Unglaubliche Solidarität mit jungen Basken
Auf der größten Demonstration aller Zeiten im baskischen Iruña (Pamplona) wurde die Freiheit von acht jungen Basken gefordert, die wegen einer Rangelei mit Paramilitärs wegen "Terrorismus" bis zu 62 Jahre in den Knast sollen
"Oktober 2015, kurz vor diesen Bildern war es zu einer Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe junger Basken und der spanischen Polizei, der Guardia Civil gekommen", hat gestern auch das ZDF über einen unglaublichen Vorgang berichtet, der am Samstag mindestens 80.000 Menschen auf die Straßen der baskischen Stadt Iruña (span. Pamplona) getrieben hat. Auch spanische Medien sprechen von einer historischen Menschenflut, um die Freiheit von acht jungen Basken zu fordern.
Warum die Verurteilung von neun jungen Basken, die zunächst zu Knaststrafen zwischen 2 und 13 Jahren wegen Körperverletzung, Störung der öffentlichen Ordnung und Angriffe auf die Autorität verurteilt worden und bis auf eine junge Frau nun inhaftiert sind, so viel Empörung weit über das Baskenland hinaus erzeugt, reißt auch der ZDF-Bericht an. Dass das Ministerium für Staatsanwaltschaft jetzt Revision eingelegt hat und weiterhin bis zu 62 Jahre für "Terrorismus" fordert, wird allerdings nicht genannt. Und der Bericht geht auch in der Behauptung fehl, dass die Guardia Civil die Polizei sei. Es ist eine Militäreinheit, die dem Verteidigungsministerium untersteht und auch an Kriegseinsätzen wie im Irak oder Afghanistan teilnimmt. Sie übernimmt in Spanien zum Teil auf einer höchst zweifelhaften juristischen Grundlage Polizeiaufgaben.
Doch korrekt stellt das ZDF dar: "Hier sieht man einen der Beamten, der später behauptet hat, blutig geschlagen worden zu sein, im unbefleckten weißen Hemd. Er gibt einem der Männer, die ihn angegriffen haben sollen, sogar noch die Hand." Das Video, das der Hauptbeschuldigte Iñaki Abad gefilmt hatte, macht unzweideutig klar, dass es keine "Lynchjustizstimmung" gab. Es macht auch klar, dass das später vor Gericht präsentierte zerrissene und blutbefleckte Hemd eine Fälschung ist. Angeblich soll der Beamte, der im Video gezeigt wird, am Boden liegend von einer Gruppe brutal attackiert worden sein, wie er vor Gericht behauptete. Das gesamte Video zeigt zudem, dass es den Zivilgarden missfiel, dass die Vorgänge vor der Kneipe aufgezeichnet worden sind. Einer versucht, dem nun verurteilten Iñaki Abad das Handy aus der Hand zu schlagen.
Es handelt sich um einen Justizskandal, durch den vier junge Basken seit fast drei Jahren in Haft gehalten werden und acht nun für viele Jahre hinter Gittern verschwinden sollen. Das Video ist nur ein Beweis, aber längst nicht der einzige, dass hier schwere Straftaten konstruiert werden, um an den Basken ein Exempel zu statuieren. So haben auch Ärzte bestätigt, dass die angeführten Verletzungen der Paramilitärs nicht mit einer Aggression von etlichen Teilnehmern in Einklang stehen können. Einer der angeblichen "Haupttäter" war nachweislich nicht in der Kneipe Koxka, in der es zur Auseinandersetzung kam, die nach Aussagen von Zeugen die Paramilitärs provoziert haben sollen.
So befand sich Adur Ramírez nachweislich im Fronton, um sich ein Ballspiel anzuschauen, wie die Aufnahmen des öffentlich-rechtlichen baskischen Rundfunks beweisen. Er hatte zudem kein rotes T-Shirt an, wie die Zivilgarden behauptet hatten, sondern dunkle Kleidung. Auch diese Aufnahmen sollten zunächst nicht als Beweis angenommen werden und wurden erst auf massiven Druck zugelassen. Das verhinderte aber nicht, dass Ramirez mit zwölf Jahren die zweithöchste Strafe bekam. Abad, der sich als angeblicher Täter nicht vom Tatort entfernte, sondern das nicht zugelassene Video aufgenommen hat, bekam mit 13 Jahren sogar die Höchststrafe.
Es war nun die zweite große Demonstration in Iruña, denn schon vor dem Urteil hatten 50.000 Menschen protestiert. In diesem Fall war die Solidarität aus anderen Regionen noch größer als bei der Demonstration im April. Aus dem gesamten spanischen Staat sind Menschen mit Bussen angereist, um sich mit den Basken gegen die absurde Repressionspolitik zu solidarisieren. Aus Katalonien waren besonders viele Menschen angereist, da man absurde Anklagen durch eine politisierte Justiz dort ebenfalls gut kennt. Sie werden inzwischen auch in ganz Europa von Juristen abgelehnt. Das zeigen die Fälle der katalanischen Politiker in ihrem Exil in Belgien, der Schweiz, Schottland oder Deutschland, die nicht an Spanien ausgeliefert werden.
"Zu unserem großen Leidwesen sahen wir uns gezwungen, zu dieser zweiten großen Demonstration aufzurufen, denn wir erleben mit der Verurteilung zu hohen Haftstrafen von unseren Kindern wahrlich einen Justizskandal", haben die Eltern der Verurteilten erklärt. "Die Gesellschaft kann nicht zulassen, dass sich solche Vorgänge wiederholen." Dass die Jugendlichen wegen angeblicher Fluchtgefahr sofort inhaftiert wurden, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, kritisieren sie ebenfalls hart. Schließlich haben sie in den letzten drei Jahren nicht die Flucht ergriffen, obwohl die Staatsanwaltschaft insgesamt 375 Jahre Haft gefordert hatte.
Sie verwiesen auf den Schatten der Guardia Civil, der über dem gesamten Verfahren schwebte. Die Richterin, die Hardlinerin Carmen Lamela, die auch die Hatz auf die Katalanen begonnen hat, wurde von den Paramiltärs ausgezeichnet, nachdem sie das Verfahren begonnen hat. Und die Vorsitzende Richterin Concepción Espejel wurde ebenfalls von der Guardia Civil ausgezeichnet und ist zudem mit einem Offizier der Zivilgarden verheiratet. Trotzdem wurden die Befangenheitsanträge abgelehnt.