USA und EU: Assad in die Zange nehmen
Mit Sanktionen soll Damaskus zu politischen Zugeständnissen gebracht werden. Wie diese ausschauen sollen, ist noch offen. Klar ist nur, dass der Druck erhöht wird
Wenn es um Syrien geht, so sind sich die USA und die EU in ihrem Vorgehen gegen die Regierung Baschar al-Assads einig. Die EU hat heute ihre "restriktiven Maßnahmen gegen das syrische Regime" bis zum 1. Juni 2020 verlängert. In den USA wird darauf gedrängt, dass Sanktionen unter dem Gesetzestitel "Caesar Syria Civilian Protection Act of 2019" verabschiedet werden. Das Repräsentantenhaus hat das Gesetz bereits passiert, aber nächste Woche soll es in die Senatsausschüsse.
Da die Unterdrückung der syrischen Zivilbevölkerung weitergeht, würden auch die Sanktionen aufrechterhalten, teilt die EU mit. Aufgezählt werden das Ölembargo, Restriktionen bei bestimmten Investitionen, das Einfrieren von Vermögenswerten der syrischen Zentralbank und Sanktionen auf Exporte nach Syrien: Ausstattung und Technologie, die "zur internen Repression genutzt werden können".
Dass Sanktionen vor allem die Zivilbevölkerung besonders treffen (Syrien: Der "zweite Krieg"), wird ebenso wenig erwähnt wie die konkreten politischen Ziele dieses Vorgehens, die Brüssel damit auf einer erreichbaren politischen Ebene verbindet. Bislang versteckt sich das hinter Formeln wie z.B. "Übergangsregierung", die so wenig mit Realität erfüllt sind wie die Behauptung, dass die Sanktionen auf die Führung - und nicht die Zivilbevölkerung - zielen, damit die Führung zum Einlenken gebracht wird. Das ist eine Idealvorstellung.
USA: Sanktionen im Namen Caesars
Das US-Maßnahmenpaket mit dem Namen von Caesar im Titel, der bekannt ist für die zigtausend Fotos von Opfern des syrischen Sicherheitsapparates (über deren Beweiskraft es Kontroversen gibt), geht sehr viel weiter. Tritt das Gesetz in Kraft, kann jede geschäftliche Beziehung, die als "signifikant" gewertet wird, mit Sanktionen bestraft werden.
Die syrische Zentralbank spielt eine bedeutende Rolle bei den Maßnahmen, der Ansatzhebel ist der Verdacht auf "Geldwäscherei". Weitere Maßnahmen zielen auf die Energieversorgung und den Bausektor, wie es von Tyler Stapleton dargelegt wird.
Stapleton ist der Verbindungsmann des Think Tanks FDD (Foundation for Defense of Democracies). Die FDD hat Verbindungen zu den Neokonservativen und eine entsprechende Agenda: Ihr großer Feind ist Iran. Das spiegelt sich deutlich in Stapletons Kommentar zum "Caesar Syria Civilian Protection Act" wider, der als Ziel des Sanktionspaketes Iran erwähnt, als "chief enabler des syrischen Regimes", also als wichtigsten Unterstützer, der die Regierung in Damaskus und dessen Aktivitäten ermöglicht.
Neokonservative Agenda im Hintergrund
Auch unter den Mitgliedern der Syria Study Group (SSG) gibt es engere Bezüge zu Neokonservativen und deren Agenda. So gehört Kimberly Kagan, Gründerin des Institute for the Study of War, wo man ebenfalls ein besonderes Augenmerk auf Iran hat, zur Syria Study Group. Sie war im Irak im Beraterteam von Stanley McChrystal und ist Schwägerin von Robert Kagan, einem namhaften Neokonservativen, der mit Victoria Nuland verheiratet ist. Naheliegend ist, dass man in der Familie bestimmte politische Ansichten zur geopolitischen Rolle der USA teilt.
Der Syria Study Group wurde zuletzt in zwei Publikationen eine einflussreiche Rolle für die Syrien-Strategie der USA zugeschrieben. So berichtet aktuell Al-Monitor darüber, dass Präsident Trump den politischen und wirtschaftlichen Druck auf Syrien in den kommenden Monaten erhöhen will. Er wolle die Regierung Assad dazu zwingen, "die Realität zu erkennen und Konzessionen zu machen".
Die Quelle für diese interne Information, die Bryant Harris hierzu für Al-Monitor beibringt, ist etwas dürftig. Es ist nur ein, wenn auch hochrangiger, anonymer Vertreter des Außenministeriums. Als Hauptquelle für die Absicht den Druck auf Damaskus zu erhöhen wird dagegen ein Papier der Syria Study Group herangezogen, auf das kürzlich schon das Magazin Politico hingewiesen hat.
In dem Papier sind Empfehlungen aufgelistet, die sich gegen einen Rückzug der US-Truppen aus Syrien aussprechen (mit der Begründung, dass damit der IS zu neuer Stärke finden würde), für die Wiederaufnahmen von Zahlungen für das Syria Transition Assistance Response Team (START) ("Geld für Stabilisierung", das manchen oppositionellen Gruppen zugute kam), für die Bewilligung des genannten "Caesar Syria Civilian Protection Act of 2019".
Generell wird die "Isolation des Assad-Regimes durch Sanktionen, diplomatischen Druck und die Ablehnung von Wiederaufbauhilfen" empfohlen.
Gegen Normalisierung, Wiederaufbau erschweren
Nun kann man bei Trump nie sicher sein, ob er sich auch an die Ratschläge hält, die ihm von allen möglichen Seiten innerhalb der Administration und der angeschlossenen Gruppierungen zugetragen werden. Dass er einen Rückzieher bei seinem zu Weihnachten 2018 angekündigten schnellen Abzug der US-Truppen aus Syrien gemacht hat, ist aber ein klares Zeichen dafür, dass er für Einflüsse bestimmter Stellen, vor allem wenn sie Falken sind, durchaus zugänglich ist.
Die Regierung Assad mit Sanktionen, die die Bevölkerung hart treffen, unter Druck zu setzen, Hilfe zum Wiederaufbau zu verweigern und zugleich die Beschaffung von Mitteln zum Wiederaufbau mit Sanktionen zu erschweren, ist eine Vorgehensweise, gegen die Trump nichts einzuwenden haben dürfte.
Sanktionen setzt er gerade an einigen Fronten - Nordkorea und Iran - als Druckmittel ein. Dass mit dem harten Vorgehen gegen Syrien auch auf Iran gezielt wird, passt ebenfalls in eine Strategie, von der sich der "Dealmaker" verspricht, dass sie zu Verhandlungen führt, die vorzeigbare politische Ergebnisse bringt. Ob das gelingt und wie die Ergebnisse aussehen sollen?
Sicher ist bislang nur, dass Medien, die er gerne als Fake-News-Produzenten diffamiert, im Fall Syrien und teilweise auch im Fall Iran die dazu passenden Bilder liefern. Arabische Staaten sollen davon abgehalten werden, sich wieder mit Assad einzulassen, heißt eine wichtige Maxime der Syrienpolitik, so der Al-Monitor-Bericht.
Dazu passen die politischen Botschaften, die einerseits das Foltersystem von Baschar al-Assad in nicht verifizierbaren Dimensionen herausstellen (Syrien: Neue Foltervorwürfe gegen Assads Regierung), anderseits aber über begründete Zweifel an den kategorischen Vorwürfen ("Assad geht mit chemischen Kampfstoffen gegen die Bevölkerung vor") erst gar nicht berichten (OPCW: Wurde ein Bericht von Inspektoren über den Giftgasangriff in Duma unterdrückt?).