Unter Frankreichs Sonne
Auch die französische Regierung kürzt nach Deutschland und Spanien nun die Vergütungen für Solarstrom. Dennoch bleibt der Markt im Nachbarland attraktiv - auch für deutsche Firmen
Bisher lebten die französischen Solarstromproduzenten wie Gott in Frankreich: Um den erneuerbaren Strom zu fördern, gab es hohe Vergütungssätze. Auch nach der dritten Kürzung in Folge, die Anfang der Woche in Kraft trat, liegen die Sätze noch um einiges höher als in Deutschland. Insgesamt werden die Einspeisevergütungen um 12 Prozent gesenkt. Das betrifft allerdings nur gewerbliche Solarstromproduzenten. Ausgenommen sind private Haushalte, die sich Solarpanele bis zu 30 Quadratmeter installieren.
„Die neue Absenkung der Tarife hat uns nicht sehr geschockt“, erklärt Vael Elamine von der Gewerkschaft für die Erneuerbare-Energien-Branche (Syndicat pour les énergies renouvelables). Es sei aber unverantwortlich, dass die neuen Tarife erst eine Woche vorher bekannt gegeben wurden, kritisiert der Solarstromexperte der Gewerkschaft. Pleiten von kleineren Solarunternehmen seien deshalb nicht auszuschließen. Immerhin kürzte die Regierung die Tarife seit letztem Jahr schon um insgesamt 40 Prozent. „Langsam wird es auch für die französische Solarwirtschaft kritisch“, meint Elamine. Er hofft, dass es erst einmal bei den aktuellen Kürzungen bleibt.
Frankreich folgt Deutschland und Spanien – auf niedrigem Niveau
Dass die Vergütungen tendenziell sinken müssen, streitet auch die französische Gewerkschaft für Erneuerbare nicht ab. Denn die große Anschubphase ist auch in Frankreich endgültig vorbei: Schließlich ist die Branche in den letzten zwei Jahren enorm gewachsen. Den ersten großen Run auf Solarpanele gab es nach der Kürzungsankündigung im letzten September. Das Land folgt damit den beiden europäischen Solarvorreitern Deutschland und Spanien. In Deutschland beschloss Bundesumweltminister Röttgen Anfang des Jahres eine umfangreiche Deckelung der Fördersätze. Die Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero hatte vor einigen Wochen - nach den immensen Kürzungen im letzten Jahr - sogar die Kappung der Vergütung für bestehende Anlagen angedacht.
Dennoch bleibt die französische Vergütung relativ hoch: So beziehen französische private Betreiber einer Solaranlage auf dem eigenen Hausdach bis jetzt eine Vergütung von 58 Cent pro kwh. In Deutschland hingegen bekommen Häuslebesitzer noch maximal 34 Cent – Tendenz abnehmend. Denn schon im Herbst (1. Oktober) kommt die nächste Degressionswelle. Zudem werden in Frankreich auch noch ausnahmslos alle Freilandflächen mit bis zu 30 Cent gefördert, hierzulande wurde die Förderung von Photovolatikanlagen auf Ackerflächen seit 1. Juli ganz gestrichen. Der Preis für gewerbliche Produzenten liegt in Frankreich für Unternehmen im Schnitt immer noch ein Viertel bis zu zwei Dritteln höher als in Deutschland. Trotzdem läuft die gewerbliche Produktion von Solarstrom bisher eher schleppend an: Allein 40 Prozent des installierten Solarstroms sind in Frankreich private Bestellungen.
Im Vergleich zu Deutschland ist Frankreich noch ein Solarzwerg
Doch die hohen Vergütungen locken mittlerweile auch deutsche Unternehmen an: Das Berliner Solarunternehmen Solon SE hat im August schon mal vorsorglich ein eigenes Tochterunternehmen in Frankreich gegründet. Der Markt im Nachbarland wächst – und zwar viel rasanter als die schon ziemlich gesättigte Branche in Deutschland, wo zudem alle drei Monate die Vergütungen drastisch sinken. Das liegt daran, dass Frankreich ein noch sehr junges Solarland ist: Erst 2006 verzeichnete man die ersten Photovoltaikflächen – Ende 2009 waren es aufgrund der hohen Vergütungen immerhin schon 230 Megawatt (MW) installierte Leistung, Ende diesen Jahres sollen es 850 MW werden.
Aktuell hat sich Frankreich auf Platz fünf der europäischen Solarrangliste vorgearbeitet, ist jedoch im Gegensatz zu Deutschland eher noch ein Solarzwerg: Allein 2009 ist die installierte Leistung hierzulande schon auf rund 9.800 Megawatt gestiegen. Diesen Wert erreicht Frankreich gerade mal, wenn es seinen gesamten erneuerbaren Strom zusammenrechnet. Auch der Anteil des Solarstroms am Erneuerbaren-Mix ist mit vier Prozent niedriger - in Deutschland macht die Photovolataik mittlerweile immerhin schon knapp sieben Prozent der erneuerbaren Energielieferanten aus.
Deshalb sind die ständigen Senkungen der Tarife im Nachbarland aber auch mit Vorsicht zu genießen, kritisiert die französische Gewerkschaft für Erneuerbare Energien: Die junge Solarbranche brauche vor allem Stabilität und Verlässlichkeit von Seiten der Politik. Es könne nicht sein, dass es alle sechs Monate neue Regeln gebe. Tatsächlich wurden die Abnahmetarife erst im Januar nach unten korrigiert. Gab es vorher nur drei Abnahmekategorien, gibt es seit einem halben Jahr fünf verschiedene Preise, ja nach Größe und Standort der Anlage.
Mit Atomkraft heizt es sich schlecht
Auf lange Sicht ist ohnehin fraglich, wie Frankreich seinen erneuerbaren Strom integrieren will. Atomkraftwerke kann man bekanntlich schwerlich flexibel rauf und runter regeln – wie beide Energieformen zusammengehen sollen, steht derzeit noch in den Sternen. Weder kam es in Frankreich jemals zu einem Atomkonsens, geschweige denn zu einer ernsthaften Diskussion über die Abschaltung alter Atomkraftwerke. Diese machen immerhin noch 80 Prozent des Stroms aus und werden derzeit schrittweise modernisiert. Doch auch Sarkozy hat sich den europäischen Zielen verpflichtet und will den Anteil der Erneuerbaren bis 2020 auf 23 Prozent steigern.
Während Frankreich im Strombereich noch etwas nachhinkt, produziert es doppelt so viel erneuerbare Wärme als Deutschland. Deshalb kommt das Land zusammen mit der regenerativen Wärme mittlerweile auf einen Anteil von über 12 Prozent am Endenergieverbrauch. Das liegt sicherlich auch an den sehr teuren herkömmlichen Heizmethoden in Frankreich: Da das Land kaum Kohle- und Gaskraftwerke besitzt, heizen die meisten Franzosen mit teuren Stromheizungen – und das in oftmals kaum gedämmten Gebäuden. Alternative Lösungen sind daher sehr gefragt. In Deutschland hingegen wird der Wärmebereich gerne als „schlafender Riese“ betitelt, den es noch zu erschließen gilt.