Ukraine-Krieg: Jetzt ist die Zeit für einen realpolitischen Kurswechsel
Seite 2: Verunmöglichung sinnvoller Debatten
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Die Lehren aus diesen Schlussfolgerungen sind einfach. Das Pentagon hätte seine Vorräte leeren sollen, um der Ukraine zu helfen, selbst wenn es dadurch kritische Schwächen in seiner eigenen Einsatzbereitschaft offenbart hätte – wie ein Gesetzgeber in den ersten Tagen des Krieges sagte: "Wenn es schießt, schicke es".
Westliche Staaten, so wurde argumentiert, sollten aus Prinzip über alles hinwegmarschieren, was Moskau als rote Linie ansehen könnte. Selbst der Versuch, unsere Hilfe für die Ukraine mit der realen und ernsten Gefahr einer Eskalation in Einklang zu bringen, wie es die Biden-Administration mit ihrem Modell des Eskalationsmanagements versucht hat, wird von diesen Stimmen als Kapitulation vor der russischen "nuklearen Erpressung" deklariert.
Dennoch hat dieser Krieg aus vielen der gleichen Gründe eine metaphysische Überstruktur angenommen, die jede sinnvolle Debatte auslöscht und unmöglich macht. Entgegen allen verfügbaren Beweisen wird uns erzählt, das erbarmungslose Gemetzel in der Ostukraine und zuletzt in der russischen Region Kursk sei Teil eines edlen Kreuzzuges für die Demokratie.
Es ist ein globaler Kreuzzug, denn Russlands "Sieg" in der Ukraine wird Putins Marsch nach Westen beflügeln und Xi Jinping "grünes Licht" geben, Taiwan anzugreifen.
Aber wann hat eine Kriegsmobilisierung jemals ein Land weniger korrupt, freier oder liberaler gemacht? In dem Maße, in dem Demokratie Stabilität erfordert, ist es keineswegs klar, dass die ukrainischen Institutionen von der unbestimmten Fortsetzung eines Krieges profitiert haben, der die wirtschaftlichen Aussichten des Landes zerstört und es in eine demografische Krise gestürzt hat.
Die Vorstellung, dass die Chinesen darauf warten zu sehen, wer welchen Teil des westlichen Donezk kontrolliert, anstatt viel näher liegende Faktoren wie das Kräfteverhältnis im asiatisch-pazifischen Raum und die Abschreckungsfähigkeit Taiwans zu bewerten, verdient kaum eine ernsthafte Diskussion.
Auch kann Beijing das klare Signal des Westens, nicht für die Ukraine zu kämpfen, nicht als Stellungnahme zu Taiwan interpretieren, das im politischen Denken der USA einen ganz anderen strategischen Stellenwert einnimmt.
Schließlich gibt es, wie ich zuvor zusammen mit meinen Kollegen George Beebe und Anatol Lieven erklärte, keinen Beweis dafür, dass Moskau entweder die Fähigkeit oder die Absicht zeigt, einen Angriffskrieg gegen einen NATO-Staat zu starten; tatsächlich würde dies den strategischen Zielen Russlands, die hinter der Invasion in der Ukraine stehen, widersprechen.