Ungesunde Sexspiele
Greenpeace warnt vor Weichmachern in Vibratoren
Weichmacher? Das dürfte so ziemlich das Letzte sein, was man im Bett haben will. In Plastikspielzeugen für Kinder und eben auch Erwachsene sind sie allerdings in gesundheitlich extrem bedenklichen Mengen enthalten.
Aus PVC hergestellte Plastikwaren stinken deshalb so erbärmlich, weil PVC im Originalzustand wie in Vinyl-Schallplatten hart und ohne Zusätze sogar unbrauchbar spröde ist. Nur mit sogenannten Weichmachern, den Phthalaten, wird PVC wie gewünscht biegsam und schlabberig, doch wird der Kunststoff dazu bis zu 40% mit Phthalat versetzt. Dieses ist nicht chemisch an PVC gebunden, tritt also ständig aus dem Weich-PVC aus, was den penetranten typisch Plastik-Gestank auslöst. Wenn das Material mechanisch belastet oder erwärmt wird, steigern sich die Phthalat-Emissionen erheblich.
Phthalate, die zu 90% in die PVC-Produktion wandern, sind krebserregend, schädigen die Entwicklung heranwachsender Kinder und machen Männer unfruchtbar, da sie auf diese wie weibliche Hormone wirken. Leber- und Nierenschäden sowie Hodenkrebs sind die Folge.
In Kinderspielzeug wie Beißringen und aufblasbaren Tieren sind Phthalate seit 1999 verboten, da Kleinkinder das Spielzeug in den Mund nehmen – beim Beißring ist dies ja sogar offiziell vorgesehen – und sich so besonders schnell vergiften. Auch in Kosmetika, Lacken, Klebstoffen oder Medikamenten waren die gefährlichen Stoffe zu finden, sind dort aber seit 2004 teils ebenfalls verboten. In Elektrokabeln oder PVC-Bodenbelägen finden sie sich auch heute noch. Und in Sexspielzeug für Erwachsene, von der berühmten „aufblasbaren Seemannsbraut“ über „Liebeskissen“, PVC-„Lack“-Kleidung bis hin zu den bunten Vibratoren und Dildos – alles pflegeleicht, abwaschbar, biegsam – und giftig.
Der Erotikbranche ist das Problem durchaus seit längerem bekannt, die Anbieter anspruchsvollerer Spielzeuge empfehlen den Umstieg auf teureres, doch von Natur aus biegsames Silikon oder Hartglas anstelle von Weich-PVC oder die Verwendung von Kondomen auf konventioneller Ware, was zwar ziemlich absurd klingt, doch zumindest eine deutliche Barriere zwischen den schädlichen Chemikalien und den menschlichen Schleimhäuten errichtet. Der Verbraucherschutz hat sich um derartige Artikel bisher dagegen nicht gekümmert.
Greenpeace – und zwar die sich mit dem Thema verständlicherweise am leichtesten anfreundende niederländische Sektion – hat nun erstmals Sexspielzeug ökologisch testen lassen – fünf Produkte aus einheimischer Produktion und drei importierte Artikel aus Frankreich. Dabei fanden sich in sieben der acht getesteten Produkte Weichmacher-Konzentrationen von 25 bis 51% – nur ein Artikel enthielt neben PVC lediglich ungefährlichere Öle und Paraffine.
Die letzten Jahre haben wir viele Produkte getestet, doch nie derartig hohe Konzentrationen vorgefunden
Bart van Opzeeland, Greenpeace Niederlande
In einer vom Kondomhersteller Durex im Jahr 2005 veranlassten Studie gaben hochgerechnet drei Millionen Niederländer an, mindestens ein derartiges Sexspielzeug zu besitzen. Pro Jahr werden in den Niederlanden eine weitere Million im Wert von 22 Millionen Euro verkauft, doch werden diese oft als "Scherzartikel" deklariert, womit die Hersteller andernfalls verpflichtende Prüfungen auf gesundheitliche Verträglichkeit umgehen.