Ukrainischer Schlag gegen "Kadyrowzi"

Hat Ramsan Kadyrow die Social-Media-Aktivitäten seiner Kämpfer nicht im Griff? Foto: Pressedienst des Präsidenten der Russischen Föderation / CC-BY-4.0

Die auf russischer Seite kämpfenden Truppen des tschetschenischen Regionalfürsten Kadyrow sollen in der Ukraine 30 Soldaten verloren haben. Bestätigt wird dies von russischer Seite nicht. Kadyrow tobte jedoch vielsagend.

Unter den regionalen Gebietsfürsten in Russland spielt der Tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow nicht erst seit Beginn des Ukraine-Krieges eine Sonderrolle. Mehr noch als Gesamtrussland stehen schon viele Jahre die Zustände in seiner Republik im Bereich der Menschenrechte oder speziell bei den Rechten der Frauen unter harter Kritik. Über 200 Verfahren waren wegen der Zustände in Tschetschenien beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits 2019 anhängig.

Berüchtigte Truppen eines berüchtigten Hardliners

Seit der russischen Ukraine-Invasion geriert sich Kadyrow zusätzlich als Hardliner gegen die Ukraine. Er fordert schon lange eine Ausweitung des Krieges, einen neuen Marsch auf Kiew oder die Prüfung des Einsatzes von taktischen Atomwaffen durch Russland.

Berüchtigt ist nicht nur der Anführer der tschetschenischen Einheiten in den russischen Invasionstruppen, sondern auch die Einheiten selbst. Diese, "Kadyrowzi" genannt, fallen im Kriegsgebiet nicht nur durch markige Propagandavideos bis hin zum geplanten "Durchmarsch nach Berlin auf. Sie waren auch mutmaßlich an mehreren Kriegsverbrechen beteiligt. Hierbei muss aber festgestellt werden, dass die Einheiten mehrheitlich nicht etwa aus ethnischen Tschetschenen bestehen, sondern, wie die exilrussische Onlinezeitung Novaya Media berichtet, aus einem Sammelsurium aller Völker Russlands, mehrheitlich Slawen.

Die Kadyrowzi sind laut der Militärzeitschrift Task & Purpose nicht Teil der Befehlskette der normalen russischen Armee, sondern unterstehen dem Befehl von Kadyrow persönlich, der wiederum direkt Putin unterstellt ist. Unter der einheimischen Zivilbevölkerung sind die Tschetschenen gefürchtet, ihr tatsächlicher Kampfwert im Kriegseinsatz ist unter Experten allerdings umstritten. Durch Sondermittel aus Tschetschenien selbst sollen die Einheiten unter besseren Bedingungen kämpfen als andere russische Truppen.

Verlautbarung von Kadyrow deutet auf erheblichen Verlust hin

Nicht zuletzt wegen ihres Rufs machte es besonders große Schlagzeilen, als der ukrainische Generalstabschef in einem Bericht angab, bis zu 30 Kadyrowzi-Kämpfer seien bei einem Angriff in der Region Cherson auf eine Schule, die sie als Unterkunft genutzt hatten, getötet worden. Exiltschetschenische Medien sprachen sogar von bis zu 100 Gefallenen. Passend dazu erschien auf YouTube ein Video, in dem Tschetschenisch sprechende und mit Staub bedeckte Militärs in einem zerstörten Gebäude sitzen.

Die russische Armee kommentierte diese Verlustmeldung für die eigene Seite wie fast immer in keiner Weise, auch nicht durch ein Dementi. Eine indirekte Bestätigung, dass etwas von Bedeutung geschehen sein muss, kam jedoch von Kadyrow selbst, auf seinem persönlichen Telegram-Kanal kurz nach dem mutmaßlichen Volltreffer. Er kritisierte harsch die "schlechte" Reaktion der russischen Seite auf Angriffe der Ukrainer und forderte harte Vergeltung.

Wenn bei uns eine Granate in unsere Richtung geflogen ist, müssen wir die [ukrainischen] Städte auslöschen, bis der ferne Horizont sichtbar wird. Nur dann verstehen sie, dass sie nicht einmal daran denken sollten, in unsere Richtung zu schießen!"


Ramsan Kadyrow am 24. Oktober 2022 via Telegram

Auch Kadyrow bestätigte jedoch den Verlust nicht direkt. Seine "persönliche" Kriegstruppe darf stets nur Erfolgsmeldungen in der breiten Öffentlichkeit präsentieren und nutzt dazu zahlreiche Online-Kanäle. Bei Misserfolgen schweigt sie sich aus. Peinlich wäre die Nachricht vor allem, wenn die Gefallenen tatsächlich ihren Standort durch leichtsinnige Verbreitung von Social-Media-Fotos verraten haben, wie der ukrainische Militärgouverneur der Region Cherson, Serhij Chlan, erklärt hatte.

Ob die ukrainische Erfolgsmeldung über den Tod der Kadyrowzi real oder übertrieben ist, lässt sich anhand russischer Gegenmeldungen nur schwer abgleichen. Da der Vorfall nicht Gegenstand der offiziellen Kriegsschilderung des Russischen Verteidigungsministeriums ist, ist es innerrussischen Medien nicht möglich, darüber überhaupt zu berichten, ohne wegen der Verbreitung von "Feindpropaganda" den Fortbestand ihres Mediums zu gefährden.

So beschränkt man sich bis hin zur seriösen Zeitung Kommersant darauf, Kadyrows Erklärung nachzubeten, ohne den mutmaßlichen Hintergrund zu erläutern.