Varoufakiade in Neuauflage
Seite 2: Das Referendum
- Varoufakiade in Neuauflage
- Das Referendum
- Auf einer Seite lesen
Den Schwenk Tsipras zum Sparkurs terminiert Varoufakis auf die Nacht nach dem Referendum von 5. Juli 2015. Gegen 1:30 h traf der zum Amtssitz des Premiers eilende Varoufakis - wegen der großen Ablehnung der Sparpolitik beim Referendum ganz in Feierlaune - auf einen zerknirschten Tsipras.
Dieser eröffnete ihm, dass trotz der zu knapp 62 Prozent den Sparkurs ablehnenden Griechen ein Einlenken gegenüber den Forderungen der Troika unerlässlich war. Ansonsten drohe ein Putsch samt Standgericht, meinte Tsipras, der sich auf Informationen von Stournaras und des Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos berief.
Während die Griechen noch auf dem Syntagmaplatz vor Freude über den Ausgang des Referendums tanzten, komplimentierte Tsipras seinen bisherigen Vorzeigeminister aus dem Amt. Schließlich, so Tsipras, hätte alles Nachgeben gegenüber der Troika nicht geholfen, die Kreditgeber wollten einen im übertragenen Sinn rollenden Kopf in der Regierungsriege sehen. Tsipras soll Varoufakis die Opferrolle anheim gelegt haben.
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Unter Tsipras nahmen die sozialen Einschnitte, Steuererhöhungen und Rentenkürzungen sogar im Vergleich zu den vorherigen neoliberalen Regierungen zu. Jüngst bestätigte der Areopag als höchstes Gericht, dass Arbeitnehmer kein Recht auf Fernbleiben vom Arbeitsplatz hätten, wenn sie nicht darlegen könnten, dass ein monatelang zahlungsunwilliger Arbeitgeber bösartig handeln würde.
Mit einem ähnlichen Urteilsspruch setzten sie auch das bisher geltende Rückhaltungsrecht faktisch außer Kraft. Es gestattete Arbeitnehmern, welche über einen langen Zeitraum keinen Lohn sehen, die Arbeitsmittel des Unternehmens zu requirieren. Auch dies geht nun nur, wenn der Arbeitnehmer lückenlos beweisen kann, dass der Arbeitgeber ihn und seine Kollegen bezahlen könnte und zusätzlich, dass der Arbeitgeber nicht schuldhaft insolvent wurde.
Die Justiz muss einschreiten
Die Enthüllungen sind Grund genug für die konservative Opposition der Nea Dimokratia, im Einklang mit der als "Demokratische Fraktion" firmierenden PASOK/Demokratische Linke einen Untersuchungsausschuss zu fordern. Beide Parteien werfen Tsipras einen Putschversuch vor. Sie fordern neben dem Untersuchungsausschuss auch noch das Eingreifen der Justiz.
Die sozialliberale Partei To Potami wundert sich, dass die Regierung immer noch beharrlich zu den Vorwürfen schweigt. Der Vizevorsitzende der Nea Dimokratia, Adonis Georgiadis, sprach im Fernsehen "von einer kriminellen Bande", welche das Land in den Ruin führen würde.
Die Kommunisten hingegen sehen in der erneuten Varoufakiade, wie die Affäre in Anlehnung an den griechischen Titel von Homers Ilias genannt wird, einen weiteren Beleg dafür, dass Syriza von Kreisen der EU eingebunden wurde, um den sozialen Abbau im Land fortzuführen.