USA soll Anschläge auf einzelne Personen durchführen können

Ein republikanischer Kongressabgeordneter hat einen "Terrorist Elimination Act" vorgeschlagen

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Der republikanische Kongressabgeordnete Bob Barr, einstiger CIA-Mitarbeiter und auch in Europa durch sein Vorgehen gegen das Lauschsystem Echelon bekannt geworden (Amerikanischer Kongress verlangt Aufklärung über Echelon), hat am 3. Januar einen neuen Gesetzesvorschlag eingebracht, der wahrscheinlich der gegenwärtigen Stimmung bei der neuen Regierung entsprechen könnte und dessen Titel für sich selbst spricht: den Terrorist Elimination Act of 2001.

Der letzte Fall geschah im Sommer 1998. Der besiegte Hussein hatte aus der Sicht der USA nach den Bombenanschlägen in Kenia und Tansania den Platz des Bösen dem arabischen Multimillionär Osama bin Laden abgetreten. Damit wurde der Terrorismus - und vorerst zumindest nicht mehr die "rogue states" (Schurkenstaaten) - zur Hauptbedrohung der nationalen Sicherheit erklärt, was zu einer Umorientierung der Sicherheitsstrategie führte. Terroristen kommen einzeln und in kleinen Gruppen daher, sind schwer zu fassen, meist fanatisch, und könnten auch mit den neuen biologischen Massenvernichtungsmitteln der Bevölkerung große Verluste zufügen oder aber durch Cyberanschläge von der Ferne aus die Infrastruktur der USA erheblich schaden. Um Stärke zu zeigen, bombardierte das amerikanische Militär mit Tomahawk-Geschossen angebliche terroristische Stützpunkte im Sudan und in Afghanistan, die mit bin Ladens Aktivitäten verbunden sein sollten. Die damalige Außenministerin sparch vom "Krieg der Zukunft", der damalige Präsident Bill Clinton, noch tief in der Lewinsky-Affäre steckend, bezeichnete bin Laden als den "vielleicht größten Organisator und Finanzier des internationalen Terrorismus in der heutigen Welt".

Im Sudan war eine pharmazeutische Fabrik das Ziel, in der angeblich im Auftrag von bin Laden chemische Waffen hergestellt wurden (Beweise blieben die US-Geheimdienste hier ebenso schuldig wie im Fall der Urheber der Anschläge), in Afghanistan bombardierte man Lager, in denen man bin Laden vermutete. Die Bestrafungsaktion aus der Ferne mit den smarten Tomahawk-Raketen ging allerdings daneben. Angeblich hatten die Amerikaner den Aufenthaltsort von bin Laden anhand seines Mobiltelefons orten können. Dann aber hatte dieser das Gerät ausgeschaltet und den Ort verlassen. Natürlich betonten die Amerikaner, dass sie bin Laden selbst gar nicht treffen wollten. Und an diesem Punkt kommt der neue Gesetzesvorstoß ins Spiel.

Die amerikanischen Geheimdienste hatten sich schon des öfteren durch missglückte Anschläge auf einzelne "Feinde" wie etwa Fidel Castro blamiert. Ende 1975 wurden diese Versuche bekannt. Angeblich gab es keine Hinweise darauf, dass die Präsidenten Eisenhower, Kennedy oder Johnson diese Anschläge dem CIA aufgetragen hatten. Neben Castro standen auch Lumumba, Trujillo, der Dominikanische Diktator, oder der südvietnamesische Präsident Ngo Dinh Diem im Visier. Nach Bekanntwerden dieser Pläne empfahl der für Geheimdienste zuständige Senatsausschuss, dass Verschwörungen von Regierungsangestellten mit dem Ziel, ausländische Staatsführer zu töten, verboten werden sollten. Der amerikanische Präsident Gerald Ford erließ daraufhin eine "Executive Order" (11905), in der es jedem, der für die amerikanische Regierung arbeitet, verboten wurde, sich an Mordanschlägen zu beteiligen. Nach diesem Wortlaut betrifft dies nicht nur ausländische Staatsführer, sondern ganz allgemein jede Person. Daher dürfen Militär und Geheimdienste keine einzelnen Menschen gezielt töten, aber es ist ihnen möglich, beispielsweise einen Angriff mit Raketen auszuführen, da dabei ja größere Zerstörungen bewirkt werden. Bestätigt wurde dieser Befehl durch weitere "Executive Orders" der Präsidenten Jimmy Carter und Ronald Reagan.

Nach dem Bombardement in Afghanistan und im Sudan sagte der FBI-Direktor Louis Freeh, dass das Verbot, Staatsführer zu töten, ziemlich eindeutig sei, aber dass die Rechtslage unklar sei, was die Tötung von anderen Menschen angehe. Der frühere CIA-Chef James Woolsey meinte vor dem Rechtsausschuss des Senats, der zu dem Fall eine Anhörung durchführte: "Es gibt hier einen Unterschied, auch wenn es ein feiner ist, zwischen einem Angriff aus der Luft auf Gebäude, wenn man weiß, dass sich in ihnen eine bestimmte Person aufhält, und einem direkten Anschlag auf einen Einzelnen."

Diese missliche Lage will offenbar Barr mit seinem Gesetzesvorschlag ändern, bei dem es darum geht, schlicht die Klausel aus den Präsidentenerlassen herauszustreichen, in denen das Verbot formuliert wird. Die früheren Präsidenten, so die Begründung, hätten durch diese Anordnungen "den Einsatz des Militärs ernsthaft behindert, wenn es um mögliche Bedrohungen der USA geht." Eine "schnelle, sichere und präzise Aktion" zum Schutz der nationalen Sicherheit sei nicht gewährleistet, da das Militär nur "große Ziele in der Hoffnung bombardieren darf, einen Terroristenführer zu eliminieren". Gezielte und "begrenzte" Aktionen, die einem solchen Zweck dienen, seien nicht möglich. Bombardierungen seien zudem schon mehrmals gescheitert, was gezeigt habe, dass sie kein "effektives Mittel" sind, "um die Bedrohung zu bekämpfen, die von denen ausgeht, die amerikanische Bürger einfach nur deswegen töten wollen, um ein politisches Zeichen zu geben."

Natürlich fügt Barr noch hinzu, dass die möglicherweise in Zukunft möglichen Aktionen "zur Beseitung solcher Personen" nur selten und maßvoll eingesetzt werden sollten, nachdeem alle anderen Möglichkeiten gescheitert sind oder kein anderer Ausweg bleibt: "Aber es ist eine Option, die unser Land bei Fällen behalten muss, bei denen internationale Bedrohungen nicht durch andere Mittel beseitigt werden können."