Überraschung im Reich der Mitte: Wirtschaft wächst stärker als erwartet
Chinas Wirtschaft wächst. Finanzinstitute heben Prognosen für 2024 an. Doch mit Blick auf 2025 geben sich die Experten verhalten.
Nachdem China in den vergangenen Monaten eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen ergriffen hat, haben einige internationale Finanzinstitutionen ihre Prognosen für das chinesische Wirtschaftswachstum im Jahr 2024 leicht angehoben. Wie die in Hongkong ansässige South China Morning Post berichtet, wird erwartet, dass das Land sein Wachstumsziel von "rund 5 Prozent" erreicht.
Unerwartet starkes Wachstum im dritten Quartal
Institute wie UBS, Moody’s Analytics, Goldman Sachs und Nomura haben ihre Wachstumsprognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2024 auf bis zu 4,95 Prozent angehoben.
In der vergangenen Woche veröffentlichte China Daten, nach denen die Wirtschaft im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 4,6 Prozent gewachsen ist, das niedrigste Quartalswachstum seit Mitte letzten Jahres. Für die ersten drei Quartale des Jahres ergibt sich damit ein Wachstum von 4,8 Prozent.
Die Schweizer Investmentbank UBS hat am Montag ihre Prognose für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt von 4,6 Prozent auf 4,8 Prozent angehoben, "angesichts des unerwartet starken BIP-Wachstums im dritten Quartal und der kürzlich angekündigten politischen Maßnahmen", heißt es in einem Forschungsbericht des China-Ökonomen Wang Tao.
Stimuluspaket zeigt Wirkung
Ende letzten Monats begann Beijing mit der Einführung geldpolitischer Stimulierungsmaßnahmen, darunter deutliche Senkungen der Hypotheken- und Leitzinsen, um die heimische Wirtschaft zu stützen und das BIP-Ziel für 2024 zu erreichen.
Am Montag senkte die chinesische Zentralbank zudem den Referenzzinssatz für fünfjährige Kredite von 3,85 Prozent auf 3,6 Prozent und für einjährige Kredite von 3,35 Prozent auf 3,1 Prozent.
Das Forschungsinstitut Moody’s Analytics erhöhte seine Prognose für 2024 am Montag von 4,8 Prozent auf 4,95 Prozent, da die Konjunkturmaßnahmen trotz wirtschaftlicher "Schwäche" im dritten Quartal die Erwartungen steigerten.
"Um es klar zu sagen: Die jüngsten Unterstützungsmaßnahmen sind willkommen", sagte Harry Murphy Cruise, Ökonom bei Moody’s Analytics, letzte Woche. "Und sie werden wahrscheinlich dazu beitragen, dass die Wirtschaft ihr Ziel von 'rund 5 Prozent' für dieses Jahr erreicht wird".
In der vergangenen Woche hatte bereits Goldman Sachs seine Wachstumsprognose für China von 4,7 Prozent auf 4,9 Prozent erhöht, während die japanische Investmentbank Nomura am Montag bekannt gab, dass sie ihre Prognose für 2024 von 4,6 Prozent auf 4,7 Prozent angehoben hat.
Ende September stellte Nomura fest, dass Beijing trotz der "Bazooka" an Konjunkturmaßnahmen "noch gut durchdachte politische Maßnahmen einführen muss, um viele der tief verwurzelten Probleme anzugehen, insbesondere im Hinblick auf die Stabilisierung des Immobiliensektors".
Verhaltene Aussichten mit Blick auf 2025
Ob die Maßnahmen mit Blick auf die Zukunft reichen werden, den chinesischen Drachen wieder in alte Flughöhen zu bringen, bleibt fraglich. Für 2025 liegen die Prognosen unter den Schätzungen für dieses Jahr, wobei Goldman Sachs für das kommende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 4,7 Prozent prognostiziert, etwas mehr als die UBS mit 4,5 Prozent.
Moody’s Analytics erwartet für 2025 ein Wachstum des chinesischen BIP von 4,75 Prozent, während die Asian Development Bank für 2025 ein Wachstum von 4,5 Prozent prognostiziert, was unter der diesjährigen Schätzung von 4,8 Prozent liegt.
Die Institutionen wiesen auf die Auswirkungen möglicher neuer Zölle auf chinesische Exporte in die USA hin, sollte Präsident Donald Trump die Wahlen im nächsten Monat gewinnen.
"Im Falle einer drastischen Erhöhung der US-Zölle würden wir selbst bei einem stärkeren politischen Stimulus ein Wachstum von weniger als 4 Prozent sehen", so die UBS am Montag.