Umweltschäden durch US-Militärbasen – lokal und global

Seite 3: Schadensersatz durch US-Militär weitestgehend Fehlanzeige

Der bereits erwähnte Journalist Jon Mitchel verweist in seinem Buch unter Bezug auf die Untätigkeit der japanischen Behörden gegenüber den genannten Umweltschäden, dass diesen aufgrund des ungünstigen Truppenstationierungsabkommens Japans mit den USA faktisch die Hände gebunden seien.

Als Gegenbeispiel führt er an, dass gemäß dem entsprechenden Abkommen in Deutschland nur 25 Prozent der vom US-Militär verursachten Kosten von deutschen Behörden übernommen würden und damit der größte Teil zur Schadensbeseitigung bzw. Bodensanierung von den US-Militärs selbst. Diese Aussage ist zwar prinzipiell richtig, jedoch kommt diese Festlegung in der Realität nur selten zur Anwendung.

Die kostenintensivste Sanierungsmaßnahme aufgrund von Schadstoffeinträgen des US-Militärs erfolgte wohl am Standort der früheren Rhein-Main Air Base, dem derzeitigen Baugelände des Terminal 3 am Frankfurter Flughafen. Dort wurden ca. 500.000 Kubikmeter Erdaushub als PFAS-belastet zunächst zwischengelagert und anschließend auf verschiedene, weit entfernte Sonderdeponien verfrachtet. Brisant ist hierbei, dass PFAS-taugliche Deponien deutschlandweit kaum verfügbar sind.

Die auf Telepolis-Anfrage beim zuständigen Regierungspräsidium vorgelegten Unterlagen für den Endverbleib des belasteten Bodens verweisen auch auf eine Deponie in Sachsen-Anhalt, wo diese Endlagerung nur mit einer speziellen Sondergenehmigung ermöglicht wurde.

Die gewaltigen Kosten für den Flughafenbetreiber Fraport spielten aber offenbar keine große Rolle. Nach der Schließung der Air Base 2005 waren zwar die PFAS-Belastungen bereits bekannt, wurden aber erst in den letzten Jahren systematisch untersucht.

Im Rahmen einer Kleinen Anfrage im Bundestag wurde dazu auch hinterfragt, warum das US-Militär nicht für die Sanierungskosten herangezogen wurde. Die Antwort: Der US-Feuerlösch-Übungsplatzes sei auch durch die zivile Feuerwehr des Flughafens mitbenutzt worden, weshalb der Verursacher nicht eindeutig sei.

Im Falle der Umgebungsbelastungen durch die Air Base Spangdahlem gab es aber tatsächlich einen Fall mit Entschädigungszahlungen. Die örtliche Verbandsgemeinde Wittlich-Land erhielt 2017 als örtlicher Abwasser-Entsorger fast eine halbe Million Euro von der Bundesanstalt für Immobilien (BImA) für Mehrkosten bei der Verbrennung des PFAS-belasteten Klärschlamms. Diese Kosten wurden überwiegend an das US-Militär weiter gereicht. Seitdem werden aber weitere Schadensersatzforderungen wegen PFAS abgelehnt.

Eine Klage der Verbandsgemeinde Wittlich-Land vor dem Landgericht Trier wurde mit Urteil vom 12.10.2021 abgelehnt, mit dem absurden Hinweis, dass das US-Militär nicht zu 100 Prozent als Verursacher feststehe. Verwiesen wurde auf einen bekannten Fall, in dem an dem örtlichen Feuerwehrhaus bei einem Junggesellenabschied ein Schaumteppich ausgelegt wurde.

In Ansbach-Katterbach hatte der Besitzer eines Mehrfamilienhauses wegen der nicht mehr möglichen Direktnutzung von Grundwasser durch einen eigenen Brunnen geklagt, nachdem Anfang 2018 von der US-Umweltabteilung am Militärstandort selbst auf die PFAS-Belastung hingewiesen wurde. Die Klage wurde Anfang August 2021 abgewiesen. Dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht gegeben sei, wird neben Hinweisen auf zu wahrende Fristen nach dem Nato-Truppenstatut wie folgt in bestem Juristendeutsch begründet:

Für die Folgen einer Verunreinigung des Grundwassers unter dem klägerischen Grundstücks folgt dies schon daraus, dass aus belastetem Grundwasser unter einem Grundstück allein keine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche hergeleitet werden können, da das Grundwasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterworfen ist.

Behördliche Untätigkeit und Handlungsoptionen

Die politisch tolerierte Untätigkeit von Umweltbehörden hat letztlich mehrere zusammenhängende Ursachen. Zunächst ist die Prozesskette zur Behandlung von Schadstoffbelastungen wie vor allem bei PFAS sehr komplex. Wenn diese innerhalb des Standortes auftreten, werden solche mittlerweile von US-Dienststellen selbst gemeldet.

Teilweise werden diese aber erst durch Immissionen außerhalb des Standortes registriert, wie bei Schadstoffen in Brunnenwasser oder Oberflächengewässern. Die regionale Umweltbehörde muss dann offiziell in Verbindung mit der BImA als formelle Eigentümerin der US-Militärbasen aktiv werden.

Für hydrogeologische Gutachten als Basis für Schadstoffbewertung und die eventuell recht aufwändige, kontinuierliche Überwachung auf dem US-Militärgelände müssen dann von dem US-Kongress die Geldmittel bereitgestellt werden.

Erst dann kann nach vorhergehender Ausschreibung die gutachterliche Detailprüfung mit aufwändigen Messstellen im Grundwasser durchgeführt werden. Die deutschen Umweltbehörden müssen hierbei den Gesamtvorgang verfolgen, was aufgrund von Personalmangel – der sich tendenziell verschärft – zu Vollzugsdefiziten bei Überwachung und Einleitung von Maßnahmen führt.

Für zivilgesellschaftlichen Widerstand ergibt sich letztlich auch eine komplexe Gemengelage, durch die behördliche Teilung der Aufgaben, etwa die untere und obere Wasserbehörde, aktive oder passive Rolle der BImA als Eigentümerin, Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben durch Umwelt-/Ingenieurabteilungen der US-Militärs am Standort und letztlich auch der Auskunftsfreudigkeit bzw. Auskunftsverweigerung der deutschen Umweltbehörden.

Kurzfristig muss deshalb volle Transparenz zu vorhandenen Umweltproblemen durch das US-Militär eingefordert werden, wozu die gemäß dem Nato-Truppenstationierungsabkommen vorhandenen und willkürlich angewendeten Restriktionen fallen müssen. Nur so können Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen umfassend den Stand vorhandener Untersuchungen und eingeleiteter Sanierungsmaßnahmen beurteilen und notwendige Maßnahmen einfordern.

Die grundsätzliche und schwierigste Aufgabe ist, vor allem bei Kommunal- und Landespolitikern einzufordern, dass nicht mehr eine irrsinnige Werbung für die Fortdauer der regionalen US-Militärpräsenz erfolgt. Bedingt durch den Ukrainekrieg erfolgt derzeit sogar ein Ausbau mehrerer US-Standorte in Deutschland.

Für die sozioökonomische Entwicklung strukturschwacher Regionen ist diese kein Rettungsanker, sondern nicht nur wegen der hier verkürzt dargestellten Umweltprobleme eine Belastung. Konversionskonzepte für zivile Nachnutzungen von US-Militärstandorten gibt es mittlerweile sowohl für die Großregion Kaiserslautern als auch für andere Regionen, wozu leider auch der notwendige Aufwand zur Flächensanierung aufgrund vorhandener Umweltschäden zählt.

Umweltbelastungen und Behinderungen in der zivilen Wirtschaftsentwicklung von US-Militärregionen sind jedoch nur einige Gründe im gesamten politischen Kontext, den etwa Oskar Lafontaine mit seinem jüngsten Buch unter dem Titel Ami, it’s time to go formuliert hat.

Quellenangaben und weitere Infos

In vorliegendem Beitrag wird aus mehreren unveröffentlichten Quellen zitiert, die dem Autor vorliegen. Deren Weitergabe unterliegt jedoch gewissen Restriktionen. Aktuelle und weitergehende Informationen finden sich unter https://umwelt-militaer.org, darunter auch Objekt-Datenblätter mit näheren Informationen zu einzelnen Militärstandorten mit lokalen Belastungen.

Eine umfassende Darstellung der PFAS-Thematik mit der Broschüre "PFAS – Zeitbombe im Untergrund" ist online als PDF abrufbar.

Zusammenstellung von Links mit parlamentarischen Auskünften aufgrund Kleiner Anfragen im Bundestag.

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