestreitet, dass Russen Zugang zu den Wahlmaschinen selbst hatten, auch wenn alle 50 Bundesstaaten potenzielle Ziele gewesen waren. Aus den Wahlämtern wird ebenfalls berichtet, man habe keine Hinweise auf Versuche entdeckt, in Computersysteme einzudringen.
Der von Perry ernannte Innenminister von Florida Ken Detzner, zuständig für die Durchführung der Wahl ist, hatte gestern zudem einen Brief an den republikanischen Senator Richard Burr geschickt, der dem Gemeinsamen Geheimdienstausschuss vorsteht, und um Informationen zu der Behauptung von Nelson gebeten. Eine Antwort wird bis zum 12. August verlangt. Man habe im Innenministerium dazu keine Erkenntnisse. Detzner hatte erst im April Gelder und die Unterstützung der Bundesregierung zur Sicherung der Wahlsysteme akzeptiert, nachdem der Gouverneur Perry ihn dazu gezwungen haben soll.
Burr gab bislang keinen Kommentar, der demokratische Senator Mark Warner, der Vizevorsitzender des Geheimdiensteausschusses, der die neuen Sanktionen gegen Russland unterstützt, erklärte ohne direkten Bezug auf Nelson: "Russische Aktivitäten stellen weiterhin eine Gefahr dar. Ich hoffe, alle Wahlvorsteher der Bundesstaaten und Gemeinden, auch der von Florida, nehmen das Thema ernst."
Sicherheitsbehörden halten Warnkulisse hoch, Hinweise auf Angriffe scheint es keine zu geben
Der FBI-Direktor Christoph Wray hatte am 2. August während einer Pressekonferenz im Weißen Haus über die Sicherung der Midterm-Wahlen gesagt, man habe bislang keine Hinweise auf Angriffe auf die Wahlinfrastruktur und insbesondere auf die Datenbanken der Wählerregistration. Es gebe aber weiter Beeinflussungsoperationen und die Möglichkeit, in die Wählerregistration einzugreifen: "Russland hat versucht, bei der letzten Wahl einzugreifen, und betreibt weiter bösartige Beeinflussungsoperationen." Der Kommandeur des Cyberkommandos und NSA-Direktor Nakasone sagte, man verfolge viele ausländische Cybergegner und sei bereit, "gegen die vorzugehen, die versuchen, die Midterm-Wahlen zu stören". Wie das Cyberkommando in solch einem Fall vorgehen will, sagte er jedoch nicht.
Sicherheitsberater John Bolton verwies darauf, dass Donald Trump seit 2017 wichtige Maßnahmen zur Sicherheit des Wahlprozesses angeordnet habe. Dazu gehöre auch, auf die Aggression von Russland und anderen ausländischen Staaten mit internationalen Aktionen und Sanktionen einzuwirken. DNI-Direktor Dan Coats sagte, man beobachte weiter eine "Botschaftskampagne Russlands, um die USA zu schwächen und zu spalten". Das gehe von der Regierung und Einzelnen aus. Soziale Medien, Bots, Akteure und Proxies würden eingesetzt. Er könne aber wegen Geheimhaltung nicht in Details gehen. Die Absicht sei, die Nation zu spalten und die demokratischen Werte zu untergraben. Es gebe aber keine so "robuste Kampagne" wie 2016.
Und auch auf Nachfrage bleibt Coats ebenfalls sehr vage, was denn die Ziele der angeblich laufenden Kampagne sein sollen, die offenbar Hackversuche nicht einschließt: "Wir beobachten, dass die Russen nach jeder Gelegenheit suchen, unabhängig von der Partei und ob es sich auf die Wahl anwenden lässt oder nicht, ihre weit verbreiteten Versuche fortzusetzen, unsere fundamentalen Werte zu unterminieren."
Auffällig ist, dass auf die auch ohne Russland herrschende Spaltung der amerikanischen Gesellschaft ebenso wenig eingegangen wird, wie auf das tiefsitzende Misstrauen gegenüber dem Wahlprozess und gegenüber der politischen Klasse. Für die Demokraten und für die Sicherheitsbehörden dienen die angeblichen russischen Beeinflussungsoperationen und Hacks aus dem Jahr 2016 als Warn- und Bedrohungskulisse vor einem äußeren Feind, gegen den man weiter mobilisieren muss. Konkret ist wenig vorhanden, sieht man von Medienstrategien ab, die auch die USA gegenüber Russland und anderen Ländern verfolgen, daher muss dann von Angriffen auf die fundamentalen Werte gesprochen werden. Gleichzeitig wird mit dem Dauerhochköcheln vermutlich eben das Misstrauen verstärkt, das angeblich eigentlich beruhigt werden soll.
Auf der Hackerkonferenz DEF CON können wie schon letztes Jahr Wahlcomputer einiger Hersteller zum Testen gehackt werden. Kindern ab 5 Jahren sollen die Möglichkeit haben, Wahlseiten zu hacken. Jake Braun, ein früherer Eperte für das Heimatschutzministerium, sagte ABC News, dass die Konferenz sich deswegen dazu entschieden habe, junge Hacker einzuladen, weil es eine Zeitverschwendung sei, wenn Cybersichtseperten zeigen, dass sich wahlergebnisseiten hacken lassen: "Diese Websites sind so leicht zu hacken, dass wir sie erwachsenen Hackern nicht geben können."
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