Unternehmen Barbarossa: Grüne Jugend schreibt deutsche Geschichte um
Seite 2: Russland: "Hauptfeind der Menschheit"
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- Russland: "Hauptfeind der Menschheit"
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Telepolis-Autor Peter Nowak hat am Sonntag in seinem Artikel darauf hingewiesen, dass im Windschatten des Krieges in der Ukraine eine Umdeutung der Geschichte stattfindet. Das Verbot von sowjetischen Fahnen am Jahrestag der Befreiung ist ein Beispiel dafür. Das Richten einer Panzerkanone auf die russische Botschaft in Berlin oder die Losung "Nie wieder Russland" bei einer Kundgebung sind weitere Beispiele.
Der Geschichtsrevisionismus ist in Deutschland weit gediehen und treibt so manche Blüte. Die Grüne Jugend München etwa hatte kürzlich auf Instagram behauptet, Russland sei ein Kolonialstaat. Der Höhepunkt des russischen Expansionsstrebens sei die "Operation Barbarossa" von 1941 gewesen.
Diese Verdrehung der Geschichte löste in den sozialen Netzwerken eine Welle der Empörung aus, woraufhin die Grüne Jugend ihren Beitrag wieder löschte und sich rechtfertigte: Bei der Recherche sei ein Fehler unterlaufen, teilte die Organisation auf Twitter mit. Aber diese Erklärung machte es keineswegs besser, wie die Reaktionen darauf zeigten.
Das Beispiel der Grünen Jugend München zeigt nicht nur das Fehlen grundlegender Kenntnisse der deutschen Geschichte, sondern weist auch auf einen doppelten Standard in der Geschichtspolitik hin. Wer Russland einen Kolonialstaat nennt, sollte seinen Blick auch auf westliche Staaten richten.
Würde man denselben Standard auf die USA anwenden, müsste man sie auch als Kolonialstaat bezeichnen. Mit Puerto Rico und einigen anderen Inseln verfügen auch die USA über "Außengebiete". 1898 annektierte Washington etwa die Republik Hawaii. Bis heute ist sie ein Bundesstaat der USA, wobei die indigene Bevölkerung bis heute nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit strebt.
Ähnliches kann von Großbritannien, Frankreich oder Holland sagen – sie besitzen ebenfalls "Überseegebiete", die in bestimmten Angelegenheiten noch von London, Paris oder Den Haag aus regiert werden.
Diese Beispiele zeigen, dass die Betrachtung und Verurteilung Russlands als Kolonialstaat im besten Fall einseitig ist. Aber diese Sicht reiht sich ein in die antirussische Tradition, die seit der Gründungszeit mit den Grünen verbunden ist.
Als die Partei Anfang 1980 ins Leben gerufen wurde, trafen illustre Gruppen zusammen: rechte Ökologen, bekennende Pädophile, Teile der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung sowie zahlreiche andere.
Unter ihnen waren auch hunderte Mitglieder ehemaliger maoistischer K-Gruppen, die keinen Hehl aus ihren antirussischen Ressentiments machten. Sie waren geschult in der "Drei-Welten-Theorie" des chinesischen Parteiführers Mao Zedong, die in der Sowjetunion den "Hauptfeind der Menschheit" erblickte.
Diese Theorie wurde in den 1970er-Jahren verbreitet, als China und die Sowjetunion miteinander konkurrierten und als China sich gegenüber dem Westen öffnete. Sie behauptete, dass es zwei "imperialistische Supermächte" gebe, die USA und die Sowjetunion. Die letztere sei die wildere, rücksichtslose und "die gefährlichste Quelle eines weiteren Weltkriegs".
Sie verteidigten dabei nicht nur die Linie Pekings, sondern auch das Pol-Pot-Regime in Kambodscha und Ugandas Diktator Idi Amin. Einige deutsche Maoisten sollen sogar Kim Il-Sung in Nordkorea hofiert haben.
Während sich China und die Sowjetunion später wieder annäherten, zeigten sich die ehemaligen Mitglieder der K-Gruppen weniger flexibel. Sie stiegen in höchste Partei- und Staatsämter auf, waren in den Parlamenten vertreten oder gestalteten zeitweilig die Außenpolitik der Bundesrepublik mit. Ihre Grundlinie blieben viele von ihnen treu: Die politischen Partner stehen im Westen – die Gegner in Russland.
Prominente ehemalige Maoisten sind unter anderem: Winfried Kretschmann, Reinhard Bütikofer, Ralf Fücks, Jürgen Trittin.
Der Einfluss der ehemaligen Maoisten auf die Partei dürfte in den vergangenen Jahrzehnten immens gewesen sein, sodass man behaupten kann: Wer bei den Grünen Karriere machen will, dürfte an den Netzwerken und Positionen der ehemaligen Maoisten nicht vorbeikommen.
Über geschichtsvergessene Russophobie bei der Grünen Jugend muss man sich vor diesem Hintergrund nicht mehr wundern: Sie ist nicht rational; aber sie kann durch die maoistischen Einflüsse erklärt werden.
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