USA vor dem nächsten Irak-Krieg?
Präsident Obama sieht keine militärische Lösung, setzt aber auf Luftangriffe
George W. Bush wollte bereits im Mai 2003 die erfolgreiche Beendigung des Kriegs im Irak verkünden. Auf einem Flugzeugträger verkündete er vor versammelten Soldaten "Mission accomplished", nachdem er in Pilotenuniform als Co-Pilot mit einem Kampfflugzeug gelandet war (Der Krieg gegen den Terrorismus geht weiter). Eine große Show, die katastrophal missglückte. US-Präsident Obama trat mit dem Versprechen an, die von Bush angezettelten Kriege zu beenden und die US-Soldaten abzuziehen. Was in Afghanistan noch bevorsteht, ist im Irak bereits "gelungen". 2012 verließen alle Soldaten den Irak, nachdem ein Abkommen mit dem irakischen Regierungschef Maliki an der Frage der Immunität gescheitert war. Obama wollte eigentlich noch bis zu 50.000 Mann im Irak belassen, um die irakische Armee auszubilden und für Sicherheit zu sorgen. Und es war schon klar, dass nichts gut war im Irak, der ein Pulverfass blieb (Der Krieg gegen den Terrorismus geht weiter), das nun wieder explodiert ist.
Eigentlich wollte sich Obama dem "nation building" im Irak widmen, aber schon bald nach dem Abzug der US-Truppen lebten die Kämpfe zwischen den schiitischen und sunnitischen Bevölkerungsgruppen wieder auf. Die US-Regierung hatte durchaus versucht, Maliki zu beeinflussen, eine Regierung der nationalen Einheit mit Integration der Sunniten zu bilden, scheiterte jedoch an dessen Widerstand. Die USA hatten mit dem "Surge" die Strategie entwickelt, sunnitische Milizen nicht nur zu dulden, sondern sie auch zu finanzieren. Sie sollten für Sicherheit sorgen, was sehr schnell zu einem Rückgang der Gewalt führte. Maliki beendete das Programm und diskriminierte die Sunniten. Der Krieg in Syrien holte schließlich den Irak ein und ließ die sunnitischen Extremisten gedeihen. In Syrien bildete sich die von den USA zerschlagene al-Qaida im Irak neu und wurde schließlich zum Islamischen Staat, der mit brutaler Gewalt und Endzeitideologie große Erfolge erzielte.
Die Welt sieht erst einmal zu, was in Syrien und im Irak geschieht. Die Verantwortung liegt bei den USA und damit bei Obama, der sich nach der Bedrohung der kurdischen Gebiete und dem Massenexodus entschloss, zumindest den Kurden mit Luftangriffen auf Kampfverbände des Islamischen Staats und mit Versorgungsflügen den Flüchtlingen zu helfen. Obama ist klar, dass der finanziell gut ausgestattete und mit schweren Waffen gerüstete Islamische Staat nicht mit ein paar Angriffen aus der Luft zurückgeschlagen werden kann. Obama begründete die Angriffe damit, dass US-Bürger in der kurdischen Hauptstadt Erbil bedroht seien, aber auch in der Botschaft in Bagdad und auf dem Flughafen in Bagdad. Noch ist für die USA klar, dass keine Bodentruppen eingesetzt werden, auch wenn bereits einige hundert Berater nach Bagdad und Erbil geschickt wurden. Es gebe keine "militärische Lösung", sagte Obama, der sie aber dennoch einleitete.
Die große Frage ist, ob die USA mit den ersten Luftangriffen Schritt für Schritt wieder in einen offenen Krieg im Irak hineingezogen werden, während man sich eigentlich aus dem asymmetrischen Krieg gegen den Terror zurückziehen wollte und über den Ukraine-Konflikt und der Konkurrenz mit China wieder auf Kriege zwischen Staaten einstellen wollte. Der US-Präsident hat erklärt, dass er IS nicht erlauben werde, in Syrien und im Irak ein Kalifat aufzubauen, aber wie dies verhindert werden kann, lässt er offen. Das Problem ist, dass die USA auch mit dem Iran und Russland kooperieren müssten. Während der Konflikt mit dem Iran derzeit heruntergefahren wird, sucht die US-Regierung aber noch, Russland wieder als neuen Feind darzustellen, was eine Lösung in Syrien und im Irak schwierig macht.
As commander in chief, I will not allow the United States to be dragged into fighting another war in Iraq. American combat troops will not be returning to fight in Iraq, because there’s no American military solution to the larger crisis there.
US-Präsident Barack Obama
Die irakischen Kurden wollen, dass die USA ihnen bessere Waffen liefert, aber sie wollen sich auch vom Irak abspalten, was die Region weiter instabil machen würde, denn Kurden leben auch in Syrien, der Türkei und im Iran. Irgendwie scheinen die Amerikaner an der Einheit eines Landes festzuhalten, auch wenn dies im Kosovo anders war. Schon im zweiten Golfkrieg oder ersten Irak-Krieg stellte George Bush sen. die Kampfhandlungen ein, um mit einem Sturz von Hussein nicht das Auseinanderfallen des Landes zu riskieren. Sein Sohn ging davon aus, dass die Befreiung des Landes vom Diktator Hussein alle Konflikte zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden in den Hintergrund stellen und man einen demokratischen, der USA zugewandten Leuchtturm zugunsten der US-Wirtschaft aufbauen würde. Erreicht hat man einen failed state.
Jetzt gesteht Obama, als er sich in den Urlaub verabschiedete, bereits zu, dass die Bekämpfung des Islamischen Staats eine langfristige Aufgabe sei (US-Militäreinsatz im Irak: "ein langfristiges Projekt"). Das könnte darauf hinauslaufen, dass die USA ähnlich wie in Pakistan versuchen, dauerhaft mit gezielten Angriffen die Islamisten zu bekämpfen. Das hat in Pakistan nicht funktioniert, ebenso nicht im Jemen oder in Somalia, es ist absehbar, dass es auch nicht im Irak funktionieren wird. Die einzige Chance des Landes liegt darin, eine Zentralregierung zu bilden, die von allen großen Bevölkerungsschichten unterstützt wird. Danach sieht es nicht aus, es ist auch unwahrscheinlich, zumal eben die von den USA unterstützen Kurden einen eigenen Staat anstreben und schnell die Schwäche der Zentralregierung ausgenutzt haben, um Kirkuk und die benachbarten Ölfelder zu besetzen.