Urenkel der Revolution
"Assassin’s Creed Unity" von Ubisoft für PS4, Xbox One und PC
Ubisoft hat Assassin’s Creed Unity exklusiv für die neue Konsolengeneration von Sony und Microsoft sowie für den PC entwickelt. PS3 und Xbox 360 bekommen mit Assassin’s Creed Rogue ein eigenständiges Spiel. Im Kern ist "Unity" weiterhin ein Action-Adventure mit Schleichelementen, aber die Entwickler ändern ein paar Dinge. Ob das aber die Revolution ist, die dem historischen Setting gerecht wird?
Arno Dorian wächst wohlbehütet im Frankreich des 18. Jahrhunderts auf. Als Junge besucht er mit seinem Vater Versailles zu einer Zeit, in der die Monarchie noch blüht. Während er dort unbekümmert mit dem Mädchen Elise spielt, wird sein Vater Opfer eines Attentats. Elises Vater nimmt sich des Waisen Arno an und adoptiert ihn. In der nächsten Szene wird er als Jugendlicher erst Zeuge und dann Hauptverdächtiger der Ermordung seines Ziehvaters und landet kurzerhand in der berüchtigten Bastille. Kurz darauf beginnen in Frankreich die historischen Turbulenzen, die im Sommer 1789 zum Sturm auf die Bastille und damit zur Französischen Revolution führen.
Ubisoft https://www.ubisoft.com/de-DE/ setzt mit dem Open-World-Action-Adventure "Assassin’s Creed Unity" auf Bewährtes: Das Setting mit Umsturz, Unruhe sowie reichlich Mord und Totschlag passt zur Serie. Hinzu kommen die Verwicklungen zwischen Assassinen und Templern. Auch macht die Rahmenhandlung in der Neuzeit wieder den echten Videospieler zum virtuellen Videospieler, der die historischen Ereignisse in einer Virtual-Reality-Engine besucht.
Die Intro führt den Gamer sanft ins Geschehen und die Steuerung ein. Zunächst darf er als junger Arno zusammen mit Elise Äpfel stehlen und sich vor den Wachen verstecken. Die ersten Kämpfe stehen für den jungen Erwachsenen Arno in der Bastille an. Sein Lehrmeister ist gleichzeitig sein späterer Assassinen-Mentor. Er weiht ihn auch in die erweiterten Fähigkeiten wie das Adlerauge ein, mit dem der Spieler Feinde und Versteckmöglichkeiten identifiziert.
So erkennt der Protagonist, dass er nicht nur in die Verwicklungen der Französischen Revolution, sondern auch in die Machtkämpfe zwischen den großen Orden geraten ist. Er entwickelt sich schnell zum fähigen Assassinen, der den Templern ein Dorn im Auge ist. Mit seinem eigenmächtigen Vorgehen, das auf Rache aus ist und oft auch den steuernden Spieler verwundert, macht er sich aber auch bei seinen Mitstreiter nicht nur Freunde.
Die Hauptgeschichte führt den Spieler quer durch das Paris des ausklingenden achtzehnten Jahrhunderts. Dabei trifft er auf diverse historische Charaktere von Louis XVI. über Robespierre bis zu Napoleon Bonaparte.
Die linke französischen Parti de Gauche beschwert sich, wie Le Monde Online berichtet, über die Art der historischen Darstellung innerhalb "Assassin’s Creed Unity" und warnt vor reaktionärer Propaganda. Damit holt die politische Realität die Fiktion des Games ein: Dort wird der virtuelle Spieler vor der Templer-Propaganda innerhalb der virtuellen Realität gewarnt.
In den zentralen Missionen der Geschichte muss Arno meist möglichst unerkannt einen gut bewachten Feind ausschalten oder Festungen infiltrieren. Zusätzlich gibt es erneut zahlreiche Nebenschauplätze mit eigenen Quests. Die Entwickler bringen mehr Abwechslung ins Geschehen als in den vorigen Teilen und haben neben den üblichen Assassinen-Aufträgen neue Szenarien eingebaut. So darf Arno sich als Detektiv versuchen und mysteriöse Mordfälle aufklären. Dazu befragt er Angehörige und Verdächtige und nutzt sein Adlerauge, um verdeckte Hinweise zu entdecken.
Die Nostradamus-Rätsel sind eine Schnitzeljagd: Der Spieler muss Beschreibungen wie "In einem friedlichen Garten voller Steine wartet eine geflügelte Wächterin" deuten und an am richtigen Ort den nächsten Hinweis suchen.
Wie in früheren Titeln gibt es auch wieder eine Heimatbasis - diesmal in Form eines Café-Hauses. Dort sammelt Arno regelmäßige Einnahmen, die durch den Ausbau des Cafés und das Absolvieren von entsprechenden Nebenmissionen steigen. Quer über Paris verteilt gibt es weitere Etablissements, die Arno zunächst renoviert, um dort zusätzliche Missionen und danach erhöhte Einnahmen zu bekommen.
Der Spieler darf zwar wieder die Bruderschaft der Assassinen auf Missionen schicken, allerdings nicht als Teil des Konsolenspiels, sondern mit der Companion-App. Diese bietet Ubisoft kostenlos - mit einer Premiumoption mit ein paar Boni - für Android, iOS und Windows Phone an. Mit Minispielen und Bruderschaftsmissionen schaltet der Spieler spezielle Truhen innerhalb des Konsolenspiels frei. Die App dient gleichzeitig als interaktive Karte.
Anfangs ist das parallele Spielen unterhaltsam, aber gleichzeitig ist sie Bestandteil eines Problems von "Assassin’s Creed Unity": Die Entwickler haben sich verzettelt. Das Einsammeln der Truhen, das gerade bei "Assassin’s Creed II" und den beiden Nachfolgern ein angenehmer Nebenerwerb beim Erkunden war, wird im jüngsten Spiel fast lästig. Neben den normalen Kisten gibt es verschlossene, deren Schlössern Arno oft erst späten Spielverlauf öffnen kann. Dann gibt es Truhen, für die der Spieler die Companion-App benötigt, und andere, für die er ein Assassin’s-Creed-Initiates-Konto zusätzlich zu seinem XBox-Live-/PSN- und UPlay-Konto einrichten muss.
Unangenehm stößt zudem die Integration von Micro-Transactions auf, die sonst typisch für Free-to-Play-Games sind: Der Spieler kann mit echtem Geld eine virtuelle Währung kaufen und damit Boost-Gegenstände erstehen oder Waffen früher freischalten als mit den normalen Einnahmen im Spiel.
Weniger wäre eindeutig mehr gewesen. Die zentrale Story ist zwar erzählerisch nicht sonderlich originell, bietet aber abwechslungsreiche und spielerisch ausgefeilte Szenarien. Auch sind die optionalen Missionen unterhaltsam und abwechslungsreich. Unter anderem führen sie den Gamer in andere Epochen der französischen Hauptstadt. Er darf beispielsweise auf die Freiheitsstatue klettern, die auf ihren Transport nach New York wartet. Leider verwässert die schiere Masse an Drumherum das Geschehen. Auf dem Weg zur nächsten Mission soll Arno beispielsweise ständig irgendwelche Räuber zur Strecke bringen oder Unschuldige vor potenziellen Mördern beschützen.
Bei der Steuerung hat Ubisoft ein paar Änderungen eingebaut, die zum Großteil erst auf den zweiten Blick auffallen. Am reinen Klettern ändert sich fast nichts. Der Weg nach oben fühlt sich gewohnt flüssig an. Nach wie vor gibt es vereinzelte Fehlentscheidungen der Automatik, mit denen Arno an den falschen Stellen klettert oder ewig um einen Balken herum hüpft, bevor er sich hochzieht. Meist funktioniert die Mechanik aber hervorragend. Ein neues Parcours-System hilft zudem beim Abstieg und verhindert die in früheren Spielen immer wieder vorkommenden schmerzhaften oder tödlichen Stürze des Protagonisten.
Die Kämpfe sind etwas anspruchsvoller geworden. Unter anderem haben die Entwickler den Konter-Kill, mit dem der Assassine bei perfektem Abwehr-Timing einen Gegner direkt besiegt, gestrichen. Stattdessen bringt ein Konter das Gegenüber lediglich zum Straucheln. Abseits der Kämpfe verhalten sich die Gegner leider gewohnt inkonsistent und lassen sich zu leicht täuschen und abschütteln.
Unangenehm stoßen zahlreichen Bugs auf: Die getestete PS4-Version hatte zwar keine Abstürze, aber ruckelte immer wieder an Stellen, die nicht einmal besonders bevölkert waren, und zeigte Grafikfehler wie in Wänden oder Böden verschwindende Gegner. Ubisoft hat sich inzwischen für die Fehler entschuldigt und bietet eine gewisse Entschädigung in Form eines kostenlosen Download-Contents beziehungsweise Spiels.
Optisch glänzt "Assassin’s Creed Unity" besonders in der Fernsicht. Paris aus der Vogelperspektive ist beeindruckend. Auch das Erkunden von Versailles wird zur virtuellen Schlossbesichtigung. Die Nahaufnahmen und Animationen der Gesichter lassen jedoch noch deutlich Luft nach oben. Die bevölkerten Gassen sorgen anfangs für eine gute Atmosphäre, aber auf Dauer erkennt der Spieler zu viele wiederkehrende Charaktermodelle und Szenen.
"Unity" ist wie der Name vermuten lässt stark auf Koop ausgerichtet. Multiplayer ist fest ins Spiel eingebunden. Spezielle Missionen kann der Gamer nur mit Freunden oder Fremden gemeinsam erledigen. Von der Idee her ist das zwar gut, aber das Schleichkonzept eignet sich nur mäßig für das kooperative Erlebnis, sodass es schnell doch zur großen Schlacht führt.
Im Kern ist "Assassin’s Creed Unity" ein gelungenes Spiel. Mit seinem Kampfsystem, den Erkundungen und abwechslungsreichen, interessanten Missionen kommt es durchaus an Highlights der Serie wie Assassin’s Creed II: Brotherhood heran. Allerdings ist es mehr eine gelungene Evolution als eine Revolution innerhalb der Serie. Grafisch ist es meist ein Augenschmaus - sicher nicht zuletzt dank der Entscheidung exklusiv auf PC und die neueste Konsolengeneration zu setzen. Leider stören die Bugs immer wieder und selbst, wenn diese bald behoben sein sollten, gibt es zahlreiche Dinge wie das Überfrachten, die schlechte Gegnerintelligenz und die Micro-Transactions, die den Spielspaß auf Dauer trüben.
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