Ukraine: Türkei wird neuer Rüstungspartner

Seite 2: Rheinmetall umgeht politische Vorgaben

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Durch einen Trick können deutsche Rüstungskonzerne die Politik umgehen. Sie gründen Unternehmen und bauen Fabriken in den Zielländern auf. Rheinmetall ist seit Jahren in der Türkei über Joint Ventures und Tochterunternehmen aktiv. Anfang Mai 2015 unterzeichnete der Konzern mit Sitz in Düsseldorf mit dem türkischen Rüstungsunternehmen MKEK auf der IDEF-Messe in Ankara ein Memorandum of Understanding zur Gründung einer Joint Venture Gesellschaft in der Türkei, deren Aufgabe die gemeinsame Entwicklung neuer Produkte auf dem Gebiet von Waffensystemen und Munition sein sollte.

"Die Rheinmetall Defence Türkei (RDT), eine 100-prozentige Tochter, dient als Repräsentanz des Unternehmens im Nato-Partnerland Türkei", wie ein Sprecher laut einem Bericht der Zeit mitteilt. Als Tochter, mit einem Anteil von 90 Prozent, betreibe der Gesamtkonzern laut Geschäftsbericht in Ankara bereits das Unternehmen Rheinmetall Savunma Sanayi Anonim Şirketi.

Zudem sei man mit 40 Prozent an Rheinmetall BMC Savunma Sanayi Ve Ticaret A.S. beteiligt. BMC gehöre zu den beiden Unternehmen, mit denen Rheinmetall in das Panzergeschäft einsteigen will … Eigentümer des türkischen Rheinmetall-Partnerunternehmens BMC sei der ehemalige Journalist und glühende Erdoğan-Anhänger Ethem Sancak. Er konnte BMC im Jahr 2014 vom Staat erwerben.

Die deutsche Regierung kann das kaum verhindern, denn die Geschäfte von ausländischen Tochterunternehmen, sowie der Aufbau von Produktionsstätten fallen nicht unter die deutsche Rüstungsexportkontrolle. Solange die Materialien und Komponenten nicht aus Deutschland kommen, sondern bspw. aus Italien, kann die Bundesregierung nichts ausrichten. So gibt sich der Rheinmetall-Chef Armin Papperger dann auch gelassen.

Die türkische Regierung wolle, dass Rheinmetall nicht nur in die Türkei liefere, sondern auch etwas in der Türkei produziere. Und alles bewege sich im gesetzlichen Rahmen. Der Rüstungsexperte der Linken im Bundestag, Jan van Aken, bemerkt hierzu, dass Rheinmetall ein Schlupfloch für den Export von Know-how nutze. Die Bundesregierung schaue gelassen zu, dies sei der eigentliche Skandal. Wenn solche Kooperations-Geschäfte legal seien, dann zeige dies, dass die deutsche Rüstungsexportkontrolle ein schlechter Witz sei.

Die Bundesregierung versucht das Thema klein zu halten, denn es ist bald Bundestagswahl und die deutsche Öffentlichkeit ist im Moment nicht gut auf die Türkei zu sprechen. Nazi-Vorwürfe, die Inhaftierung des Welt-Journalisten Deniz Yücel, das manipulierte Referendum zur Etablierung einer quasi-Diktatur, die fortlaufenden "Säuberungen" des Staatsapparates, die Vertreibung, Ermordung und Diskriminierung Andersdenkender kommen finster an in der deutschen Öffentlichkeit.

Die Türkei als wichtigen Bündnispartner zu präsentieren, lässt sich im Moment nicht gut verkaufen. Dies muss auch Rheinmetall zur Kenntnis nehmen. Die Kritik an der Türkei ist in den höchsten EU-Gremien, Europarat und Europaparlament Thema. Daher ist es nicht überraschend, dass sich Erdogan neue Bündnispartner sucht.