USA rüsten Bulgarien auf

Seite 2: Bulgarien bildet Nato-Kampftruppe

Wie Ministerpräsident Petkov bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Pentagon-Chef Austin nun erklärte, ist Bulgarien bereit, eine international zusammengesetzte, von einem bulgarischen Offizier geführte Kampfgruppe zu bilden, die dem Kommando des Obersten Alliierten Befehlshabers der Nato in Europa unterstellt sein soll.

Austin kündigte an, dieser bulgarischen Kampfgruppe zur Verstärkung eine Kompanie mit Stryker-Radpanzern bereitzustellen. Bereits Mitte Februar 2022 verlegten die USA eine Stryker-Kompanie vom oberpfälzischen Vilseck zu Manövern nach Bulgarien.

Kiril Petkov zufolge war Thema der Unterredung mit Lloyd J. Austin auch die Schaffung einer geeigneten Infrastruktur aus Straßen, Eisenbahnstrecken und Donaubrücken, um militärische Operationen vom griechischen Mittelmeerhafen Alexandroupolis über die bulgarischen Schwarzmeerhäfen Burgas und Varna zum Hafen Konstanza in Rumänien zu optimieren und eine "funktionierende Verteidigung der Ostflanke" zu ermöglichen.

Das Problem der militärischen Mobilität alliierter Truppen in Bulgarien und im südosteuropäischen Nato-Gebiet sei lange bekannt, so wollten Griechenland und sein Nato-Verbündeter USA den Hafen Alexandroupolis zu einem bedeutenden Anlandepunkt für Truppen und schweres Gerät ausbauen, die im Krisenfall schnell in das Landesinnere verlegt werden könnten.

Der US-amerikanische Verteidigungsminister konstatierte zudem die Notwendigkeit, die Interoperabilität zum Schutz der Südostflanke zu gewährleisten. "Wir müssen sicherstellen, dass wir uns gegenseitig verstehen – die Taktiken, die Art der Unterstützung –, damit unsere Streitkräfte zusammenarbeiten können", sagte er.

Derweil protestierten im Zentrum der bulgarischen Hauptstadt Hunderte Nato-Gegner gegen Austins Besuch. Sie skandierten nicht nur "Nato raus!", sondern auch "Russland, Russland!".

Dabei fragte der Anführer der zu der Demonstration mobilisierenden nationalistischen Parlamentspartei Vazrazhdane (Wiedergeburt) die Protestmasse rhetorisch: "Ausländer führen die bulgarische Armee und verfügen über bulgarisches Territorium. Ich möchte nicht, dass wir eine ausländische Kolonie sind, und Ihr?"

Warnung von Russlands Botschafterin in Sofia

Unmittelbar vor Austins Ankunft in Bulgarien warnte Russlands Botschafterin in Sofia, Eleonora Mitrafonova, ihr Gastgeberland via Facebook-Videobotschaft: "Die Lieferung von Waffen einschließlich solcher sowjetischen Herkunft und Munition an ukrainische 'Nationalisten' gefährdet den bilateralen Dialog, um den es eh nicht gerade optimistisch steht."

Ihr Hinweis, Russland führe seine Energielieferungen an Bulgarien derzeit in vollem Umfang durch, wurde auch als Drohung verstanden, Russland könne im Falle bulgarischer Waffenlieferungen an die Ukraine Bulgarien den Gashahn zudrehen. Die Energiewirtschaft des Balkanlands ist stark abhängig von russischen Lieferungen nicht nur von Gas, sondern auch von Öl und Kernbrennstäben

Botschafterin Mitrofanova verhalte sich wie eine "russische Generalgouverneurin von Bulgarien" empörte sich der Atlantische Rat in Bulgarien, die Pressure Group bulgarischer Russland-Gegner. Die Gesandte sei sofort als Persona non grata des Landes zu verweisen.

Im Gegensatz zu den meisten Bulgaren und Bulgarien, die eher der zurückhaltenden Politik ihrer Regierung folgen, sieht der Atlantische Rat für Bulgarien nur eine politisch und moralisch vertretbare Reaktion auf den "aggressiven und unprovozierten, barbarischen Krieg der Russischen Föderation gegen die souveräne und freie Ukraine".

Die Unterstützung der Ukraine durch Erklärungen und humanitärer Hilfe reiche nicht aus, es bedürfe der sofortigen Lieferung von Waffen an die ukrainischen Streitkräfte.

Solche Waffen und Munition seien in den bulgarischen Lagern reichlich vorhanden. Dass Bulgarien der Ukraine bisher keine militärische Hilfe geleistet habe, liege "an der russischen Subversion in der bulgarischen Regierung und den ständigen hybriden Lügen und Täuschungen, die in der bulgarischen Gesellschaft verbreitet werden. Hybride Lüge Nummer eins der bulgarischen Putinisten ist, dass wir automatisch in einen Krieg mit der Russischen Föderation eintreten, wenn wir unsere Waffen an die Ukraine abgeben!"

In einer Krisensituation, in der sich das Kabinett Kiril Petkov herausgefordert, seine außenpolitische Position zum Ukraine-Krieg zu finden, hat es sich mit der Verhaftung Boiko Borissovs eine zweite Front im Innern geschaffen. Sie könnte ihr gefährlich werden, sollten sich die Gründe für den 24-stündigen Gewahrsam von Ex-Premier Borissov als nicht stichhaltig herausstellen.

Borissov sagte nach seiner Freilassung im Kreise seiner Anhänger seinem Nachfolger Petkov schon mal den Kampf an.