USA nimmt Krieg im Irak wieder auf
Mit Angriffen von Drohnen und Kampfflugzeugen auf Stellungen des Islamischen Staates soll offensichtlich vor allem den Kurden geholfen werden
Lange hatte US-Präsident Obama gezögert, wieder militärisch im Irak zu intervenieren, nachdem er eigentlich den Erfolg feiern wollte, die Kriege im Irak und in Afghanistan beendet und die Truppen abgezogen zu haben, bzw. demnächst abzuziehen. Der Vorstoß der neuen Al-Qaida im Irak, der auch durch die Zurückhaltung im syrischen Konflikt möglich wurde, machte jedoch deutlich, dass der durch Bush erfolgte regime chance durch Invasion den Irak noch mehr zum failed state gemacht hat. Ähnliches lässt sich für Afghanistan erwarten.
Angesichts des brutalen Vorgehen des Islamischen Staats und den Komplexitäten des politischen Systems im Irak, das die Bildung einer neuen irakischen Regierung, die auf die auseinanderstrebenden Kräfte übergreift, hinauszögern lässt, sah man sich im Weißen Haus - wohl auch im Vorblick auf Afghanistan - gezwungen, nun doch vor allem den irakischen Kurden zu Hilfe kommen, obgleich man in Washington nicht von den Autonomiebestrebungen, also vom Zerfall des Staats Irak, angetan ist.
Die neuerliche Einmischung ist auch deswegen höchst riskant, weil sie die Fortsetzung des von Bush ausgerufenen Globalen Kampfs gegen den Terror darstellt. Am Freitag wurden jedenfalls mit Drohnen und Kampfflugzeugen Stellungen des Islamischen Staats angegriffen. In einer zweiten Welle der Angriffe suchte man IS-Kämpfer davon abzuhalten, weiter in Richtung Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Autonomieregierung, vorzurücken. Die Kampfflugzeuge sollen vom Flugzeugträger George H. W. Bush aufgestiegen sein. Offenbar gelten die Angriffe vor allem dem Schutz der Kurden und der in Erbil lebenden Amerikaner, während die Zehntausende von Flüchtlingen, vor allem Jessiden, allein gelassen und nur mit Hilfspaketen versorgt werden (Irak: Obama genehmigt gezielte Luftschläge gegen IS-Dschahidisten).
Washington zögert, die irakische Regierung mit Waffen zu versorgen, weswegen bereits Russland eingesprungen ist und Kampfflugzeuge geliefert hat. Noch versucht Regierungschef al-Maliki mit allen Mitteln, sich an der Macht zu halten. Er wird dafür verantwortlich gemacht, mit seiner Einseitigkeit auf die Stärkung des schiitischen Einflusses den Konflikt und damit den staatlichen Zerfall mit verursacht zu haben. Derweilen gleitet der Irak wie schon Syrien und vermutlich Afghanistan in einen failed state ab.
Washington will offensichtlich selbst bestimmen können, wie die Luftunterstützung organisiert wird. Das ist vernünftig, der Angriff auf IS ist auch verständlich und vielleicht zu spät erfolgt, aber es bleibt unklar, was die USA im Nahen Osten wirklich für eine Politik verfolgen. Schließlich ist klar, dass ein paar Schläge aus der Luft den IS zwar treffen, aber letztlich nicht aufhalten können. Aber es gibt eben nicht nur das Problem im Irak, das ist verbunden mit Syrien, letztlich auch mit Jordanien, dem Libanon, Saudi-Arabien, Iran und der Türkei. Wenn Washington militärisch die Kurden schützen will, wird auch die Staatenbildung verstärkt, die die ganze Region destabilisieren kann. Für Obama ein Problem, das sich nicht erfolgreich wird auflösen lassen, aber er kann auch nicht weiter zuschauen, um das Ansehen der USA nicht noch tiefer rutschen zu lassen.
Nach dem Sprecher des Pentagon waren die Angriffe erfolgreich. So hätte man mit den Drohnen eine Artilleriestellung angegriffen, von der aus kurdische Streitkräfte beschossen wurden, die Erbil verteidigen, wo Amerikaner sich aufhalten. Das Pentagon macht keine Angaben dazu, ob die Luftschläge mit den Streitkräften Bagdads oder denen der Kurden koordiniert wurden