Varoufakiade in Neuauflage
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Die Enthüllungen des früheren Finanzministers über einen Plan B zur Einführung einer Parallelwährung haben den Vorwurf eines Putschversuches an die Regierung zur Folge
Der frühere Finanzminister Yanis Varoufakis ist in Griechenland erneut im Zentrum des medialen Interesses. Anlass sind Enthüllungen, die Varoufakis über seine Zeit als Minister, aber auch die Zeit vor dem Regierungsantritt Alexis Tsipras im Januar 2015 liefert. Grundlage der Diskussionen ist das neue Buch von Varoufakis Adults in the room, das nach seinem Erscheinen in englischer Sprache im Mai diesen Jahres ab Herbst auch in einer griechischen Übersetzung verkauft wird. Varoufakis selbst erhielt am 20. Juli einen Ehrendoktor von der Universität Sussex.
Den in Großbritannien Geehrten möchten in Griechenland zahlreiche Kritiker als Landesverräter vor den Kadi zerren. Die einstigen Parteigenossen von Syriza tun dagegen so, als wäre der streitbare Ökonom nicht die persönliche Auswahl von Parteichef Alexis Tsipras bei dessen erster Wahl zum Premier im Januar 2015 gewesen.
Auf das seit Tagen heiß diskutierte Thema der Enthüllungen Varoufakis gibt es bislang von Seiten der Regierung nur eine knappe, offizielle Antwort, welche am Sonntag an die akkreditierten Journalisten geschickt wurde. In der Erklärung der Presseabteilung der Syriza vom 23. Juli heißt es unter der Überschrift "Die Werber von Varoufakis":
Es ist sicher, dass Herr Varoufakis die besten Werber für die Promotion seines Buches gefunden hat. Die Nea Dimokratia, welche er selbst als Troika des Inlands bezeichnet. Die Politik besteht jedoch nicht aus Klatschgeschichten und die angeblich radikalen Reden entpuppen sich immer als Kehrseite der Medaille der reaktionären Kreise im In- und Ausland. Wir wünschen ihm gute Verkäufe für sein Groschenheft.
Syriza, Presseabteilung
Aufzeichnungen von Gesprächen
Direkt zu Anfang seines Buches versichert Varoufakis, dass er zu den zitierten Gesprächen die entsprechenden Tonmitschnitte habe. Er bestätigt damit erneut die Gerüchte, dass er während seiner Amtszeit - aber auch davor - sein Mobiltelefon als Recorder benutzte. Vielleicht erschwert dies mögliche Dementis der Regierung gegen das von Varoufakis Gesagte.
Einige der früheren Ministerkollegen hatten in Interviews bereits bestätigt, dass bei Kabinettssitzungen über die Pläne des damaligen Finanzministers zur Einführung einer Parallelwährung diskutiert wurde. Varoufakis selbst beruft sich darauf, dass es keinen Widerspruch gegeben habe. Vielmehr habe man ihm zu seinem "Plan B" gratuliert. An der Existenz solcher Pläne, die lange von der Regierung als Hirngespinste dementiert wurden, gibt es nunmehr keinen Zweifel mehr.
Varoufakis Plan B und die Eurozone
Allerdings sei der Austritt aus der Eurozone keiner der Pläne von Varoufakis gewesen, beteuert der frühere Energieminister Panagiotis Lafazanis. Lafazanis, der mit samt seinen Getreuen im Sommer 2015 kollektiv die Regierungspartei verließ, beansprucht für sich selbst und die "Linke Plattform", die ebenfalls Syriza verließ, die Urheberschaft an den Austrittsplänen.
Lafazanis erklärte, dass er für diesen Fall die Notenbank verstaatlichen wollte, Geld in Russland drucken lassen wollte und Erdöl aus Venezuela zu beziehen plante. Varoufakis Plan B sah dagegen vor, dass im Fall einer von der Europäischen Zentralbank angeordneten Bankenschließung, eine Parallelwährung, IOU (für I owe you), in Umlauf kommen sollte. Diese hatte keine physische Gestalt.
Sie wäre lediglich auf den Steuerkonten der Griechen wie eine Art Bitcoin präsent gewesen. Weil jeder Grieche eine Steuernummer haben muss, hätte somit bis auf Kinder auch jeder Zugang zu einem staatlich kontrollierten Zahlungsmittel gehabt.
Um dies zu bewerkstelligen, hatte Varoufakis die Software der Finanzverwaltung gehackt. Mit einem Knopfdruck wollte er seine IOUs installieren und gleichzeitig die von ihm angeblich entdeckte direkte Anbindung der Computersysteme an die Kreditgebertroika kappen.
In seinem Buch lässt Varoufakis dagegen Tsipras sagen, dass dieser Banknoten im Wert von sechzehn Milliarden Euro aus dem Lager der Geldscheideanstalt entwenden wollte. "Das ist Raub, die gehören der EZB", will Varoufakis geantwortet haben. "Wenn mein Kind Hunger hat, dann habe ich das Recht Milch zu stehlen", soll Tsipras daraufhin bemerkt haben.
Sein Staatsminister und Mentor Alekos Flabouraris bestätigte ihn: "Dazu haben wir das Recht." Varoufakis hingegen soll einen solchen Schritt gleichbedeutend mit einem Austritt aus der Eurozone gesehen haben und lehnte ihn daher ab.
In den knapp 550 Seiten seines Buches, von dem in der gesamten griechischen Presse Auszüge veröffentlicht werden, streut Varoufakis auch Zwietracht in die Reihen der aktuellen Regierung. "Ich will den Stathakis nicht mehr sehen müssen", soll Tsipras über seinen damaligen Wirtschafts- und jetzigen Energieminister Georgios Stathakis gesagt haben.
Schwerer jedoch wiegt, dass Tsipras in Anwesenheit seiner jetzigen Minister Nikos Pappas und Alekos Flabouraris bei einem Treffen mit Varoufakis 2013 angekündigt haben soll, er würde bei einem Wahlsieg den Zentralbankchef Griechenlands Yannis Stournaras mit Schlägen und Fußtritten aus seinem Büro entfernen. "Es geht noch effektiver", soll Pappas daraufhin geantwortet haben. Am Ende dieses ominösen Treffens hatte die Gruppe dem damals parteilosen Varoufakis das Finanzministerium einer Regierung Tsipras versprochen.