USA wollen Elitetruppen nach Syrien schicken
Die Wiener Gespräche zu Syrien beschwören Einheit im Kampf gegen Terroristen. Die Teilnehmer verfolgen eigene Interessen
Jede Form des Einsatzes militärischer Gewalt auf syrischem Boden, der nicht die Zustimmung der Regierung in Damaskus hat, sei für Russland nicht akzeptabel, erklärte der stellvertretende russische Außenminister Ryabkow.
Das sei einer der Punkte, über die es zwischen den USA und Russland fundamentale Differenzen gebe. Sein Vorgesetzter, der Außenminister Lawrow, stellte indessen die Einigung heraus, die gestern bei den Wiener Gesprächen zu Syrien erzielt wurde.
Eine der wichtigsten Vereinbarungen, die wir getroffen haben, besteht darin, dass die Teilnehmer die UN auffordern werden, ein Treffen zwischen Vertretern der syrischen Regierung und der Opposition zu organisieren, um einen politischen Prozess anzustoßen.
Die Ankündigung der US-Regierung, Elitesoldaten in Stärke von etwa 50 Mann nach Syrien zu entsenden, wurde bekannt, als die Wiener Runde tagte. Er zeigte noch einmal darauf hin, dass die Teilnehmer jeweils ganz eigene Interessen in Syrien verfolgen.
Dass die Entsendung von Bodentruppen einen aggressiven Akt gegenüber Damaskus darstellt, was man dort oft genug betont hatte, sollte wohl schon angesprochen werden, aber nicht zu hoch gehängt, weswegen Lawrow sich wohl zurückhielt und sich auf das Herausstellen der Prioritäten, das gemeinsame Ziel, der Runde beschränkte.
Auch nach Maßstäben der US-Politik ist die offizielle Entsendung von Bodentruppen, wenn auch im betont kleinen Rahmen, ein Überschreiten roter Linien, wie amerikanische Medien betonen: ein "strategischer Wechsel". Der Kurswechsel hatte sich allerdings schon in den letzten Tagen angedeutet im Zusammenhang mit der Erstürmung eines IS-Gefängnisses in Hawija (Link auf 46398).
Die USA wollen sich ihren Einfluss auf das Geschehen in Syrien sichern, nachdem sich zuletzt Russland als Hauptakteur präsentierte. Die Elitetruppen sollen mit den kurdischen YPG-Verbänden und mit "gemäßigten" syrischen Milizen kooperieren, die sogenannte "syrisch-arabische Koalition" (vgl. Link auf 46343), um im Nordwesten Syriens den IS anzugreifen, berichten US-Medien.
Von allen anderen Unwägbarkeiten abgesehen - so gab es zuletzt Berichte, wonach die "neuen US-Verbündeten" ganz eigene und andere Ziele verfolgen, als Raqqa anzugreifen - ist klar, dass dieses Vorgehen überhaupt nicht zu den Plänen der Türkei passt. Erdogan machte in der vergangenen Woche erneut unmissverständlich deutlich, dass er die YPG als feindliche Partei versteht und auch angreifen will.
Die Spannungen zwischen den "Partnern" USA und Türkei sind nicht die einzigen, die an der gemeinsamen Wiener Absichtserklärung rütteln. Als großer Erfolg gilt, dass im Gegensatz zu früheren Treffen Iran teilgenommen hat. Die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Iran sind aber längst nicht beseite gelegt. Riad verlangt weiterhin einen Zeitplan zur Ablösung, Baschar al-Assads.
Das betonte auch Frankreichs Außenminister Fabius. Es gebe keine vollständige Übereinkunft, wird er von der russischen Nachrichtenagentur TASS wiedergegeben. Die Konferenz sei ein erster Schritt gewesen, die Frage bleibe, wann Assad abgelöst werde. In zwei Wochen wolle man sich erneut treffen. Später sollen Vertreter der syrischen Regierung mit ausgesuchten Oppositionellen zu einem Gespräch zusammenkommen. Bislang ist allerdings nicht bekannt, wer von der Opposition dafür infrage kommt.
Die gemeinsame Erklärung zum gestrigen Abschluss der Wiener Gespräche hat die Erhaltung des ungeteilten, unabhängigen syrischen Staates zum Ziel. Mithilfe der UN sollen Wahlen durchgeführt werden und eine neue Verfassung ausgearbeitet, angesprochen wurde auch das Ziel einer Feuerpause.
Über die militärischen Absprachen zwischen den Gesprächsteilnehmern wurde nichts bekannt. Erklärt wird, "dass der IS und andere Terrorgruppen, die vom UN-Sicherheitsrat als solche ausgewiesen werden, besiegt werden müssen". Die Ansichten darüber und die Auslegungen dazu sind bekanntlich in der Kriegspraxis sehr verschieden.