Irak: Obama genehmigt gezielte Luftschläge gegen IS-Dschahidisten

Der US-Präsident ordert Hilfsmaßnahmen für Flüchtlinge aus Zonen an, die von IS-Milizen eingenommen wurden, und dazu einen begrenzten Militäreinsatz aus der Luft

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Jetzt greifen die USA im Irak ein. Herkulesflugzeuge werfen die ersten Hilfspakete für die zehntausende geflüchteten Jesiden-Familien über den Bergen bei Sindschar ab. Dass es zu dieser Hilfsaktion kommen würde, war schon vor ein paar Tagen abzusehen (vgl. Kurden wollen vom IS kontrollierte Gebiete zurückerobern). US-Präsident Obama verkündete sie gestern offiziell. Dabei stellte er seiner Erklärung eine Maßnahme obenan, die ebenfalls erwartet wurde, aber sehr viel heikler gehandelt wird: gezielte Luftschläge gegen die IS-Milizen.

Obama begründete die militärische Maßnahme mit der Bedrohung der Flüchtlinge ("We can act, carefully and responsibly, to prevent a potential act of genocide") - und der Bedrohung von US-Personal in Arbil. Dort ist nicht nur der Sitz der Regierung der Autonomen Region Kurdistan im Irak, sondern auch des U.S. Joint Operation Center.

Da die IS-Milizen zuletzt nur etwa eine dreißigminütige Autofahrt von Arbil entfernt operierten, hält der US-Präsident eine Notsituation für gegeben, er erwähnte darüberhinaus, dass eine Bedrohung Bagdads Grund für ein militärisches Eingreifen liefere. Er legte Wert darauf zu betonen, dass es sich um keine "nachhaltige militärische Aktion" handle, man wolle bei dem Grundsatz bleiben, dass das US-Militär "nicht bei jeder Krise" eingreife.

American combat troops will not be returning to fight in Iraq, because there's no American military solution to the larger crisis in Iraq.

Ob bereits Luftangriffe von US-Kampfbomber geflogen wurden, ist nach Informationen der New York Times bislang nicht bekannt.

Berichtet wird von Kooperationen zwischen irakischen Sicherheitskräften, den Peshmerga und US-Militärberatern, in deren Folge die irakische Armee bereits Luftangriffe geflogen sei. Deren Möglichkeiten werden aber als beschränkt geschildert. Dazu gibt es Gerüchte, wonach türkische Kampfbomber Einsätze gegen IS-Kämpfer fliegen würde, Ankara bestreitet dies jedoch.

Schwierige innenpolitische Situation

Nach Angaben von Spencer Ackerman hat Lockheed Martin bereits seit einer Woche Hellfire-Raketen nach Arbil geliefert. Die bestätigt, was vor ein paar Tagen schon in anderen Berichten angedeutet wurde, dass eine mehr oder weniger "versteckte Waffenhilfe" durch die USA an die Kurden im Gange sei.

Vor einer offiziellen Waffenhilfe scheut die amerikanische Regierung zurück, weil dies auf Widerstand des amtierenden irakischen Premierministers al-Maliki stößt. Auch die nun angkündigten Luftangriffe berühren den heiklen Punkt der Einmischung. Angeblich soll die Erlaubnis dazu grundsätzlich in einem Abkommen zwischen den USA und Irak, das schon seit einiger Zeit gilt, geregelt sein.

Doch ist die aktuelle politische Situation im Irak prekär, da Maliki versucht, im Amt zu bleiben und entsprechend eine Koaltion zu bilden versucht. Die US-Regierung machte aber bislang keinen Hehl daraus, dass sie lieber einen anderen Regierungschef hätte, der im Sinne einer nationalen Einheit agiert und nicht wie Maliki Fronten zwischen Sunniten und Schiiten verschärft.

Ein militärischer Einsatz zugunsten der Kurden kann als ein Eingriff in den Prozess der Regierungsbildung verstanden werden, zumal sich der kurdische Präsident Barsani kürzlich deutlich für eine weitere Abspaltung Kurdistans über ein Referendum ausgesprochen hat, was nicht im Interesse Malikis liegt.

Der innenpolitische Konflikt wird überlagert von öffentlichen Lesarten, die konfessionelle und ethnische Spaltungen nicht gerade lindern. So werde befürchtet, dass man den USA vorwirft, sie würde den Kurden, den christlichen Minderheiten und den Jesiden helfen, aber nicht den Muslimen, die von den Dschihadisten ebenfalls in großer Zahl angegriffen werden, im Irak und in Syrien.

"Kriegserklärung an das Kalifat"

Für die "gezielten Luftschläge", benötigt Obama keine eigene Erlaubnis des Kongresses heißt es - solange er geografisch auf Irak begrenzt bleibt. Angesichts der Strategie der Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates, die Grenzübergänge zwischen Irak und Syrien kontrollieren und sich ziemlich frei zwischen den beiden Ländern hin-und bewegen, sind Provokationen nicht ausgeschlossen, die versuchen, die USA in einen größere Auseinandersetzung zu verwickeln.

Bislang gibt es noch keine offizielle Stellungnahme zu Obamas Ankündigung der IS-Media; fanatische Anhänger posten jedoch bereits Ankündigungen, was Obamas "Kriegserklärung an das Kalifat" bedeutet, mehr "Legitimität", neue Rekruten und starke Gegenwehr, was andeutet, dass Amerikaner zum Ziel von Angriffen werden.

Waffentechnisch stehen den IS-Milizen laut Berichten nur beschränkte Mittel gegen US-Kampfbomber zur Verfügung, Maschinengewehre und Kanonen, die zwar Hubschrauber abschießen könnten, aber keine hochfliegenden Jets. Demgegenüber macht man auf Seiten der Miliz aber geltend, dass man schon im Irak-Krieg der militärischen Überlegenheit der USA getrotzt habe.