USA drohen mit weiteren Angriffen, Russland schickt Fregatte mit Marschflugkörpern
Seite 2: Lieferte die Türkei al-Qaida Giftgas?
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Man wird sich daran erinnern, dass Seymour M. Hersh 2014 auf angebliche Erkenntnisse der amerikanischen und britischen Geheimdienste hingewiesen (The Red Line and the Rat Line) hatte, nach denen al-Qaida Sarin erworben hatte und womöglich für Giftgasanschläge 2013 verantwortlich sein könnte. So behauptete er mit Bezug auf Informationen aus den Geheimdiensten, dass Erdogan in einer verdeckten Operation dafür sorgen wollte, dass die Obama-Regierung die rote Linie überschreitet. Die Türkei soll sogar das Sarin für den Anschlag im August 2013 auf Ghouta, wo mehr als 1000 Menschen getötet wurden (Steht eine militärische Intervention in Syrien bevor?), zur Verfügung gestellt haben. Liest man seinen Artikel, dann könnte man durchaus Parallelen zu den Ereignissen jetzt ziehen.
2015 bestätigten CHP-Politiker den Bericht, auf den auch Hersh verwiesen hatte (Wer steckt hinter dem syrischen Giftgas-Angriff?). Damals waren 13 Männer von der türkischen Polizei in der Südtürkei festgenommen worden, die Hersh als al-Qaida-Mitglieder bezeichnet. Sie sollen zwei Kilo Sarin mit sich geführt und versucht haben, Materialien zum Bau von Bomben und zur Produktion von Sarin zu kaufen. Sie wurden wieder freigelassen, schließlich hieß es von den Behörden, das Sarin sei nur ein Antifrostmittel gewesen.
Die CHP-Politiker hatten die Anklageschrift einsehen können. Darüber berichtete praktisch nur die Zeitung Zaman, die von der türkischen Regierung 2016 verboten wurde. Fabian Köhler schrieb 2015 über die von den Politikern geäußerten Erkenntnisse:
"Unter anderem Telefonmitschnitte würden zeigen, dass 'einige Unternehmer in der Türkei eine wesentliche Rolle bei der Beschaffung des Saringases gespielt haben', sagt Erdem später gegenüber der türkischen Zeitung Zaman. Über türkische Mittelsmänner sei das Gas an 'extremistische Gruppen in Syrien' geliefert worden. Und mehr noch: Nicht nur türkische Privatpersonen seien in den Giftgasschmuggel involviert gewesen. Erdem und Şeker beschuldigen den türkischen Geheimdienst am Angriff vom 21. August 2013 beteiligt gewesen zu sein."
Nach Ghouta konnte bekanntlich ein Angriff der USA abgewehrt werden, nachdem Russland den Deal vermittelt hatte, dass alle Giftgasvorräte der syrischen Armee kontrolliert vernichtet werden und Syrien der Chemiewaffenkonvention beitritt. Auch 2014 kam es immer wieder zu Giftgasangriffen, die aber vermutlich von den "Rebellen" ausgingen. Jetzt warf US-Außenminister Tillerson Russland vor, entweder Damaskus geholfen zu haben, Giftgas zurückzuhalten, oder die Auflösung der Lager nur schlampig - "inkompetent" - vorgenommen zu haben.
Jetzt versucht die türkische Regierung wieder, die USA zu weiterem Vorgehen zu bringen. Wie 2013 immer wieder gefordert, will die Türkei zumindest Flugverbotszonen in Syrien einrichten, um den Korridor offenzuhalten und die unterstützten "Rebellen" weiter versorgen zu können (Erdogan will 5000 Quadratkilometer "Sicherheitszone" in Syrien). Dass die USA sich zusammen mit Russland quergestellt hatten, als türkische Truppen gegen Manbij vorrücken wollten, dürfte die Beziehung zu Russland nicht verbessert haben, zumal sowohl syrische Truppen als auch SDF-Verbände auch versucht hatten, al-Bab einzunehmen, das vermutlich nach langen Kämpfen ähnlich wie bei der Eroberung von Dscharablus durch eine Vereinbarung mit dem IS unter türkische Kontrolle kam (Kampflose Eroberung von Dscharablus).
Die Türkei stand an vorderster Front, Assad des Giftgasanschlags zu bezichtigen und Konsequenzen zu fordern, bei der Offensive auf Aleppo hielt man sich noch wegen der Beziehungen zu Russland zurück, die aber schlechter geworden zu sein scheinen. Die USA würde die Türkei, immerhin auch noch Nato-Partner, benötigen, um, wie gefordert, bei der Offensive auf Raqqa dabei zu sein und auch im Irak mitmischen zu können (Erdogan: "Wir alle wissen, dass Kirkuk historisch eine turkmenische Stadt war").