Ungarn: "Verpflichtender Aufenthaltsort" für Flüchtlinge und ein böses Spiel

Seite 2: Zahlen, Nachrichten aus der Wirklichkeit und Kontext

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Dafür sprechen die Zahlen, der Umgang der Regierung mit Zahlen, Vorkommnisse in der Wirklichkeit und eine ideologische Selbsterhöhung über Mythen, kurzum der Kontext, in dem das Gesetz eingebettet ist.

Die Flüchtlinge haben Prügel zu erwarten, die Begleitung zurück in die Transitzone dürfte nach Erfahrungsberichten, die bisher an den Tag gekommen sind, nicht immer so harmlos verlaufen, wie es der Begriff "Begleitung" verspricht.

"Einwanderungsnotstand"

Das neue Gesetz wurde im Rahmen eines "Einwanderungsnotstands" verabschiedet, der kürzlich bis zum Sommer 2017 verlängert wurde. Die gegenwärtigen Zahlen der Aufgriffe von illegalen Einwanderern sind hoch. Offiziell ist laut Pester Lloyd von 80 bis 100 Aufgriffen die Rede, inoffizielle Schätzungen gehen von 150 pro Tag aus.

Das ist eine Zahl, die aufs Jahr gerechnet, ein erhebliches Problem für die Politik ist, aber ist das schon ein Notstand, der die Härten, die mit den Gesetzen verbunden sind, rechtfertigt?

Derzeit befinden sich 586 Migranten in Camps. Täglich werden etwa 25 Personen für den Eintritt in die Transitzone zugelassen. Die FAZ berichtet auf Angaben der Regierung gestützt von zehn zugelassenen Migranten pro Tag an jeder der beiden Einlassstellen an der serbisch-ungarischen Grenze.

Die Regierung versucht die Bedrohung möglichst drastisch darzustellen. Orbàns Sicherheitsberater Bakondi warnt vor 7.000 Flüchtlingen, die in Serbien warten und von weiteren 80.000 auf dem gesamten Balkan. Der Kabinettschef Lázár tischte die Zahl von 800.000 auf, "die im Balkan feststecken" und Orbán wird damit zitiert, dass mehr als 6 Millionen versuchen, in die EU zu kommen, weitere Hundert Millionen würden in Afrika auf eine Gelegenheit warten.

Ein neuer Zaun

Das Ganze wird in die nationale Saga verpackt, in der Ungarn die Rolle der Bastion zur Verteidigung des christlichen Abendlandes zukommt. Die Erzählung aus vorigen Jahrhunderten umhegt sich derweil mit einem High-Tech-Abwehrwall. Derzeit wird ein zweiter Zaun gebaut, mit Wärme-und Nachtkameras und Berührungs- und Bewegungsmelder in 10 bis 15 Zentimeter Abstand

Bis Mai soll er fertig sein. Die Kosten des Grenzschutzes belaufen sich nach Regierungsangaben von 2016 auf 650 Millionen Euro. Pester Lloyd hält dem die Betreuungskosten für Flüchtlinge von 30 Millionen Euro entgegen und den Entwicklungshilfeetat von 190 Millionen Euro, der angeblich zu c.a. zu 80 Prozent "an politisch ausgerichtete Projekte für 'Ungarn im Ausland" fließen soll.