USB-Stick soll IS-Treueschwur des Straßburg-Attentäters enthalten

Eingang zum Straßburger Weihnachtsmarkt 2013. Foto: Tristan Schmurr. Lizenz: CC BY 2.0

Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten bezeichnet Gefängnisse als "Brutstätten für Radikalisierung"

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Der Straßburger Weihnachtsmarktattentäter Chérif Chekatt hatte mehreren übereinstimmenden Medienberichten nach (die sich auf Justizkreise berufen) der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) die Treue geschworen und diesen Schwur in einer Aufnahme festgehalten. Die Datei mit dieser Aufnahme fanden Ermittler den Berichten nach auf einem USB-Stick, den sie im Nachlass des fünffachen Mörders beschlagnahmten.

Die Terrororganisation selbst hatte Anschlag und Täter in seinem Propagandaorgan Amak bereits zwei Tage nach den Morden am 11. Dezember für sich reklamiert, was der französische Innenminister Christophe Castaner jedoch öffentlich bezweifelte, obwohl Zeugen dem Pariser Antiterror-Staatsanwalts Rémi Heintz bestätigten, dass sie gehört hatten, wie Chekatt "Allahu Akbar" rief, als er anscheinend wahllos Weihnachtsmarktbesucher erschoss und auf sie einstach.

Vorsitzende Richterin am Düsseldorfer Oberlandesgericht warnte bereits 2016 vor Salafistenmission in Gefängnissen

Die Radikalisierung des Täters erfolgte den bisherigen Ermittlungserkenntnissen nach in einer Haftanstalt, wo er unter anderem wegen bewaffneter Raubüberfälle einsaß. René Müller, der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), bezeichnete Gefängnisse im Zusammenhang mit dieser Meldung als "Brutstätten für Radikalisierung" und forderte spezielle Schulungen für Justizvollzugsbeamte, damit sie Missionare erkennen und dagegen vorgehen können.

Barbara Havliza, die Vorsitzende Richterin am Düsseldorfer Oberlandesgericht, hatte bereits 2016 gewarnt, dass Salafisten auch in Haft viel Schaden anrichten können, indem sie andere Häftlinge für ihre Ideologie gewinnen. Ein Syrer, der das in den österreichischen Haftanstalten Jakomini und Gerasdorf machte, wurde in Graz 2017 zu zwei Jahren Haft verurteilt. Der 2015 im Alter von angeblich 16 Jahren eingereiste Araber hatte während der Verbüßung einer vorher ausgesprochenen dreijährigen Haftstrafe versucht, Jugendliche für den IS und die "Vernichtung der Christen" zu begeistern. Das kam auf, weil ihn zwei Mithäftlinge anzeigten, nachdem sie nach ihrer eigenen Entlassung keine unmittelbare Angst mehr vor ihm und seinen Gesinnungsgenossen haben mussten (vgl. Großer Waffenfund mit Verbindung zur Islamistenszene).

Zwei Personen, die man am 17. Dezember festgenommen und verdächtigt hatte, Chekatt beim Beschaffen seiner Tatwaffe geholfen zu haben, wurden dem Sender France Bleu zufolge am 20. Dezember wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Vier nach der Tat festgenommene Angehörige des Terroristen kamen bereits am 16. Dezember frei. Seine Brüder waren ebenso wie sein Vater bereits vor dem Anschlag wegen zahlreicher Straftaten polizeibekannt. Bei den polizeilichen Vernehmungen hatte der Vater des Täters zugegeben, dass Chérif Chekatt ein Anhänger der Ideologie des IS war. Zwei seiner Brüder werden ebenfalls dem Islamistenmilieu zugerechnet.

Gestern anonym und heimlich in Straßburg beerdigt

Eine Überführung der Leiche Chérif Chekatts nach Algerien, die sein Vater am 20. Dezember beim algerischen Konsulat und bei der Straßburger Stadtverwaltung beantragt und die der Straßburger Bürgermeister Roland Ries als "einfachste Lösung" bezeichnet hatte, kam nicht zustande. Stattdessen wurde der Attentäter, der zwei Tage nach seiner Tat bei einem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben kam, gestern anonym und heimlich in Straßburg beerdigt.

Von den Weihnachtsmarktanschlagsopfern Chekatts starben zwei sofort, drei weitere zählten zuerst nur zu den Verletzten. Der bislang letzte Tote war ein seit 20 Jahren in Frankreich ansässiger Pole, der den Terroristen zusammen mit anderen Rauchern vor der Tür daran hinderte, in einen Musikclub einzudringen, wo ihm möglicherweise eine Wiederholung des Bataclan-Massakers vom 13. November 2015 vorschwebte, bei dem zusammen mit gleichzeitigen Angriffen 130 Menschen ums Leben kamen (vgl. Paris: Wer waren die Opfer?).

Die anderen Opfer des Straßburger Anschlags waren ein 45-jähriger thailändischer Tourist, dessen Ehefrau verletzt überlebte, ein 61-jähriger französischer Bankangestellter, ein 45-jähriger Mechaniker aus Afghanistan und ein 29-jähriger Journalist aus Italien.

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