Umstellung auf Sommerzeit
Ab morgen wird früher geheizt
Heute Nacht ist es wieder so weit: Am 30. März um zwei Uhr morgens werden die Uhren in Deutschland auf drei Uhr vorgestellt. Am Montag den 31. März müssen viele Arbeitnehmer deshalb eine Stunde früher aufstehen, als sie dies gewohnt sind. Diese nach der Ölkrise in den 1970er Jahren beschlossene Zeitumstellung sollte dazu führen, dass Energie gespart wird.
Mittlerweile gibt es allerdings zahlreiche Untersuchungen, die belegen, dass der erhoffte Effekt nicht eintrat (vgl. Sommerzeit auf dem Rückzug): 2005 wurde bekannt, dass den Zahlen der Bundesregierung nach Energieeinsparungen bei der Beleuchtung "durch den Mehrverbrauch an Heizenergie durch Vorverlegung der Hauptheizzeit überkompensiert" werden. Dieser Mehrverbrauch entsteht vor allem im Frühling und im Herbst, wenn es kälter ist als im Sommer. Nach dem inzwischen erfolgten Glühlampenverbot in der EU sank der Anteil der für Beleuchtung aufgewendeten Energie, was die Bilanz weiter zu Ungunsten der Zeitumstellung verschlechtert. Das bestätigte gestern erneut das Umweltbundesamt.
In Großbritannien rechnete Elizabeth Garnsey vom Institute for Manufacturing an der Cambridge University 2007 vor, wie die Zeitumstellung zu einem um fünf Prozent höheren Verbrauch an Elektrizität führt, den CO2-Ausstoß massiv steigert und die britischen Haushalte viel Geld kostet. Auch die Wirtschaftswissenschaftler Matthew Kotchen und Laura Grant von der University of California in Santa Barbara, die drei Jahre lang die Zeitumstellung im Bundesstaat Indiana beobachteten, kamen 2008 zu dem Ergebnis, dass dort der Stromverbrauch nach der Umstellung auf die Sommerzeit ansteigt. Die dadurch entstehenden jährlichen Mehrkosten für den Verbraucher schätzten sie auf etwa 8,6 Millionen US-Dollar und die Umweltschäden auf 1,6 bis 5,3 Millionen.
Darüber hinaus verursacht die Zeitumstellung gesundheitliche Belastungen und eine Vielzahl anderer Probleme, die sich nicht immer durch den bloßen Einsatz von Weckern lösen lassen: Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) warnt beispielsweise davor, dass zum Beginn der Arbeitswoche Rehe und Wildschweine die Straßen häufig nicht mehr zu (relativ) nachtschlafender Zeit, sondern "mit dem Berufsverkehr zusammen" kreuzen.
In Russland schaffte man nach einem Durchrechnen von Vor- und Nachteilen 2011 die zu Sowjetzeiten eingeführte Zeitumstellung ab. In Deutschland versuchten Dorothee Bär und die Junge Union Bayern 2012 einen entsprechenden Vorstoß, scheiterten aber an der Mehrheit in der CSU. Letzte Woche wagte die auch für Energie zuständige bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner einen neuen Vorstoß:
Sie teilte öffentlich mit, eine Gegnerin der von einer sozialdemokratischen Bundesregierung eingeführten und 2001 in eine EU-Richtlinie gegossenen Maßnahme zu sein zu sein. Um die energiepolitisch unsinnige Pflicht abzuschaffen, erwägt sie unter anderem, eine EU-Petition ins Leben zu rufen und die EU-Kommission dadurch zu zwingen, sich mit der Frage zu beschäftigen. Vorbild ist hier offenbar eine EU-Petition gegen die Wasserprivatisierung, die im letzten Jahr fast 1,9 Millionen Europäer unterzeichneten.
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